Big Brother is always watching you – Videoüberwachung im Wohnrecht

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Simone Maier-Hülle
Simone Maier-Hülle

Unter „Videoüberwachung“ wird die über einen längeren Zeitraum durchgehende, auch permanente und systematische optische Erfassung von Ereignissen durch technische Bildaufnahme- und Bildübertragungsgeräte verstanden, die ein bestimmtes (überwachtes) Objekt oder eine bestimmte (überwachte) Person betreffen. Sie ist im öffentlichen Bereich (U-Bahn, neuralgische Plätze etc.) schon verkehrsüblich geworden. Vor allem auch internationale bzw. geopolitische Entwicklungen verstärken diesen Trend zusehends (latente Terrorgefahr, Ostöffnung etc.). Die „ARGE-Daten“ schätzt, dass per März 2016 weit über eine Million Videoüberwachungsanlagen in Österreich installiert waren. Videoüberwachung scheint zunehmend salonfähig. Rechtlich bedeutet das aber nicht, dass man nach Belieben Videoüberwachungsanlagen installieren darf.

Vielmehr sind schon laut Datenschutzgesetz diverse Pflichten einzuhalten; z.B. Protokollierungs-, Lösch- und Meldepflichten, aber auch Auskunftspflichten. Die zivilrechtlichen Grenzen liegen vor allem im Schutz der Persönlichkeitsrechte und sind von den im Datenschutz genannten Rechten und Pflichten gesondert zu behandeln. Eine systematische, verdeckte, identifizierende Videoüberwachung mit abrufbarer Bildaufzeichnung stellt laut stRsp. des OGH immer auch einen Eingriff in das gemäß § 16 ABGB iVm Art 8 EMRK geschützte Recht auf Achtung der Geheimsphäre dar (RIS-Justiz RS0120422).

Ist ein solcher Eingriff bei Installierung einer Videoüberwachungsanlage zu bejahen, so ist im Einzelfall immer zu prüfen, ob dem Eingriff ein berechtigtes Interesse des Überwachers entgegensteht (z.B. Schutz des Eigentums), ob der Eingriff seiner Art nach zur Zielerreichung geeignet war und ob die Videoüberwachung das schonendste Mittel zur Zweckerreichung war. Grundsätzlich ist der Überwacher beweispflichtig dafür, dass ein berechtigtes Interesse vorliegt und der Eingriff zweckmäßig ist, was bei einer Videoüberwachung zumeist der Fall sein wird. Dem Überwachten steht dann lediglich der Einwand zu, dass die Videoüberwachung nicht das schonendste Mittel ist; z.B. die Beiziehung eines Detektives einen weniger gravierenden Eingriff in die Privatsphäre bedeutet hätte. Gerade im Bereich des Wohnrechts wird der Einsatz von Videoüberwachungen immer häufiger; so kommen speziell in Kündigungsprozessen zum Beweis der Benützung oder vielmehr Nichtbenützung von Mietobjekten Videoübewachungen öfter zum Einsatz. Da im Zivilprozess kein Beweisverwertungverbot besteht, kommt es auch nicht darauf an, ob vorab eine Genehmigung der Datenschutzkommission eingeholt wurde. Eine fehlende Genehmigung der Datenschutzkommission bedeutet nicht per se die Unzulässigkeit eines solchen Beweismittels. Es obliegt in solchen Fällen ausschließlich dem entscheidenden Gericht, wie es mit dem Beweismittel einer Videoüberwachung im Rahmen seiner Beweiswürdigung umgeht.

Aus rechtlicher Sicht ist jedenfalls anzuraten, sich bereits vor Installierung einer Videoüberwachungsanlage entsprechend beraten zu lassen, um nicht letztlich mit diversen zivilrechtlichen Ansprüchen (Unterlassung, Schadenersatz etc.) von in ihren Rechten beeinträchtigten Personen konfrontiert zu werden.

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Foto: beigestellt

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