Die Essenzen der Unternehmensakquise

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Unternehmenskäufe gehen ins Geld. Dies gilt nicht nur, wenn gesunde Unternehmen mit einer guten Rentabilität gekauft werden, sondern auch dann, wenn man „günstige“ Unternehmen oder Unternehmensteile erwirbt und die Unternehmenskaufverträge nicht entsprechend sorgfältig vorbereitet und verhandelt wurden.

Aufgrund der Wirtschaftskrise und des damit verbundenen Liquiditätsbedarfs potentieller Veräußerer sind Unternehmen bzw. Unternehmensteile aktuell sehr günstig, jedoch meist unter erhöhtem Zeitdruck zu erwerben. Auf eine professionelle Beratung durch M&A-Spezialisten sowie auf eine sorgfältige Ausarbeitung und Verhandlung des Kaufvertrages sollte jedoch nicht verzichtet werden, da der Erwerber ansonsten erhebliche Risiken und Haftungen „miteinkaufen“ könnte. Insbesondere mittelständische Unternehmen mit keiner oder wenig Erfahrung mit Zukäufen haben meist ausschließlich den Kaufpreis vor Augen und übersehen oft wesentliche Elemente der Transaktion.

Der Kaufpreis ist nicht das einzige wesentliche Element. Meist einigen sich die Entscheidungsträger in den ersten Gesprächen auf einen Kaufpreis. Ob der Kaufpreis auch die Risikoverteilung im Rahmen der Gesamttransaktion entsprechend berücksichtigt kann zu diesem Zeitpunkt – sofern nicht bereits wesentliche weitere Eckpunkte (ua Ausmaß der Gewährleistung, Modalitäten der Kaufpreiszahlung, etc.) vereinbart wurden – noch nicht beurteilt werden.  
ZWINGENDE UNTERNEHMENSPRÜFUNG
. Käufer von Unternehmen sollten auf die Durchführung einer Unternehmensprüfung (Due Diligence) bestehen. Im Rahmen einer solchen Due Diligence prüfen die rechtlichen und steuerlichen Berater das gesamte Unternehmen auf Herz und Nieren. Das Ergebnis ist insbesondere für die Berater wesentlich, da nur dann die notwendigen Informationen vorliegen, um den Käufer im Hinblick auf die identifizierten Risiken entsprechend abzusichern, sowie allenfalls stichhaltige Argumente für eine entsprechende Kaufpreisreduzierung vorzubereiten. Auch aus Verkäufersicht macht eine Due Diligence in Vorbereitung und vor einem angedachten Verkauf des eigenen Unternehmens Sinn. Ob bzw. zu welchem Zeitpunkt identifizierte Risiken offengelegt werden, ist im Einzelfall zu prüfen. IdR empfiehlt es sich, diese umgehend offenzulegen um Argumente für eine Kaufpreisreduktion früh abzuwehren. Weiters erleichtert eine Verkäufer Due Diligence den eigenen Beratern die Verhandlungsführung enorm, da sie sämtliche unternehmensspezifische Themen verifizieren und bewerten können.

ERSTENTWURF.
Dem Erstentwurf des Kaufvertrages kommt entscheidende Bedeutung zu. In aller Regel liefert diesen der Käufer. Besteht die Möglichkeit, den Erstentwurf zu erstellen, sollte diese genutzt werden, da ein gänzliches Abweichen vom Entwurf begründungspflichtig ist (aus rechtlicher und wirtschaftlicher Sicht).

FIXER ODER VARIABLER KAUFPREIS?
Im Gegensatz zum fixen Kaufpreis, der eine „vertragstechnisch“ einfache Aufgabe darstellt, sind bewegliche Kaufpreise aus Sicht des Vertragsverfassers idR viel anspruchsvoller.  Diese können an den Stand des Eigenkapitals oder an die Financial Debt (Saldo aus Nettoguthaben/Nettofinanzverbindlichkeiten) zu einem bestimmten Stichtag oder an die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens während einer bestimmten Beobachtungsfrist (Earn Out) geknüpft werden. In diesen Fällen ist der Vertragsverfasser angehalten, auf einen Gleichlauf dieser Kaufpreismechanismen mit zB Gewährleistungsbestimmungen zu achten (Doppelberücksichtigung von Ansprüchen aus dem variablen Kaufpreis und anderen Ansprüchen sollten vermieden werden).

KAUFPREISSICHERSTELLUNG. Insbesondere im Rahmen des Erwerbs krisengeschüttelter Unternehmen/Assets sollte dem Vertragsteil „Kaufpreissicherung“ erhöhtes Augenmerk geschenkt werden. Der Verkäufer will meist nur gegen sofortige Leistung des vollen Kaufpreises sein Unternehmen/Asset übertragen. Dem gegenüber will der Käufer den ganzen Kaufpreis erst nach Ablauf der vollen Gewährleistungsfrist zahlen. Eine Lösung dieser Pattsituation kann neben Kaufpreiseinbehalten oder Haftungsrücklässen die Bestellung eines Treuhänders bieten. Ein gewisser „greifbarer“ Haftungsfonds sollte jedenfalls geschaffen werden. Können sich die Parteien in weiterer Folge über das Ausmaß der Preisminderung aufgrund eines aufgetretenen Mangels nicht einigen, entscheidet (mangels anderer Vereinbarung) das ordentliche Gericht (oder Schiedsgericht) über die Werthaltigkeit des Anspruches.
Weniger ist oft mehr. Oft verlangen meist ungeübte Berater in M&A-Prozessen unnötigerweise sehr umfassende und generelle Kataloge an Gewährleistungszusagen durch den Verkäufer. Professioneller und wirkungsvoller sind gezielte und nachvollziehbare Gewährleistungsbestimmungen; diese erschweren der Gegenseite ein Ablehnen dieser Forderungen und ermöglichen eine effiziente Diskussion über wirtschaftlich relevante Aspekte des Deals.

Damit die vertraglichen Gewährleistungsbestimmungen auch ihre Wirkung entfalten, sollte vertraglich geregelt werden, dass das gesetzliche Gewährleistungsregime vollumfänglich (insbesondere auch hinsichtlich der Rechtsfolgen eines Verstoßes) ausgeschlossen wird und dass neben den vereinbarten Zusagen keine weiteren bestehen. Wird auf diese einfache Klarstellung vergessen, hat dies zur Folge dass der Verkäufer eventuell mit nicht antizipierten gesetzlichen Gewährleistungsforderungen (die nicht im Kaufpreis reflektiert sind) konfrontiert werden kann.
Prozessuale Brille  nicht vergessen. Regelmäßig wird auf die materiellen Gewährleistungs- und Haftungsbestimmungen fokussiert. Mindestens genauso wichtig  sind jedoch die Regelungen der Rechtsfolgen von Vertragsverletzungen sowie Schadensminderungspflichten, Beweislastpflichten, etc. Auch wenn die Rechtsfolgen betraglich beschränkt werden (ua mit Floors und Caps), wird die sorgfältige und überlegte Ausarbeitung der zeitlichen und auf einen bestimmten Wissenstand eingeschränkten Haftungsbegrenzung oft unterlassen. Insb. Fristen binnen welcher Ansprüche geltend gemacht werden können, sollten hinreichend überlegt werden. All diese Punkte sind im Ernstfall entscheidend und müssen bei Konflikten vor Gericht gelöst werden. Vertragsbestimmungen sollten daher immer vor dem Hintergrund der prozessualen Durchsetzbarkeit und Praktikabilität dieser Durchsetzung kritisch beurteilt werden.

TIPP FÜR DIE PRAXIS. Vor dem Erwerb eines Unternehmens oder wesentlichen Unternehmensteiles (Assets) sollte eine der Transaktion entsprechende professionelle Unternehmensprüfung/Due Diligence durchgeführt werden, deren Ergebnisse dann in die Vertragsverhandlungen zielgerichtet einfließen sollen. Bereits vor den Erstgesprächen sollten sich Entscheidungsträger jeweils intern (auch unter Beiziehung eines M&A Experten) neben dem Preis auch über die sonstigen wesentlichen Themen des Unternehmenskaufvertrages wie ua Art des Kaufpreises (fix oder variabel) und der Kaufpreissicherstellung, Ausmaß von Zusicherungen und Gewährleistungen, Rechtsfolgen bei Haftungsfällen etc. informieren. Im Rahmen der Vertragsverhandlungen sollte auf prozessual oder wirtschaftlich durchsetzbare Bestimmungen geachtet werden und dem Gegenüber Verhandlungserfolge, die ausschließlich auf dem Papier überzeugen, im Härtefall jedoch nicht durchsetzbar sind, überlassen werden.

Dr. Robin L. Lumsden, LL.M.
r.lumsden@fplp.at

Foto: Walter J. Sieberer

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