Due Diligence – Haftung ohne Hoffnung

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Daniela Huemer im Interview
Daniela Huemer im Interview

Warum Immobiliengeschäfte ziemlich schiefgehen können und wie man sich dagegen schützt. Dazu Rechtsexperten von Haslinger / Nagele im Interview.

Immobilien gelten als sichere Wertanlage. Läuft ein Investment aber aus dem Ruder, wird aus der erhofften Goldgrube schnell ein Haftungsfass ohne Boden.
Risikobegrenzung ist daher gefragt – eine Kernkompetenz der Vertragsjuristinnen und -juristen. Daniela Huemer und Christoph Dupal, beide in der Kanzlei Haslinger/Nagele auf Immobilienrecht spezialisiert, erklären, wie man Risiken rechtzeitig aufdeckt und vermeidet.

Redaktion: Immobiliendeals sind doch weitgehend Standardgeschäfte, die mit Musterverträgen abgewickelt werden. Wozu teure Beraterstunden zahlen, wenn letztlich alles nach Schema F abläuft?
Huemer: Wer meint, bei der Beratung sparen zu müssen, zahlt später umso mehr Lehrgeld. Ein Immobiliengeschäft ist mehr als ein Formular vorm Notar oder Anwalt zu unterschreiben – man muss wissen, worauf man sich einlässt. Schließlich übernimmt man mit einem Schlag die komplette Eigentümerverantwortung: gegenüber Behörden, Finanzamt, Nachbarn etc. Das verlangt eine sorgfältige Prüfung, eben nach Art einer Due Diligence. Was bei Unternehmenstransaktionen gang und gäbe ist, sollte auch bei größeren Immobiliendeals praktiziert werden.

Aber die Belastungen sieht der Käufer doch auf einen Blick im Grundbuch?
Huemer: Das Grundbuch liefert zwar wichtige, aber nicht alle Auskünfte. Dazu müssen auch die Verträge eingesehen werden – in diesen können sich böse Überraschungen finden, z.B. unübliche Entgeltszusagen für Dienstbarkeiten, zeitliche Befristung von Rechten oder Bedingungen.
Dupal: Hinzu kommt, dass es neben dem Grundbuch eine Vielzahl anderer Informationsquellen gibt, die einzusehen sind: vom Altlastenatlas über den Verdachtsflächenkataster bis zum Flächenwidmungs- und Bebauungsplan und vieles mehr. Nur so bekomme ich auch ein verlässliches Bild, welche Entwicklung der Immobilie möglich ist. Es hat keinen Sinn, von Projekten zu träumen, die rechtlich nicht durchsetzbar sind.

Der Blick ins Grundbuch genügt nicht mehr. Immo-Deals ohne Due Diligence sind ein riskanter Blindflug.
Dupal: „Der Blick ins Grundbuch genügt nicht mehr. Immo-Deals ohne Due Diligence sind ein riskanter Blindflug.“

Wie sichert sich ein Käufer dagegen ab? Durch Haftungsklauseln im Vertrag?
Dupal: Damit allein ist der Käufer nicht aus dem Schneider. So wie ein Gebäude liegt und steht, kann es in wesentlichen Teilen illegal errichtet oder ausgebaut sein. Solche Verstöße verjähren nicht. Nur, weil die Behörden bisher nicht aktiv geworden sind, heißt nicht, dass nicht dem neuen Eigentümer jederzeit ein Abbruch- oder Beseitigungsauftrag ins Haus flattern kann. Es ist gar nicht so selten, dass zB illegale Dachterrassen erst Jahre später aufgedeckt werden – dann hat man statt einer schönen Aussicht ins Grüne einen Bauprozess ohne Aussicht auf Erfolg am Hals.
Huemer: Es führt daher kein Weg daran vorbei, diese Risiken im Vorfeld zu prüfen. Und dazu auch Sachverständige beizuziehen. Erst dann sehe ich, welche Risiken vertraglich beherrschbar sind. Manche sind‘s nicht – da kann auch der beste Anwalt nur raten: Finger weg!

Stichwort Zinshäuser – können diese als sichere Bank mit garantierten Erträgen gesehen werden?
Dupal: So einfach darf man sich das jedenfalls nicht vorstellen. Ganz besonders hinsichtlich der an die Liegenschaft gekoppelten Bestandverträge können Fehler bei der Vertragsprüfung mit zum Teil schwerwiegenden Konsequenzen verbunden sein. Übersieht man etwa für den Käufer ungünstige Kündigungsbestimmungen, drohen diese die beabsichtigte Verwendung der erworbenen Liegenschaft umfassend zu beeinträchtigen. Aus wirtschaftlicher Sicht ist natürlich auch die etwaige Existenz und Ausgestaltung von Wertsicherungsklauseln interessant. Zu bedenken sind außerdem auch bestehende gebäudebezogene Versicherungsverträge oder etwaige im Zusammenhang mit der Liegenschaft selbst oder mit den an diese geknüpften Verträgen, anhängige Gerichtsverfahren und deren mögliche Auswirkungen auf den Liegenschaftskauf.

www.haslinger-nagele.com

MMag. Dr. Daniela Huemer, LL.M. und Mag. CHRISTOPH DUPAL, P.LL.M. sind u.a. Experten für Immobilienrecht

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