„Headquarters-Standort Österreich – Wie attraktiv sind wir wirklich?“

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Am 30.3. 2011 fand in der Conference Area von Binder Grösswang eine Podiumsdiskussion unter dem Titel „Headquarters-Standort Österreich – Wie attraktiv sind wir wirklich?“ statt. Henning Jensen, Vorstandsvorsitzender der RHI AG, Florian Khol, Partner Binder Grösswang, Martin Müllner, Direktor Headquarters, Austrian Business Agency, Barbara Polster-Grüll, Partnerin KPMG und Günther Tengel, Geschäftsführender Gesellschafter Amrop Jenewein diskutierten zur Standortpolitik und Standortqualität von Österreich. Moderator war Michael Nikbakhsh, profil. Der Veranstaltung und anschließenden interaktiven Diskussion folgten ca. 80 Gäste.

Einigkeit herrschte darüber, dass Österreich im Allgemeinen ein attraktiver Headquarter-Standort sei, allerdings dürfe man sich mit dem Ist-Zustand nicht zufrieden geben, wesentliche Herausforderungen müssten zeitnahe umgesetzt werden, um Wettbewerbsvorteile zu festigen und idealerweise auszubauen.

Henning Jensen meinte, dass für ein global agierendes Industrieunternehmen wie RHI Headquarters in Österreich ein zweischneidiges Schwert seien: „Es gibt typische rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen wie in anderen westeuropäischen Standorten auch und es gibt ausgezeichnet ausgebildete Technikerinnen und Techniker. Aber Aufholbedarf gibt es bei der Talentverfügbarkeit, Logistik und Bürokratie und es fehlt uns die Nähe zu den Kunden.“  Die RHI habe fünf Produktionsstandorte, die Qualitätsstandards für die weltweiten Werke setzten, und ihr Forschungszentrum in Österreich und bekenne sich auch aus historischen Gründen zum Standort Österreich.

Günther Tengel stellte fest, dass der Standort Österreich seine geographische Lage zwischen DACH-Region und Zentral- und Osteuropa die ersten 10 Jahre nach der Ostöffnung exzellent genützt und die nächsten 10 Jahre vernünftig verwaltete habe, sich aber heute und in Zukunft neu definieren müsse: „Ich orte vier wesentliche Herausforderungen: Bildung, Arbeitsmarkt, Migration, Brain Drain. Die Hauptgründe, warum Länder nachhaltig wachsen, sind ein exzellentes Ausbildungs- und Universitätssystem und ein liberaler Umgang mit Ausländern bzw. eine Öffnung des Arbeitsmarktes. Hier tickt die Zeitbombe am Standort Österreich!“

Barbara Polster-Grüll meinte, dass Österreich ein steuerlich attraktiver Headquarter-Standort sei und mit der modernen Gruppenbesteuerung ebenso punkten könne wie mit einem umfassenden Netz von Doppelbesteuerungsabkommen, einem moderaten Körperschaftsteuersatz und einer Forschungsprämie von 10%. „Auf der Minus-Liste stehen jedoch der hohe Grenzsteuersatz in der Einkommensbesteuerung, die hohen Lohnnebenkosten und das Fehlen von Expatriate Begünstigungen. Schließlich entscheiden letztlich die Manager über den Headquarter Standort. Außerdem Kapitalverkehrssteuern, die es an anderen  typischen Headquarter Standorten schön längst nicht mehr gibt.“

Martin Müllner verwies auf gute Erfolge in der Betriebsansiedlung seit Projektstart der vom Wirtschaftsministerium unterstützten Headquarters-Initiative der Austrian Business Agency im Juli 200: Sieben regionale Headquarters, zehn Regionalkompetenz-Zentren und zwei F&E Leading Competence Units konnten sich ansiedeln.

Florian Khol bestätigte die Attraktivität Österreichs für Headquarter-Standorte und die Ansiedlung von Unternehmen auch aus rechtlicher Sicht. Wünschenswerte Adjustierungen fänden sich allerdings im Gesellschaftsrecht – es fehle eine kleine Kapitalgesellschaft und es werden die strengen Formerfordernisse bei Gesellschaftsgründungen zunehmend als störend empfunden – sowie im Niederlassungsrecht für Schlüsselarbeitskräfte und besonderen Führungskräfte. „Es gehört zu unseren weniger angenehmen Aufgaben zur Beantragung einer Niederlassungsbewilligung gemeinsam mit Spitzenarbeitskräften beim zuständigen Magistrat zu warten, bis man aufgerufen wird.“ Khol warnte davor, bei der Justiz weiter zu sparen: „Rechtssicherheit hat sich von einem Standortfaktor zu einem echten Standortvorteil entwickelt. Überlange Gerichts- und Verwaltungsverfahren, schlechte und überarbeitete Richter und Staatsanwälte gefährden die Rechtssicherheit und damit einen Standortvorteil Österreichs nachhaltig.“

www.bindergroesswang.at

Foto: vlnr die Podiumsteilnehmer Müllner, Khol, Polster-Grüll, Jensen und Tengel

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