KWR Corporate Lounge: „Wirtschaft und Strafrecht: Lost in Translation?“

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Eröffnung durch Justizminister Brandstetter
Eröffnung durch Justizminister Dr. Wolfgang Brandstetter

Justizminister Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Brandstetter eröffnete die 10. KWR Corporate Lounge am Mittwoch, den 18.11.2015, und hob die Verbesserungen durch die mit 1.1.2016 in Kraft tretende Strafrechtsreform insbesondere im Bereich der Untreue und der Bilanzfälschungsdelikte hervor.

Schließlich richtete der Bundesminister noch persönlichen Dankesworten an KWR und gratulierte zum 10-jährigen Jubiläum dieser Veranstaltungsreihe.

Anschließend diskutierte das hochrangig besetzte Podium, bestehend aus Dr. Günther Ofner (Vorstandsdirektor Flughafen Wien AG; Vizepräsident des Managementclubs), Hon.-Prof. Dr. Eckart Ratz (Präsident des OGH), Mag. Michael Schober (Deloitte; Präsident des Instituts der Wirtschaftsprüfer) und RA Hon.-Prof. DDr. Jörg Zehetner (KWR) die durch die Untreuejudikatur und durch zahlreiche staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren verursachte Verunsicherung von Führungskräften. Die Angst vor Fehlentscheidungen und deren allfälligen strafrechtlichen Konsequenzen lasse Manager zögern. Vielfach fehle der Mut zur Entscheidung. Zu der vielfach kritisierten Libro-Entscheidung, in der die Untreue auch bei einer Ausschüttung an den Alleinaktionär bejaht wurde, wies Eckart Ratz darauf hin, dass der dadurch gebildete Rechtssatz durch das rechtliche Instrumentarium der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes an den OGH über Antrag der Generalprokuratur überprüft werden könne. Die sei bisher jedoch bedauerlicher Weise noch nicht geschehen.

Günther Ofner und Jörg Zehetner machten deutlich, dass neben der Judikatur insbesondere die zahlreichen Ermittlungsverfahren verunsichern. Mit der Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens (und der Berichterstattung darüber) sei der größte Schaden (Reputationsverlust, Rechtsverteidigungskosten und der Verlust weiterer Berufschancen) bereits angerichtet, auch wenn es in der Folge nicht zu einer Anklageerhebung oder gar zu einer Verurteilung käme. Im Zuge der Diskussion wurde die Forderung erhoben, dass es im Falle eines Freispruchs einen vollwertigen Kostenersatz geben müsse. Darüber hinaus muss es zu einer deutlichen Beschleunigung der Verfahren kommen. Durch die Einrichtung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wurden in der Vergangenheit bereits erste wichtige Schritte in diese Richtung gesetzt (Bildung von Teams, Spezialisierung). Ebenfalls positiv hervorgehoben wurden die Zusammenführung und Vereinheitlichung der Bilanzdelikte. Darüber hinaus wurde für Abschlussprüfer ein eigener Straftatbestand geschaffen. Durch diese Neuregelung erhofft man sich eine klarere Rechtslage und eine entsprechende Entlastung. Denn derzeit schätzt man, dass mehr als 20% der Abschlussprüfer von kapitalmarktorientierten Unternehmen Gegenstand von staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren sind. Auch wenn es in aller Regel, so Michael Schober, nicht zu einer Anklageerhebung oder gar zu einer Verurteilung kommt, sei dies für den Berufsstand der Abschlussprüfer kaum tragbar.

Offene Diskussion bei Blick über Wien
Abschließend öffnete Jörg Zehetner die Diskussion mit den rund 150 Gästen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Unter den hochrangigen Gästen, die zum Teil noch Stunden lang intensiv weiterdiskutierten, fanden sich ua Gerhard Altenberger (Sachverständiger), Ulrike Baumgartner-Gabitzer (APG), Bernd Braunstein (Wienerberger AG), Magnus Brunner (OeMAG), Sonja Bydlinski (BMJ), Peter Doralt (WU Wien), Helmut Gahleitner (AK), Hans Hammerschmied (Vors. des Arbeitsausschusses für externe Qualitätssicherung), Alfred Heiter (IV), Beatrix Karl (BM a.D., AbgNR), Walter Leiss (GS Gemeindebund), Gerhard Marterbauer (Deloitte), Aslan Milla (pwc; Berufsgruppenobmann der WP in der Kammer der WT), Erich Pitak (Sachverständiger), Claus Raidl (Präsident der OeNB), Gerald Resch (GS Bankenverband), Michael Sachs (VizePräs Bundesverwaltungsgericht), Peter Schick (Universität Graz), Josef Schmidinger (GD S-Bausparkasse), Artur Schuschnigg (WKÖ), Kurt Seeliger (OLG Wien), Christian Sonnweber (GS ÖNK), Herbert Stepic (RBI) und Rainer van Husen (Universität Wien).

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