Cross-border Merger im Zeichen des BREXIT

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Der in England tätige österreichische Rechtsanwalt, U.K. Solicitor und BREXIT-Experte Mag. Anton Fischer, LL.M. hat in den letzten Monaten vermehrt Unternehmen bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen unterstützt.

Kurz vor BREXIT und aufgrund der sich aus dem Austritt Großbritanniens aus der EU ergebenden zunehmenden Unsicherheit entschließen sich österreichische Unternehmen vermehrt dazu, deren U.K. Niederlassung aufzugeben.

Auch den in Österreich operierenden U.K. Limiteds, vor einigen Jahren noch, unter anderem wegen ihres äußerst geringen Mindeststammkapitals, als echte Alternative zur GmbH gehandelt, droht durch BREXIT im schlimmsten Fall der Verlust der Rechtspersönlichkeit und damit die persönliche und unbegrenzte Haftung der Gesellschafter.

Neben diversen Reorganisationsmöglichkeiten wie etwa der Gründung einer Europäischen Aktiengesellschaft (SE) mit anschließender Sitzverlegung oder einer sog. Side-Stream Einbringung besteht die Möglichkeit, sämtliche Vermögenswerte der Limited im Wege einer Gesamtrechtsnachfolge durch eine grenzüberschreitende Verschmelzung (Cross-border Merger) auf die österreichische Gesellschaft zu übertragen.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für grenzüberschreitende Verschmelzungen werden von EU Recht bestimmt, das im Vereinigten Königreich in den Companies (Cross-border Mergers) Regulations 2007 (SI 2007/2974) sowie im österreichischen EU-VerschG umgesetzt wurde.

Zur Abwicklung ist die Erwirkung einer Bestätigung in sämtlichen Hoheitsstaaten der beteiligten Gesellschaften in Form eines Zertifikats nötig, welches bestätigt, dass alle Formalitäten vor dem Zusammenschluss in diesem Hoheitsgebiet erfüllt wurden. Nach dessen Erteilung erfolgt ein Antrag auf Eintragung der Verschmelzung im jeweils zuständigen Handelsregister.

Nach den U.K. Vorschriften muss die Limited neben weiterer Dokumentation jedenfalls einen Verschmelzungsplan sowie einen Bericht der Geschäftsführung erstellen, welcher die Auswirkungen der Verschmelzung auf Mitglieder, Gläubiger und Arbeitnehmer beschreibt. Gelegentlich erforderlich ist zudem der Bericht eines unabhängigen Sachverständigen.

Während das Verfahren auf österreichischer Seite im Wesentlichen beim Firmenbuch geführt wird, bilden U.K. insgesamt zwei Gerichtstermine den Kern. Wenn sich der englische High Court im Rahmen einer von einem sog. Barrister geführten, zwingend abzuhaltenden ersten mündlichen Anhörung von der Vollständigkeit sowie Konformität der zuvor eingereichten Unterlagen überzeugen konnte, legt dieser unter Einhaltung zwingend vorgesehener Wartezeiten einen Termin für die Abhaltung einer Generalversammlung zur Genehmigung der Verschmelzung fest.

Parallel dazu sind zwingende Regelungen zur Mitarbeiterbeteiligung zu beachten. Der BREXIT-Experte rät, diese so früh wie möglich zu initiieren, da sie unter Umständen einige Monate in Anspruch nehmen kann.

Spätestens einen Monat vor der Generalversammlung erfolgt die Bekanntmachung des geplanten Zusammenschlusses durch den Registrar of Companies im englischen Handelsregister (Companies House).

Nach Abhaltung der Generalversammlung erfolgt ein weiterer Gerichtstermin. Inhalt dieses Termins ist die Erlangung des erwähnten Zertifikats. Unter Vorlage einschlägiger Dokumentation wie etwa schriftlicher Zeugenaussagen der Geschäftsführung ist der Nachweis der Erfüllung aller Bedingungen für die Verschmelzung zu erbringen.

Je nachdem, ob die österreichische oder die U.K. Gesellschaft als übernehmende Gesellschaft hervorgehen soll, ist ein gemeinsamer Antrag beim High Court bzw. beim Firmenbuch zur finalen Genehmigung der Verschmelzung zu stellen. Diese wird nach Ablauf von 21 Tagen nach erfolgter Genehmigung wirksam.

Aus Erfahrung meint der BREXIT-Experte, dass grenzüberschreitende Verschmelzungen je nach Komplexität mit hinreichender und Effizienz und Vehemenz in weniger als sechs Monaten durchgeführt werden können. Wiewohl der Austritt des Vereinigten Königreichs naht, will der österreichische Gesetzgeber durch Inkraftsetzung eines sog. BREXIT-Begleitgesetzes die Möglichkeit zur weiteren Durchführung von grenzüberschreitenden Verschmelzungen mit U.K. aufrechterhalten.

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Foto: beigestellt

 

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