Neues zur Zahlungsstockung

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Dr. Alexander Isola ist einer der führenden österreichischen Anwälte im Insolvenz- und Sanierungsrecht.
Dr. Alexander Isola ist einer der führenden österreichischen Anwälte im Insolvenz- und Sanierungsrecht.

Nach der Rechtsprechung und Lehre liegt Zahlungsunfähigkeit iSd § 66 IO vor, wenn der Schuldner mangels bereiter Zahlungsmittel nicht in der Lage ist, seine fälligen Schulden zu bezahlen und er sich die erforderlichen Zahlungsmittel voraussichtlich auch nicht alsbald verschaffen kann.

Der OGH hat in der Entscheidung v. 19.11.2011, 3 Ob 99/10w wesentliche Aussagen zur Zahlungsunfähigkeit und ihrer Abgrenzung von der Zahlungsstockung getroffen. Erstmals nannte der OGH konkrete Zeiträume und Prozentsätze als Orientierungshilfe zur Beurteilung einer Zahlungsstockung, bei der es sich im Gegensatz zur Zahlungsunfähigkeit noch nicht um einen Insolvenzeröffnungsgrund handelt.

Zahlungsunfähigkeit ist dann gegeben, wenn der Schuldner mehr als 5% aller fälligen Schulden nicht begleichen kann. Die Annahme einer Zahlungsstockung, die noch nicht zur Insolvenzreife führt, verlangt eine berechtigte Annahme, dass der Schuldner schon aufgrund einer ex-ante Beurteilung die Aussicht gehabt haben musste, dass die Zahlungsklemme keinen Dauerzustand bildet, sondern insgesamt bald überwindet sein wird.
In der Regel muss die Zahlungsstockung, also die Liquiditätslücke, innerhalb von drei Monaten behoben sein. Eine längere Frist, höchstens etwa fünf Monate, setzt voraus, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit der Beseitigung der Liquiditätsschwäche zu rechnen ist.

Die vom OGH genannten Begrenzungen stellen keine starren Grenzen dar, sondern sollen bei der Beurteilung des Einzelfalles ein Anhaltspunkt für die Lösung der Frage sein, ob der Schuldner begründet erwarten durfte, dass er seine Zahlungen bald wieder pünktlich erledigen kann.

Das „alsbaldige“ Beschaffenkönnen von ausreichenden Geldmittel ist somit das Indiz für eine Zahlungsfähigkeit und gleichzeitiges Abgrenzungskriterium für die Beurteilung, ob bloß eine Zahlungsstockung oder bereits eine Zahlungsunfähigkeit vorliegt. (Schumacher, Neues zur Zahlungsunfähigkeit und Zahlungsstockung, ÖBA 2012, 816).

Behauptet der Schuldner im Fall eines Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Vorliegen einer bloßen Zahlungsstockung, ist er dafür beweispflichtig.

Die positive Einschätzung, dass der Schuldner nach Ablauf eines bestimmten Zeitraumes wieder liquide sein wird, hat auf konkreten Aussichten zu beruhen, zB durch Zusicherung einer Kreditgewährung oder Eintreten eines Investors.

In der Entscheidung v. 9.1.2015 zu 3 R 1/15i klärt das OLG Graz, wie der Schuldner seine Annahme, dass er weiterhin zahlungsfähig ist, zu bescheinigen hat: Für die Annahme, dass der Schuldner nach wie vor zahlungsfähig ist, hat er kurzfristig sämtliche Verbindlichkeiten offen zu legen und zu dokumentieren, dass ausreichend Mitteln zu deren Begleichung vorhanden sind. Der Gegenbeweis ist dann erfolgreich, wenn er bescheinigt, tatsächlich über die nötigen Geldmittel zu verfügen oder Zahlungsvereinbarungen getroffen zu haben.

Eine nur punktuelle Befriedigung von Forderungen – nach der Methode „Loch auf, Loch zu“ – schließt natürlich den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit nicht aus.

Ebenso genügt die Begleichung lediglich der im Insolvenzeröffnungsantrag genannten Forderung sowie der gegen den Schuldner exekutiv betriebenen Verbindlichkeiten nicht, um die vom Antragssteller glaubhaft gemachte Zahlungsunfähigkeit zu entkräften. Die Gegenbescheinigung hat sich eben auf alle Verbindlichkeiten des Schuldners zu beziehen.

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Foto: beigestellt

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