Steiniger Weg zum Delisting

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Daniel Reiter und Christoph Nauer
Daniel Reiter und Christoph Nauer

Die Wiener Börse muss weiter auf einen Börsegang warten. 2014 gab es nur einen echten IPO von FACC. BUWOG und PIAG kamen durch Spin-off an die Börse.

Wien. Der Trend geht in die andere Richtung, nämlich zum Rückzug (Delisting) von der Börse. Bei der Frankfurter Börse kann das der Emittent beantragen und die Börse hebt die Zulassung auf, wenn dies nicht dem Anlegerschutz widerspricht. Im Jahr 2013 hat der Bundesgerichtshof den gesellschaftsrechtlichen Weg geebnet: Die Hauptversammlung muss nicht zustimmen; und es ist kein Barabfindungsangebot an die Aktionäre erforderlich (FroStA-Entscheidung). Anders am Wiener Parkett: Der Verwaltungsgerichtshof hat jüngst entschieden, dass Emittenten einen Rückzug von der Börse (Amtlicher Handel) nicht beantragen können.
Österreichischen Emittenten bleibt nur der Umweg über gesellschaftsrechtliche Maßnahmen. Die Hauptversammlung der BWT hat im August zum Rückzug von der Börse eine Verschmelzung auf eine 100%-Tochtergesellschaft beschlossen; den Aktionären werden dabei Aktien der nicht-börsenotierten Tochter zugeteilt (sogenanntes „kaltes Delisting“). Aktionäre bekämpfen die Maßnahme und fordern eine Barabfindung.

Squeeze-out
Den „klassischen“ Weg zum Delisting verfolgt MIBA: Der Hauptaktionär hat ein Übernahmeangebot erstattet. Wird die 90%-Anteilsschwelle erreicht, ist ein Squeeze-out (Gesellschafterausschluss) der restlichen Aktionäre gegen Barabfindung möglich. Die Angemessenheit der Barabfindung kann nachträglich vor dem so genannten „Gremium zur Überprüfung des Umtauschverhältnisses“ überprüft werden. Das erfolgt praktisch immer, da die Aktionäre dabei fast kein Kostenrisiko tragen und die Verfahren regelmäßig mit einer höheren Barabfindung – in der Regel durch Vergleich – enden. Die Nachteile des Verfahrens: Ob und in welcher Höhe eine Nachzahlung zu leisten ist, ist ungewiss. Die Verfahren dauern lange; z.B. für den Squeeze-out bei der Bank Austria Creditanstalt seit 2008.

Wieso nehmen Emittenten Umgründungen und Squeeze-out-Verfahren für den Börserückzug auf sich? Die Gründe sind mannigfaltig: Der Verwaltungsaufwand ist hoch. Das Börserecht knüpft ein enges Netz an Veröffentlichtungs- und Compliancepflichten. Die IFRS (International Financial Reporting Standards) für die Konzernrechnungslegung tragen ebenfalls bei. Die Kosten steigen und der Nutzen zu Kapitalaufnahme bleibt, auch wegen des schwierigen Kapitalmarktumfelds, zurück.

Verschärfte Sanktionen
Der Trend zum Delisting könnte durch neue europäische Rechtsakte verstärkt werden. Diese sehen drakonische Sanktionen für die Verletzung von Emittentenpflichten vor: Für die Verletzung der Ad-hoc-Meldepflicht sind gemäß EU-Marktmissbrauchsverordnung Höchststrafen bis zu EUR 1 Mio für Organwalter vorzusehen. Dazu kommen Geldbußen für den Emittenten (bis EUR 2,5 Mio oder 2% des Umsatzes). Für die Organwalter wird besonders relevant, ob die Gesellschaft Ihnen die Strafen ersetzen darf: Eine Zusicherung der Gesellschaft vor der Tatbegehung ist unzulässig. Nach der Tat darf die Gesellschaft Ersatz leisten, wenn im Gesellschaftsinteresse und kein grobes Verschulden vorliegt.

Auch der „Pranger“ kommt ab Juli 2016 zurück: Die Sanktionen und verantwortlichen Personen sind zu veröffentlichen („naming and shaming“). Bei diesen Entwicklungen werden wohl noch weitere Emittenten und Kernaktionäre Verschmelzungen zum (kalten) Delisting oder Squeeze-out-Verfahren schultern.

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Foto: beigestellt

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