Andreas Balog ist Gründer und im Vorstand der VUJ, der Vereinigung der österreichischen Unternehmensjuristen, weiters Geschäftsführer des österreichischen Samariterbundes und zu Gast bei wirtschaftsanwälte.at
Herr Mag. Balog, als Unternehmensjurist ist man mit vielen rechtlichen Themen beschäftigt – wie Vertragsrecht, Internationales Wirtschaftsrecht, IP, IT, Datenschutz etc. Was sind die besonderen Herausforderungen für Unternehmensjuristen?
Balog: Es sind natürlich viele Rechtsgebiete, wo man Überblickswissen benötigt. Wir haben uns zum Beispiel letztes Jahr mit den Kollegen Kollar, Martinez und Pichler die Aufgabe gestellt ein Buch herauszubringen, wo wir das Notwendige, was wir im Unternehmen oder für die Beratung im Unternehmen im Rechtsbereich brauchen verdichten wollten.
Wir wollten es eigentlich möglichst knapp halten, am Ende sind es über 60 Autoren und fast 1300 Seiten geworden. Also man sieht die Rechtsthemenvielfalt ist schon mal eine Große. Dazu kommt noch, dass auch unabhängig von Rechtsthemen – interdisziplinäres Wissen und Kenntnisse im Bereich Leadership, Legal Tech, ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit, Kompromissfähigkeit, Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre – auch noch andere Themen im Repertoire eines Unternehmensjuristen, einer Unternehmensjuristin sein sollten.
Grundsätzlich muss man sagen, auch der Beruf der UnternehmensjuristIn ist recht breit, das hängt natürlich auch von der Branche und von der Größe eines Unternehmens ab, da spannt sich der Bogen von großen Konzernen, mit Rechtsabteilungen bis zu 30 Mitarbeiterinnen hat, einen General Council, Spezialistinnen und GeneralistInnen bis hin zu Stand-alone UnternehmensjuristInnen.
Was für alle der Druck ist, ist mit der gleichen Mitarbeiterzahl mehr Leistung zu erbringen – Stichwort Effizienzsteigerung. Also mit weniger mehr zu machen, dies ist die Entwicklung, die wir im Moment gerade besonders verstärkt wahrnehmen.
Wann benötigt man als UnternehmensjuristIn externe Berater wie RechtsanwältInnen, NotarInnen, Steuerberaterinnen?
Wir arbeiten sehr eng mit unseren Partnern, vor allem mit WirtschaftsanwältInnen, mit NotarInnen und mit Steuerberaterinnen zusammen. Die vielen Beweggründe wie die spezifische Fachkenntnis, die im Unternehmen bei einem Thema oft gar nicht vorhanden ist. Die andere Seite ist, dass einfach die bestehenden Ressourcen überlastet sind, also ein quantitatives Thema.
In manchen Bereichen haben wir ja auch eine Pflicht – sei es jetzt zum Beispiel beim Zivilprozess oder wenn man notarielle Beglaubigungen oder Privatakte benötigt. Oft kommt auch das Thema Haftung ins Spiel, bei besonders haftungsträchtigen, großen Angelegenheiten arbeitet man auch gern Hand in Hand mit externen Partnern.
Thema KI?
Das Thema Effizienzsteigerung ist omnipräsent und dadurch ist auch das Thema Digitalisierung und KI am Tisch. Wir haben festgestellt, dass KI angekommen ist, auch in der Breite, dass mehr Akzeptanz herrscht, vor allem im Bereich Legal Research oder auch im Bereich Textzusammenfassung, Textanalyse, Texterstellung. Stichwort ChatGPT und Microsoft Copilot.
Wir sehen schon einen viel breiteren Anwendungsbereich und sicher auch noch Luft nach oben, die nächsten Jahre werden da ganz spannend. Was wichtig erscheint ist, dass man auch bei der Implementierung darauf achtet, dass man sich dafür Zeit nimmt, dass man die Anwender schult und dass man auch aus Anwendersicht Kompetenzen aufbaut, vor allem im Bereich Prompting. Also wie stelle ich die Frage richtig um das gewünschte Ergebnis zu erlangen. Und zweitens auch die Validierung der Ergebnisse der KI generierten Inhalte. Also das sind 2 Fähigkeiten, die in Zukunft sicher verstärkt gefragt sein werden.
Wird KI im Samariterbund genutzt?
Wir sehen ein großes Potenzial, insbesondere im Sinne Prozessoptimierung und Effizienzsteigerung. Einerseits nutzen wir es im Backoffice, im Bereich Textzusammenfassung, Texterstellung, für Präsentationen – Stichwort ChatGPT und Microsoft Copilot.
Dann haben wir in unserer Forschung und Entwicklung einen Schwerpunkt „Erste Hilfe Kurse mit VR Brillen“ zu entwickeln. Auch da kommt KI immer wieder ins Spiel, zum Beispiel haben wir für die Burgenland Energie letztes Jahr, „Sicherheit am Dach“ Schulungen entwickelt, mit VR Brille mit Desktopunterstützung.
Da wurde realisiert, dass die meisten der Monteure nicht Deutsch sprechen können – und die Übersetzung in 5 Sprachen mit KI zur Anwendung kam. Das ist also auch ein Anwendungsfall. Und im Moment sind wir gerade dabei einen Chatbot zu entwickeln, damit wir alle Kundenanfragen – sei es telefonisch, sei es über die Website – automatisch kanalisieren können. Das betrifft aber natürlich nicht den Rettungsdienst und kritische Anfragen.
Die VUJ – Vereinigung der österreichischen Unternehmensjuristinnen – wie viele Unternehmensjuristinnen sind denn da dabei und wie wird man eigentlich Mitglied?
Wir sind im Moment schon mehr als 400 Kolleginnen und Kollegen in der Vereinigung österreichischer Unternehmensjuristinnen, die einen recht breiten Bogen sowohl branchenmäßig, regional oder auch größenmäßig spannen. Wir haben zum einen mehr als die Hälfte der im ATX gehandelten Unternehmen repräsentiert, wir haben General Councils aus Zweigniederlassungen von internationalen Großkonzernen, österreichischer Produktionsunternehmen, aber auch recht viele Stand Alone UnternehmensjuristInnen aus dem KMU Bereich.
Mitglied werden – am besten auf unsere Homepage gehen: www.vuj.at . Die Anforderungen sind im Wesentlichen: ein abgeschlossenes Studium der Rechtswissenschaften, eine Anstellung in einem Unternehmen und die Tätigkeit muss überwiegend juristischer Natur sein, ohne dabei Dritte zu beraten.
Und wie sehen Sie die Anforderungen an UnternehmensjuristInnen in der Zukunft?
Ich glaube, neugierig bleiben und lebenslang lernen. Das betrifft nicht nur UnternehmensjuristInnen.
Aber dazu ist auch wahrscheinlich der Arbeitgeber gefragt – ein agiles Umfeld zu schaffen und auch eine Fehlerkultur zu etablieren, wo man neue Dinge in geschützten Räumen, Learning by doing, erarbeiten kann.
Da Wissen, das man nicht anwendet, auch kein richtiges Wissen darstellt. Also Erfahrungswissen ist extrem wichtig und hilft Dinge wirklich zu verstehen.
Nicht nur der Arbeitnehmer wird in der Zukunft gefragt zu agieren sondern auch der Arbeitgeber, wird ein Umfeld schaffen müssen, damit die Leistung auch den Erwartungen entspricht.
Danke für das interessante Interview.