Kaptialmarktprospekte: Erleichterungen bei der Wachstumsfinanzierung in Sicht

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RA Mag. Gernot Wilfling ist Partner bei Müller Partner Rechtsanwälte und leitet die Praxisgruppe Kapitalmarktrecht.

Beim Wort „Prospektpflicht“ zucken vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die ihr Wachstum finanzieren wollen, regelmäßig zusammen.

Kein Wunder: Der mit (bei öffentlichen Angeboten von Wertpapieren oder Veranlagungen erforderlichen) Kapitalmarktprospekten verbundene Aufwand ist vor allem bei kleineren Angebotsvolumina unverhältnismäßig hoch. Der österreichische Gesetzgeber hat kürzlich einen Entwurf zur Änderung von Kapitalmarktgesetz (KMG) und Alternativfinanzierungsgesetz (AltFG) in Begutachtung geschickt, der hier Abhilfe schaffen soll.

Das AltFG, oft auch als „Crowdfunding-Gesetz“ bezeichnet, brachte zwar schon 2015 deutliche Erleichterungen: Bis zu einem Angebotsvolumen von EUR 1,5 Millionen können Emittenten unter Umständen bereits jetzt Finanzinstrumente öffentlich auch an Kleinanleger anbieten, ohne einen Kapitalmarktprospekt erstellen zu müssen. Stattdessen reicht ein Informationsblatt, das – anders als Kapitalmarktprospekte – nicht von der Finanzmarktaufsicht gebilligt werden muss, sondern etwa auch von einem Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer oder Notar geprüft werden kann. Das AltFG gilt derzeit allerdings nur für KMU-Emittenten, die Gelder für ihre operative Tätigkeit aufnehmen wollen. Ob sich auch gemeinnützige Organisationen auf das AltFG stützen können, ist völlig unklar. Zudem gilt das AltFG derzeit nur für einen eingeschränkten Kreis an sogenannten „alternativen Finanzinstrumenten“, der nicht nur willkürlich gewählt erscheint, sondern de facto Emittenten häufig in qualifizierte Nachrangdarlehen drängt (ein mE nicht übermäßig anlegerfreundliches Finanzinstrument).

Künftig soll sich dies ändern. Das AltFG mit seinem doch recht einfach zu bewältigendem Informationsregime soll bereits ab Sommer 2018 für sämtliche Emittenten und sämtliche Finanzinstrumente gelten. Insgesamt ergibt sich – kombiniert mit den diversen Ausnahmetatbeständen und sonstigen Erleichterungen nach KMG – künftig folgendes Prospektregime:

  • Wer Wertpapiere oder Veranlagungen mit einem Angebotsvolumen von weniger als EUR 250.000 öffentlich anbietet, braucht weder einen Prospekt, noch ein Informationsblatt.
  • Zwischen EUR 250.000 und (weniger) EUR 2 Millionen Angebotsvolumen können sowohl Wertpapiere, als auch Veranlagungen auf Basis eines Informationsblatts nach AltFG angeboten werden. Interessant ist hier, dass die EUR 2 Millionen-Grenze zwar immer über einen 12-Monats-Zeitraum zu berechnen ist, aber für Wertpapiere und Veranlagungen getrennt. Dies bedeutet, dass man etwa durch eine knapp EUR 2 Millionen schwere Aktienemission und eine knapp EUR 2 Millionen schwere Nachrangdarlehensemission über einen 12-Monats-Zeitraum bis zu knapp EUR 4 Millionen ohne Prospekt einwerben kann.
  • Für Angebote zwischen EUR 2 Millionen und weniger EUR 5 Millionen können Emittenten den vereinfachten Prospekt gemäß Schema F verwenden (siehe dazu im Detail Wilfling/Friedl, Der vereinfachte Kapitalmarktprospekt, Anwalt aktuell 2015/05).
  • Ab EUR 5 Millionen besteht „echte“ Prospektpflicht.

Die Gesetzesinitiative ist schon deshalb zu begrüßen, weil damit die derzeit bestehende, enorme Komplexität des nationalen Prospektrechts deutlich reduziert wird. Zudem werden unsachgerechte Differenzierungen beseitigt. Berücksichtigt man noch die von der Bundesregierung bereits angekündigte Wiedereröffnung des Dritten Markts der Wiener Börse, kann man durchaus befinden, dass das regulatorische Kapitalmarktumfeld in Österreich wieder spürbar freundlicher wird.

Foto von Mag. Gernot WILFLING
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