Bundesvergabegesetz NEU – Von A (wie Anwendungsbereich) bis Z (wie Zuschlag) – Teil II – Die neue Eignung(sprüfung)

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Johannes Stalzer, Schönherr Rechtsanwälte

(Öffentliche) Aufträge dürfen nur an geeignete Unternehmen vergeben werden.

Nicht umsonst ist daher die Eignungsprüfung die Einstiegshürde schlechthin für die Teilnahme an Vergabeverfahren: Eine fehlende oder unzureichende Eignung bedeutet zumeist das endgültige „Aus“; ist diese Hürde hingegen erfolgreich überwunden, steht der Angebotslegung in der Regel nichts mehr im Weg.

Durch das neue BVergG sollen die Regeln der Eignungsprüfung wesentlich geändert werden. Aus praktischer Sicht sind insbesondere die geschaffenen Erleichterungen bei der Abwicklung der Eignungsprüfung erwähnenswert, die vor allem eine Reduktion des Verwaltungsaufwandes für Bewerber/Bieter (kurz „Bieter) und Auftraggeber (kurz „AG“) und damit eine Kostensenkung bringen sollen. Gleichzeitig werden die Regeln aber insbesondere durch einen erweiterten und verschärften Katalog von (zwingenden) Ausschlussgründen erheblich strenger.

Aus Sicht des Vergabepraktikers sollte insbesondere folgende Änderungen beachtet werden:

Eignungsnachweis durch die Einheitliche Europäische Eigenerklärung („EEE“): Zukünftig können Bieter deren Eignung vorläufig durch Ausfüllen dieses europaweit einheitlichen Standardformulars nachweisen. Das bringt für AG den Vorteil, von allen Bietern einheitliche Erklärungen zu erhalten (und reduziert damit naturgemäß den Prüfungsaufwand), während sich Bieter in der Regel die aufwändige Einholung von Nachweisen ersparen. Bei Verwendung des über 10 Seiten starken Formulars ist jedoch Vorsicht geboten, da AG weiterhin jederzeit kurzfristig die Vorlage der entsprechenden Nachweisdokumente fordern können.

Mehrfachverwendung von Eignungsnachweisen: Die vermeintliche Sisyphusaufgabe, in jedem Vergabeverfahren erneut (unveränderte) Eignungsnachweise (wie etwa Straf- und Firmenregisterauszüge) vorlegen zu müssen, soll zukünftig der Vergangenheit angehören: Nach dem Entwurf zum BVergG 2017 sollen Bieter Eignungsnachweise nur mehr dann vorlegen müssen, soweit diese dem AG nicht bereits aus früheren (Vergabe)Verfahren bekannt sind oder der AG die Nachweise nicht selbst (direkt) über eine kostenfreie Datenbank abrufen kann. Gerade für Bieter, die regelmäßig an Ausschreibungen teilnehmen, wird das eine erhebliche Vereinfachung bringen; AG sind hingegen bereits jetzt gefordert entsprechende Bieter bzw Nachweis-Datenbanken einzurichten.

Neue und verschärfte Ausschlussgründe: Die in den Vergabe-RL genannten Ausschlussgründe wurden defacto vollständig als „zwingende“ Ausschlussgründe ins BVergG 2017 übernommen. Das führt zu einer erheblichen Verschärfung im Vergleich zur bisherigen Rechtslage, was folgende Beispiele verdeutlichen:

  • AG sind verpflichtet Interessenkonflikte zwischen den mit der Abwicklung des Vergabeverfahrens betrauten Personen und AN zu vermeiden. Dies setzt zunächst wirksame und effektive interne Compliance-Regeln voraus. Lässt sich ein Interessenkonflikt dennoch nicht beseitigen, so ist der betroffene Bieter zwingend auszuschließen.
  • Die Kommunikation während des laufenden Vergabeverfahrens zwischen Beitern und AG ist wichtig und oft auch notwendig, um Missverständnisse aufzuklären und Unklarheiten oder potentielle Rechtswidrigkeiten aufzuzeigen. Dabei ist aber besondere Vorsicht geboten: Wer etwa versucht, die Entscheidungsfindung des AG in unzulässiger Weise zu beeinflussen oder fahrlässig irreführende Informationen an den AG übermittelt, die die Entscheidung über die Auswahl von Bietern erheblich beeinflussen können, ist auszuscheiden.
  • Ebenso sind Bieter vom Ausschluss bedroht, die in der Vergangenheit bei der Erfüllung eines öffentlichen Auftrags erheblich oder dauerhaft mangelhaft geleistet haben, sofern davon eine wesentlichen Anforderung betroffen war und die mangelhafte Erfüllung zur vorzeitigen Kündigung, Schadenersatz oder einer vergleichbaren Sanktion geführt haben. Leistungsdefizite in der Vergangenheit können so zum vergaberechtlichen Bumerang für zukünftige Projekte werden.

Hohe Anforderungen an die Selbstreinigung: Bei Verwirklichung eines Ausschlussgrundes kann ein Bieter bis zu fünf Jahre (!) von der Teilnahme an Vergabeverfahren ausgeschlossen werden: Eine Verkürzung dieser Frist setzt die Umsetzung von wirksamen Maßnahmen, die eine nochmalige Verwirklichung der relevanten Verfehlung hintanhalten, voraus. Die Anforderungen an diese sog. „Selbstreinigung“ sollen nun drastisch verschärft werden: Neben der Umsetzung von wirksamen personellen/technischen und/oder organisatorischen Maßnahmen muss der Bieter insbesondere auch jeglichen durch die Verfehlung bewirkten Schaden ausgleichen und umfassend und aktive Aufklärungsarbeit mit den Ermittlungsbehörden leisten. Gerade bei kartell- oder strafrechtsrelevanten Verfehlungen kann das dazu führen, dass sich der betroffene Bieter umfassend selbst belasten muss.

Fazit

Die neuen Regelungen zur Eignung(sprüfung) sind ein zweischneidiges Schwert und verlangen vor allem eine gute Vorbereitung aller Beteiligten: AG sind etwa gefordert deren interne Compliance Systeme zur rechtzeitigen Erkennung und Vermeidung von Interessenkonflikten anzupassen und Datenbanken zur Verwaltung von Eignungsnachweisen einzurichten. Bieter sollten bei der Abwicklung öffentlicher Aufträge bereits jetzt erhöhte Aufmerksamkeit auf die vertragskonforme Leistungserbringung richten, um sich nicht in zukünftigen Vergabeverfahren nicht dem Vorwurf der mangelhaften Leistungserbringung und dem drohenden Ausschluss aussetzen zu müssen.

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