Mobbing: Wer als Arbeitgeber nicht reagiert, verliert!

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Die persönliche Beeinträchtigung und die Belästigung am Arbeitsplatz durch Dritte, das sogenannte „Mobbing“, kann für Unternehmen massive negative betriebswirtschaftliche Folgen nach sich ziehen. Es ist daher nicht nur aus rechtlicher, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht geboten, derartigen Übergriffen einerseits vorzubeugen und andererseits im Anlassfall entschlossen entgegenzutreten. In den letzten Jahren haben deshalb viele Unternehmen die rechtliche Mobbingprävention, z.B. durch Abschluss einer entsprechenden Betriebsvereinbarung, verstärkt.

Eine Legaldefinition für den Begriff „Mobbing“ fehlt in der österreichischen Rechtsordnung. Nach der Judikatur ist für Mobbing das systematische, ausgrenzende und prozesshafte Geschehen über einen längeren Zeitraum, etwa durch systematische Verweigerung jeder Anerkennung, Isolation, Zurückhaltung von Informationen, Rufschädigung, etc. typisch. Unterschieden wird zwischen aktivem Mobbing durch den Arbeitgeber/Vorgesetzten und passivem Mobbing durch Kollegen. In beiden Fällen ist der Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht aus dem Arbeitsverhältnis gegenüber dem Arbeitnehmer dazu verpflichtet, ihn vor Mobbing zu schützen.

Erlangt der Arbeitgeber Kenntnis von Mobbinghandlungen durch Kollegen oder Vorgesetzte, so ist eine rasche Klärung des Sachverhaltes erforderlich, um über die weiteren arbeitsrechtlichen Konsequenzen (Verwarnung, Versetzung, Kündigung oder Entlassung) zu entscheiden. Welches arbeitsrechtliche Instrument der Arbeitgeber auswählt, hängt von der Art und Intensität der Mobbinghandlung ab. Um die Beweisbarkeit für ein allfälliges nachfolgendes Gerichtsverfahren zu sichern, sollten die Mobbinghandlungen, z.B. durch Erstellung von Protokollen mit den Beteiligten und potentiellen Zeugen, ausreichend dokumentiert werden.

In der Praxis wird oftmals schon durch die Aussprache einer Verwarnung gegen den Mobbingtäter eine Verbesserung der Situation erreicht. Die Verwarnung sollte zweckmäßigerweise schriftlich mit einer Übernahmebestätigung erfolgen. Kommt es zu einer mündlichen Verwarnung, sollten dann aber mehrere Zeugen anwesend sein. Vor Aussprache einer Verwarnung ist jedoch zu bedenken, dass dadurch eine Entlassung aufgrund des gleichen Sachverhaltes nicht mehr möglich ist. Wenn in einer Verwarnung dem Mobbingtäter für den Wiederholungsfall weitere arbeitsrechtliche Sanktionen angedroht werden, so sollten diese aus Gründen der Signalwirkung für andere Arbeitnehmer und zur Wahrung der Glaubhaftigkeit des Arbeitgebers dann auch tatsächlich umgesetzt werden. Versucht der Arbeitgeber durch die Versetzung einer der beteiligten Personen Abhilfe zu schaffen, sind dabei die gesetzlichen und arbeitsvertraglichen Grenzen der Versetzungsmöglichkeit zu beachten.

Entscheidet sich der Arbeitgeber, das Arbeitsverhältnis mit dem Mobbingtäter nicht mehr aufrecht halten zu wollen, so ist die die termin- und fristgerechte Kündigung möglich. In ganz gravierenden Fällen, ist auch die Entlassung des Mobbingtäters anzudenken. Es ist im Einzelfall genau zu prüfen, ob durch die Mobbinghandlungen einer der gesetzlichen Entlassungstatbestände verwirklicht wird, welcher eine sofortige Entlassung ohne eine vorhergehende Verwarnung rechtfertigt. Besonders wichtig ist dann die unverzügliche Aussprache der Entlassung nach Kenntnis und rascher Überprüfung der wesentlichen Fakten.

Mobbing kann für den Arbeitgeber arbeitsrechtliche, zivilrechtliche oder auch strafrechtliche Folgen haben. Arbeitsrechtlich betrachtet, berechtigen Mobbinghandlungen das Mobbingopfer unter Umständen zu einem vorzeitigen Austritt. Zu denken ist hier insbesondere an einen Austritt aus gesundheitlichen Gründen oder wegen Tätlichkeiten und Ehrverletzungen. Falls die Mobbinghandlungen von Kollegen ausgehen, muss der betroffene Arbeitnehmer grundsätzlich vor seinem Austritt ein Abhilfegesuch an den Arbeitgeber richten. Ein vorzeitiger Austritt wäre andernfalls unberechtigt. Bei entsprechender Beeinträchtigung kommen auf zivilrechtlicher Ebene die Geltendmachung von Schadenersatz (Schmerzengeld) und allenfalls Unterlassungsansprüchen in Betracht. Abhängig von der Art und Intensität der Mobbinghandlung, können auch verschiedene strafrechtliche Bestimmungen verletzt werden. Z.B. Körperverletzung, Nötigung, gefährliche Drohung, beharrliche Verfolgung (Stalking), Diebstahl, Datenbeschädigung, üble Nachrede und Beleidigung. Verwirklicht die Mobbinghandlung einen Tatbestand nach dem Gleichbehandlungsgesetz (z.B. sexuelle Belästigung, Belästigung wegen der Religion, etc.), so stehen dem Mobbingopfer je nach Diskriminierungstatbestand neben dem Ersatz des Vermögensschadens auch Ersatz für die erlittene persönliche Beeinträchtigung zu. In Anbetracht der möglichen negativen rechtlichen Folgen für den Arbeitgeber, sollte dieser bei nachweislicher Kenntnis von derartigen Übergriffen jedenfalls seiner Fürsorgepflicht nachkommen und entsprechend reagieren.

Tipps für Arbeitgeber:

  1. bei Kenntnis reagieren
  2. Sachverhalt rasch klären
  3. Verwarnung, Versetzung, Kündigung oder Entlassung
  4. Verwarnung schriftlich
  5. angedrohte Maßnahmen umsetzen
  6. Entlassung unverzüglich

Dr. Rudolf M. Ganzert ist Rechtsanwalt und Partner bei Ganzert & Partner Rechtsanwälte in Wels und Experte für Arbeitsrecht

www.ganzert.at

Foto: Walter J. Sieberer

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