Der OGH zu Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen bei Bauträgerverträgen

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Mag. Nicole NEUGEBAUER-HERL & Mag. Simone MAIER-HÜLLE
Nicole NEUGEBAUER-HERL & Simone MAIER-HÜLLE

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Wieder einmal hat sich der OGH in seine aktuellen E 2 Ob 123/12w mit der Frage der Abwicklung von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen aus Bauträgerverträgen und damit zusammenhängend der Frage auseinandergesetzt, wer zur Erhebung dieser Ansprüche berechtigt ist – der einzelne Erwerber oder die Eigentümergemeinschaft und worauf kann dieser Anspruch gerichtet sein?

Beim Erwerb neu errichteter oder generalsanierter Eigentumswohnungen sind sowohl Ansprüche des einzelnen Eigentümers wegen Baumängeln, die sein eigenes Kaufobjekt betreffen, also auch Ansprüche wegen Baumängeln, die allgemeine Teile des Hauses betreffen, denkbar.

Anlassfall

Der Entscheidung zugrunde lag der Erwerb von Wohnungseigentumsobjekten in einem Altbau, wobei die Objekte – eine Wohnung und ein Büro ebenso wie die allgemeinen Teile des Hauses – den Käufern als generalsaniert bzw. saniert angeboten wurden. Dementsprechend übernahm die Verkäufergesellschaft in den Kaufverträgen gegenüber den Käufern auch die ausdrückliche Haftung für einen sach- und fachgerecht sanierten Zustand der Kaufobjekte. Erst nachträglich stellten sich massive Feuchtigkeitsprobleme der allgemeinen Teile des Hauses und der Wohnungseigentumsobjekte heraus; Letztere waren als Wohnung bzw. Büro unbrauchbar. Eine fachgerechte Sanierung der Feuchtigkeitsschäden setzte eine Trockenlegung in den jeweiligen Objekten der Käufer und den allgemeinen Teilen des Hauses voraus. Hinzu kamen noch zahlreiche andere Mängel an den allgemeinen Teilen des Hauses, so auch ein zu befürchtender Einbruch von Teilen des Dachstuhls.
Nach Beschlussfassung durch die Eigentümergemeinschaft, in welcher die übrigen Eigentümer ihre jeweiligen Ansprüche auf Sanierung der allgemeinen Teile an die Kläger abgetreten haben, haben die betroffenen Eigentümer den Bauträger auf Ersatz der voraussichtlichen Kosten für die Sanierung der Feuchtigkeitsschäden (sowohl in ihren Objekten als auch den betroffenen allgemeinen Teilen), der Entwässerung im Lichthof, der Einlagerung der Möbel sowie einer Ersatzwohnung für die Kläger während der Sanierungsarbeiten geklagt. Die beklagte Bauträgergesellschaft wendete unter anderem ein, die Kläger seien nicht aktiv zur Klage legitimiert.

Entscheidung

In Bestätigung seiner ständigen Rechtsprechung stellte der OGH in der gegenständlichen Entscheidung wiederholt klar, dass der Käufer im Falle von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen aus einem Bauträgervertrag auch selbst zur Erhebung von Ansprüchen gegenüber dem Bauträger berechtigt ist; und zwar auch dann, wenn seiner Forderung Mängel an den allgemeinen Teilen des Hauses zugrunde liegen. Verfügen die einzelnen Käufer aus ihren jeweiligen Kaufverträgen über Schadenersatzansprüche gegen den Bauträger, so steht den Käufern allerdings nur der auf ihren Anteil entfallende Teil des Deckungskapitals für die Sanierungskosten der allgemeinen Teile des Hauses zu. Jeder Eigentümer kann grundsätzlich nur den ihn betreffenden Anteil geltend machen; ein selbstständiges Klagerecht des einzelnen Eigentümers auf das Ganze besteht nicht, es sei denn, die anderen Eigentümer haben – wie auch im vorliegenden Fall – ihre jeweiligen Ansprüche gegenüber dem Bauträger an den klagenden Eigentümer zur Einziehung abgetreten. Aus prozessökonomischen Gründen ist eine derartige Vorgehensweise empfehlenswert, da die Verfahrenskosten bei Geltendmachung von Baumängeln erfahrungsgemäß sehr hoch sind.

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Foto und Redaktion: Walter J. Sieberer

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