Der erschöpfte Handel mit gebrauchter Software

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Dieter Heine
Dieter Heine

Die digitale Welt und der Erschöpfungsgrundsatz standen schon lange im Spannungsfeld. Physisch ist es seit jeher relativ einfach. Wenn ein Softwarehersteller eine CD-ROM mit seiner Software auf den Markt bringt, so kann man nach Erwerb dieser CD-ROM diese weiterverkaufen. Das Recht des Softwareherstellers an der Verbreitung dieser CD-ROM ist erschöpft. Ob diese Erschöpfung allerdings auch bei digitalem Vertrieb, also bei Vertrieb per Download eintritt, das ist (war) umstritten.

„Die Online-Übertragung entspricht funktionell der Aushändigung eines materiellen Datenträgers“, urteilte der EuGH am 03.07.2012 (C-128/11 UsedSoft) und beantwortete somit die seit Jahren kontrovers diskutierte und umstrittene Frage, ob der Erschöpfungsgrundsatz auf sogenannte gebrauchte Software anzuwenden ist oder nicht.

Hintergrund dieser Entscheidung ist ein Rechtsstreit zwischen Oracle und UsedSoft. Oracle entwickelt und vertreibt Client-Server-Software, welche über die eigene Homepage zum Download angeboten wird. Der Kunde schließt hierzu einen Lizenzvertrag ab, wobei er entgeltlich ein auf interne Geschäftszwecke beschränktes, nicht abtretbares aber zeitlich unbefristetes Nutzungsrecht erwirbt. Nun gibt es diese Lizenzen meist als Paket für eine bestimmte Anzahl von Nutzern. Werden hier nicht alle Lizenzen tatsächlich genutzt, tritt unter anderem UsedSoft auf die Bühne, kauft diese Lizenzen von Oracle Kunden ab und verkauft diese weiter.

Erwartungsgemäß klagte Oracle UsedSoft und eröffnete hiermit das Feld für einen jahrelangen Rechtsstreit bis man sich letztendlich im Zuge eines Vorabentscheidungsverfahrens vor dem EuGH wieder fand. In Luxemburg wurde nun entschieden, dass, egal ob die Kopie der Software heruntergeladen wird oder auf einer DVD/CD-ROM physisch übergeben wird, der Erschöpfungsgrundsatz anwendbar ist.

Überraschend an diesem Urteil ist unter anderem, dass die entgeltliche Einräumung eines zeitlich unbegrenzten Nutzungsrechts wie ein Kauf beurteilt wird. Die Programmkopie der Software geht somit in das Eigentum des Erwerbers über, sodass ein, wie im gegenständlichen Fall im Lizenzvertrag vereinbartes, Wiederverkaufsverbot nach der Meinung des EuGH „über das zur Wahrung des spezifischen Gegenstand des fraglichen geistigen Eigentums Erforderliche hinausgeht“. Kurzum selbst bei vereinbarter Beschränkung des Wiederverkaufs kann der Erwerber verkaufen.

Allerdings, urteilt der EuGH weiter, ist ein Splitting bei Lizenzen untersagt. Der potentielle Verkäufer kann also nicht nur einen Teil seines Lizenzpakets verkaufen, sondern muss dieses als Ganzes anbieten und hierbei sicherstellen, dass er keine Kopien mehr besitzt. Ob sich der Gerichtshof hier nur auf Client-Server-Software oder auch Volumenlizenzen bezieht ist derzeit noch umstritten und wird in nächster Zeit für etliche Diskussionen sorgen, genauso wie die Frage nach rechtlichen Auswirkungen auf digitale Musik und Bücher.

Dieter Heine, Partner
Lena-Sophie Kaltenegger, Rechtsanwaltsanwärterin

www.phhv.at

Foto: beigestellt

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