Verfassungsrechtliche Bedenken zur Ertragsbesteuerung der Immobilien

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Martin Kirnbauer
Martin Kirnbauer

Die 2012 in Kraft getretene Immobilienertragsbesteuerung hat entsprechende Auswirkungen in der Praxis gezeigt. Dort zeigen sich ihre verfassungsrechtlichen Bedenken.

Der neuen Ertragssteuer unterliegen seitdem alle entgeltlichen Immobilientransaktionen und somit auch Veräußerungen von „Altvermögen“, also Immobilien, die zum Zeitpunkt der Einführung der neuen Immobilienertragssteuer bereits nicht mehr der (zehnjährigen) Spekulationsfrist unterlagen und damit nicht mehr steuerhängig waren. Bereits bei Inkrafttreten wurden erste Zweifel an der generellen Verfassungsmäßigkeit der neuen Bestimmungen laut.

Eine Mandantin hat im Jahr 1989 eine Wohnung erworben, die (nach damaliger Gesetzeslage) nach zehn Jahren, also im Jahr 1999, nicht mehr steuerhängig war. Als sich die Mandantin Ende 2011 zum Verkauf der Immobilie entschloss, waren ihr die Auswirkungen der neuen Immobilienertragssteuer weder bekannt, noch bewusst. Weil sich die Abwicklung des Verkaufs der Wohnung bis Mai 2012 hinzog, galt die Immobilie zum Zeitpunkt der Veräußerung bereits als „Altvermögen“ im Sinne der kurz zuvor in Kraft getretenen neuen Immobilienertragssteuerregelung und unterlag somit der generellen Besteuerung von 25 Prozent des Veräußerungsgewinns. In diesem Fall schaffte die bis 31.03.2012 geltende Rechtslage der (zehnjährigen) Spekulationsfrist für Immobilienvermögen im Privatbesitz einen entsprechenden Vertrauenstatbestand. Dieser als auch andere Fälle geben nunmehr Anlass, die Immobilienertragssteuerregelung auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüfen zu lassen.

Judikatur
Der Verfassungsgerichtshof betont regelmäßig unter Verweis auf seine bisherige Judikatur, dass es dem Gesetzgeber grundsätzlich freistehe, die Rechtslage für die Zukunft anders und auch ungünstiger zu gestalten, dass aber bei Vorliegen besonderer Umstände zur Vermeidung unsachlicher Ergebnisse Gelegenheit gegeben werden muss, sich rechtzeitig auf die neue Rechtslage einzustellen. Der Gesetzgeber hat von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht, obwohl er die Immobilienertragsbesteuerung auf Neuanschaffungen hätte beschränken können. Eine rückwirkende und in wohlerworbene Rechte eingreifende Gesetzesänderung ist im Hinblick auf das Vertrauensschutzprinzip verfassungswidrig, wenn die Norm­unterworfenen durch einen Eingriff von erheblichem Gewicht in einem berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht wurden und nicht etwa besondere Umstände eine solche Rückwirkung verlangen. Mit der Neuregelung der Immobilienertragssteuer griff der Gesetzgeber rückwirkend in die im Vertrauen auf die (zehnjährige) Spekulationsfrist vorgenommene Anschaffung von Immobilien ein, ohne dass es beispielsweise durch Schaffung von Übergangsfristen oder eben einer Beschränkung auf Neuanschaffungen die Möglichkeit für die Betroffenen gegeben hätte, sich entsprechend darauf einzustellen.

Eine Beschwerde gegen den Bescheid, mit dem die Immobilienertragssteuer im genannten Fall zur Zahlung vorgeschrieben wurde, ist anhängig. Wie letztlich der Verfassungsgerichtshof entscheiden wird, bleibt abzuwarten.

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Foto: Redaktion

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