Branchencheck LITIGATION PR: Zu Besuch beim diskreten Herrn Baldauf

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Georg Baldauf

Krisen sind sein Job: Brennen Mandanten großer österreichischer Wirtschaftskanzleien in Spalten bekannter Tageszeitungen, wählen die Anwälte oft eine Nummer: Die von Georg Baldauf.

Früher war der Durchstarter der Litigation PR Szene für Wolf Theiss und Ogilvy tätig, heute berät er mit seinem Beratungsunternehmen Greenberg Advisory die Öffentlichkeitsarbeit in kritischen Situationen, meist Litigation- und Finanzthemen – oder im Umgang mit der Politik. Auf seinen Rat, so hört und liest man, legt die halbe Wiener Innenstadt Wert – die Redaktion von Wirtschaftsanwälte.at hat ihn besucht.

Er hat sichtlich eines der besten Netzwerke des Landes, über ihn weiß man fast nichts – nur dass er als politisch völlig unabhängig gilt. Er gibt eigentlich keine Interviews, tritt nicht öffentlich auf, schon gar auf keinen Society-Events: Georg Baldauf, früher als PR-Sprecher bei Wolf Theiss, ist keine Rampensau. Er wirkt meist aus dem Hintergrund, sein Name taucht dabei meist nicht auf. Oder wenn, nur klein am Ende einer Pressemitteilung. Auch mit den Namen seiner Kunden geht er nicht hausieren.

Aber wer die Meldungen in den Medien genau liest, findet ihn auf einer ganzen Reihe internationaler Mandate. Sei es für die Heta-Gläubiger, europäische Erdgastrader, asiatische Konzerne oder bei großen Finanzstreitigkeiten: Baldauf vertritt die Interessen von Unternehmen, Organisationen oder Kanzleien in schwierigsten Situationen vor den Medien oder auch vor der Politik, wenn notwendig.

Seit Sommer 2015 führt er mit Greenberg Advisory sein eigenes Unternehmen. Seine Daten sind auch als Interessensvertreter registriert. Einen Großteil der Aufträge erhält er über Anwaltskanzleien oder direkt aus der Finanzindustrie. Anwälte mit denen Wirtschaftsanwälte gesprochen hat, schätzten an ihm, dass er einfach in ihre Teams integrierbar sei – und er deren Abläufe perfekt kenne. Auch sei er juristisch oft erstaunlich tief im Thema und diene dann je nach Lage als Berater, Brückenbauer, Problemlöser, diplomatischer Unterhändler oder Prellbock für Medien und Politik. Wenn notwendig, greife er dabei auf Kontakte quer durch Europa zu; vor Wolf Theiss war Baldauf für das weltweite Ogilvy-Netzwerk tätig, trat oft als Berater für Kunden im Raiffeisen-Umfeld, für Volvo oder die IV auf. Viele Journalisten kennen ihn von noch früher, als er selbst als Journalist mit ihnen auf Pressereise fuhr oder eine bunte Tageszeitung fertigte; auch war er eine Zeitlang für das Medienunternehmen Russmedia auf einer Managementposition tätig. Niemand habe ein solches Nervenkostüm, sagen sie einhellig, und er halte immer sein Wort. Gerade wenn er auch in schwierigen Themen für eine faire Berichterstattung wirbt oder wieder einmal freundlich nicht kommentiert. In sein Büro dürfen sie trotzdem nicht. Für unsere Redaktion machte der diskrete Herr Baldauf eine Ausnahme.

Auf der Rückseite des Hotels „Grand Ferdinand“ am Ring, nahe des Schwarzenbergplatzes liegt in einem schönen Altbau in der Hegelgasse sein Büro; die Anwaltskanzlei Wolf Theiss ist nur wenige Meter Luftlinie entfernt. Baldauf empfängt uns auf einem roten Teppich und über eine interne Stiege erreicht man die im Mezzanin gelegenen aufgeräumten Büroräumlichkeiten – mit Blick auf den efeubewachsenen Innenhof. Von außen hört man Vögel singen und einen Brunnen plätschern. „Mein Arbeitsalltag ist oft nicht planbar bzw. vorhersehbar“, sagt Baldauf entspannt in seinem Lesestuhl am Fenster. Einsätze am Wochenende gehören dazu – vor allem in Krisenzeiten – diese halten sich nicht an seine Wochenendplanung, das Handy bleibt an. Natürlich gehe er lieber wandern. Aber zu schwierigen Situationen habe er über die Jahre ein entspanntes Verhältnis entwickelt. „Sie gehören zu meinem Job“, sagt er. Auch wenn es beinahe zynisch klingen mag: In schwierigen Situationen komme vieles an die Oberfläche, was man sonst nicht sieht. Firmen hinterfragen ihre Struktur, Manager oder Politiker werden selbstkritisch, da eingelaufene Wege nicht mehr funktionieren.

Baldauf: „Schwierige Situationen gehören zu meinem Job!

Die erste echte Krise?

Schon lange her. Wohl während eines Studien-Praktikums 2002 auf der Landespressestelle Vorarlberg; das Land würde trotz Sanktionen über Spenden Saddam Hussein im Irak finanzieren, hieß es da, am Land flogen die Fetzen. Man musste zuerst ja mal recherchieren, ob und von welcher Stelle das angebliche Geld stammte. Ob es auch lustige Momente gibt? „Ich sollte mich für einen Mandanten wegen eines schwierigen Investments in einen Call einwählen, keine Fragen stellen, und ihm nach 30 Minuten per Mail eine Einschätzung geben, wer die Unwahrheit sagt bzw. der Dummkopf ist. Meine Einschätzung hat ihm nicht gefallen.“ Obwohl das natürlich eine schnelle Einschätzung war, behielt Baldauf recht.

Der Mandant arbeite immer noch mit ihm und schätzt diese Verbindung. Namen nennt Baldauf trotz Nachfrage keine. „Meine Kunden bleiben tabu“, sagt er bestimmt.

Das Netzwerk?

„Einige der ehemaligen Ogilvy-Leute machen inzwischen ihr eigenes Ding, integrieren Kampagnenstrategie und -taktik in Wirtschaftsauseinandersetzungen,“ so Baldauf. Auch Sard Verbinnen sei aus einem Ogilvy PR Team entstanden. Das frühere weltweite Netz funktioniert noch immer, soziale Netzwerke wie Linkedin sind dabei ein großer Vorteil.

Analytisch, praktisch und sehr diskret.
Wirtschaftsanwaelte.at verabschiedet sich nach zwei Kaffee wieder, trifft aber noch eine bekannte Wirtschaftsjournalistin, die oft auf der „Gegenseite“ sitzt, um eine Probe aufs Exempel zu machen. Beindruckend sei für sie, dass Baldauf über Jahre in verschiedensten Bereichen gearbeitet und beraten habe – und dabei diskret Kontakte in fast alle Geschäftsbereiche sammelte. Er könne sich sehr schnell in Probleme einfinden und dabei immer die richtige Sprache treffen – er sei analytisch, praktisch und sehr diskret. Namedropping betreibe er aus Prinzip nicht. Zu Überraschungen führe das manchmal, spätestens wenn auf einer Veranstaltung ein ATX-Vorstand durch den halben Saal schreitet, um sich samt Bier hinzuzugesellen. Man kennt sich per Vornamen. Natürlich.

Fotos und Interview: Walter J. Sieberer

Mehr Infos: www.greenberg-advisory.com

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