Verbot der Einlagenrückgewähr – Dauerbrenner im Gesellschaftsrecht

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Praxistipp Gesellschaftsrecht von MMag. Dr. Markus Fellner

Das Verbot der Einlagenrückgewähr war in den letzten Jahren Gegenstand umfassender gesellschaftsrechtlicher Diskussionen, insbesondere im Zusammenhang mit einem Management Buy-out (OGH 20.3.2013, 6 Ob 48/12w). Doch in der Praxis können weit weniger komplexe Geschäfte vom Verbot der Einlagenrückgewähr erfasst sein und tangieren dabei stets mehrere Rechtsgebiete; neben den gesellschaftsrechtlichen Aspekten sind nicht nur steuerliche, sondern auch bilanzielle und unter Umständen sogar strafrechtliche Implikationen zu bedenken.

Das Gesellschaftsrecht sieht für Kapitalgesellschaften zum Schutz der Gläubiger und Minderheitsgesellschafter umfassende Regeln zur Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung vor, da für Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft nur deren Gesellschaftsvermögen haftet (Trennungsprinzip). Um den unkontrollierten Abfluss von Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter zu verhindern, haben die Gesellschafter im Wesentlichen nur Anspruch auf den Bilanzgewinn im Rahmen einer formellen Gewinnausschüttung. Dabei sieht das österreichische Gesellschaftsrecht einen umfassenden Vermögensschutz vor, der auf wertmäßige Beeinträchtigung des Gesellschaftsvermögens an sich abstellt. Anders als das deutsche Recht ist eine Beeinträchtigung des Grund-/Stammkapital nicht von Bedeutung.

Um zu verhindern, dass durch gewöhnliche Geschäfte zu für die Gesellschaft nachteiligen Konditionen Gesellschaftsvermögen an den Gesellschafter fließt, sind Leistungsbeziehungen zwischen der Gesellschaft und ihrem Gesellschafter nur insoweit zulässig, als dass die Gesellschaft dasselbe Geschäft zu denselben Konditionen auch mit einem außenstehenden Dritten abgeschlossen hätte („dealing at arm’s length“). Gemäß der Rechtsprechung sind diese Grundsätze auch für kapitalistische Personengesellschaften zu beachten, bei denen keine natürliche Person als unbeschränkt haftender Komplementär zur Verfügung steht (GmbH & Co KG). Die wesentliche gesellschaftsrechtliche Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr besteht in einer Teil- oder Gesamtnichtigkeit des Geschäftes und einem entsprechenden Rückforderungsanspruch der Gesellschaft gegenüber den begünstigten Gesellschaftern.

In der Praxis ergeben sich laufend Situationen, in denen die Beurteilung der Angemessenheit erforderlich ist, was folgende Beispiele illustrieren sollen:

Überhöhte Geschäftsführergehälter, indirekte Zahlungen aus Bürgerschaften, unübliche Mietzinse bei der Überlassung von Räumen der Gesellschaft an ihre Gesellschaft, ungerechtfertigten Pensions- oder Abfertigungszusagen können gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßen. Gleiches gilt für die Überlassung eines Kraftfahrzeuges, den Verzicht auf Forderungen, Begleichung von privaten Gesellschafterverbindlichkeiten oder die Übernahme von Versicherungsprämien, Telefonkosten oder anderen Spesen für den Gesellschafter durch die Gesellschaft. Das Verbot wurde von manchen derart ausgeweitet, dass selbst die Überlassung von Geschäftschancen teilweise als verdeckte Einlagenrückgewähr bewertet werden kann.

Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die Gewährung eines Kredits von der Gesellschaft an einen Gesellschafter oder die Bestellung von Sicherheiten für einen Kredit des Gesellschafters bei einer Bank. Neben der notwendigen Rechtfertigung, als Nicht-Bank einen Kredit zu gewähren sind im Rahmen der Drittvergleichsfähigkeit von der Gesellschaft die Bonität des Gesellschafters, bestellte Sicherheiten und marktübliche Konditionen, daher einen angemessenen Vorteil der Gesellschaft aus der Vereinbarung mit dem Gesellschafter, zu prüfen. Aufgrund höherer Risikokosten als jene einer Bank (keine vergleichbare Risikostreuungsmöglichkeit) wird die Gewährung eines Kredits von der Gesellschaft an einen Gesellschafter nur in seltenen Fällen vorteilhaft sein.

Oft besteht ein gewisses Spannungsverhältnis zwischen der einheitlichen Leitung im Konzern und der auf jede einzelne Konzerngesellschaft gesondert anwendbaren Kapitalerhaltungsvorschriften. Das Verbot einer Einlagenrückgewähr umfasst neben Mutter- und Großmuttergesellschaften auch Schwestergesellschaften, weil diesfalls die entreichernde Vermögenszuwendung an den unmittelbaren oder mittelbaren Gesellschafter erfolgt. Da es sich bei den Kapitalerhaltungsvorschriften um zwingende Gläubigerschutzvorschriften handelt, die nicht disponibel sind, kann auch eine allfällige (Konzern-)Weisung oder Genehmigung durch die Gesellschafter unbeachtlich und nichtig sein. In grenzüberschreitend verbundenen Unternehmen ist es daher notwendig, sowohl das in- als auch ausländische Gesellschaftsrecht bei Maßnahmen wie Umlagen, Cash Pooling oder Umstrukturierungen zu berücksichtigen.

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