Trademark Clearinghouse – Herausforderung für Markeninhaber

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Michael Woller
Michael Woller

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Jetzt sind endlich die ersten neuen generischen Top Level Domains („gTLDs“) online: .bike, .wien, .guru – jetzt wird nahezu wirklich alles möglich werden.

Mittlerweile kann neben den bekannten Top Level Domains (zB .com, .at oder .net) nahezu jeder beliebige Begriff als TLD fungieren. Damit besteht die Gefahr, dass sich nicht berechtigte Personen fremde Marken als Sub-Level-Domain zu sichern versuchen. Das Trademark Clearinghouse („TMCH“) bietet Markeninhabern daher die Möglichkeit, ihre Marken in eine (kostenpflichtige) zentralisierte weltweite Datenbank aufnehmen zu lassen, um bestimmte Dienstleistungen in Anspruch nehmen zu können:

■ Sunrise Services: Markeninhaber können an den „Sunrise-Perioden“ (bevorzugte Zuteilungsphase vor der allgemeinen Verfügbarkeit von Domain-Namen) neuer gTLDs teilnehmen.
■ Claims Service: Das TMCH verständigt den Hinterleger einer Marke, wenn ein Dritter die Delegierung eines mit der hinterlegten Marke identischen Domainnamens beantragt.

Eine ergänzende Schutzmöglichkeit für bestimmte gTLDs bietet die „Domains Protected Marks List“ des privaten Anbieters Donuts Inc. Dieser hat sich um zahlreiche neue gTLDs beworben und bietet für diese ein einheitliches, kostenpflichtiges „Blocking Service“ an – Voraussetzung für die Inanspruchnahme ist auch hier, dass die Marke im TMCH hinterlegt ist. Ferner bestehen für hinterlegte Marken Erleichterungen im Zuge des für gTLDs neu eingeführten URS-Verfahrens (ein Streitschlichtungsverfahren zur raschen Abstellung von Rechtsverletzungen durch missbräuchliche Domain-Registrierungen).

Grundsätzliches

Hinterlegt werden können prinzipiell aufrecht registrierte Marken, sofern sie einen lesbaren Wortbestandteil enthalten.
Der Marke dürfen aber keine Bestandteile hinzugefügt oder solche aus der Marke entfernt werden, um damit dann an den Sunrise-Perioden teilzunehmen; auf Basis der hin-terlegten Marke „ABC“ kann also nur ABC.auto, nicht aber ABC-shop.auto im Rahmen ei-ner Sunrise-Periode für Markeninhaber beantragt werden. Das gilt auch für den Claims Service: Eine Verständigung erfolgt grundsätzlich nur, wenn jemand versucht, eine mit der hinterlegten Marke identischen Sub Level Domain zu registrieren (im Beispiel oben erhält der Hinterleger somit keine Benachrichtigung, wenn ein Dritter die Vergabe des Domain-Namens ABC-shop.auto beantragt).

Durch die Hinterlegung allein können Domainvergaben an Unbefugte noch nicht verhindert werden. Die Benachrichtigung des Domain-Anmelders über die hinterlegte Marke im Zuge des Domainvergabeprozesses könnte ihn aber durchaus abschrecken, sodass er die Domain-Registrierung womöglich gar nicht erst fortsetzt. Lässt er sich den Domain-Namen dennoch delegieren, so muss der Markeninhaber selbst tätig werden und gegebenenfalls rechtliche Schritte setzen.

Auswahl

Grundsätzlich eignen sich Wortmarken (möglichst ohne Sonderzeichen) am besten für die Hinterlegung. Im deutschsprachigen Raum ist vor allem auch auf Umlaute Rücksicht zu nehmen. Die hinterlegte Marke sollte idealerweise mindestens für die Hinterlegungsdauer gültig und nicht angefochten sein. Für die sinnvolle Nutzung der Sunrise-Perioden sollten solche Marken hinterlegt werden, deren Wortbestandteile als Domain-Name gewünscht sind.
Für die Inanspruchnahme von Sunrise Services hat der Markeninhaber zudem schriftlich zu bestätigen, dass die Marke tatsächlich benutzt ist und auch ein Beispiel für die aktuelle Benutzung zu übermitteln, weshalb sich zwar registrierte, aber (noch) nicht benutzte Marken hierfür nicht eignen. Für das Trademark Claims Service ist vor allem zu beachten, welche Marken vor einer missbräuchlichen Registrierung durch Dritte geschützt werden sollen (auch wenn kein eigenes Interesse an der Teilnahme an Sunrise-Perioden besteht).

Hinterlegung

Die Mechanismen des TMCH zielen einerseits auf die Vergabe von Domain-Namen ab (Sunrise Services). Der Claims Service dient hingegen der Vorbereitung der Durchsetzung von Markenrechten. Daher sollte die Wahl der zu hinterlegenden Marke(n) sowohl von Erwägungen zur Domain-Portfolio als auch von der Marken(-durchsetzungs-)strategie getragen werden.

Zudem ist zu prüfen, ob das bestehende Markenportfolio eine taugliche Marke überhaupt umfasst (oder das Portfolio allenfalls adaptiert werden muss). Die Abhängigkeit des TMCH-Eintrags vom Bestand der hinterlegten Markenregistrierung und die damit verbundenen Haftungen erfordern zudem eine enge Abstimmung mit der Markenverwaltung. Das TMCH ermöglicht es, Hinterlegungen auch über darauf spezialisierte Anbieter vorzunehmen. Einige Anwaltskanzleien bieten mittlerweile sowohl die Beratung zur Hinterlegungsstrategie als auch die Hinterlegung von Marken im TMCH selbst aus einer Hand an.

www.schoenherr.eu

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