Der bis 1.1.2016 geltende Untreuetatbestand war aufgrund vieldiskutierter Urteile umstritten, nun wurde er neu geregelt, Unklarheiten gibt trotzdem es weiterhin.
Entscheidungen wie Libro oder Styrian Spirit haben dazu beigetragen, dass auf Führungsebene Angst und Unsicherheit herrschen. Manager befürchten, trotz „normalem wirtschaftlichen Handeln“, mit einem Fuß im auf dünnem Eis zu stehen. Bei beiden Entscheidungen wurde der wissentliche Befugnismißbrauch der jeweiligen Machthaber (Geschäftsführer, Aufsichtsräte etc.) und auch das Vorliegen eines Vermögensnachteils zu Lasten des Machtgebers (also der Gesellschaft, für die gehandelt wird) und damit strafrechtliche Untreue bejaht.
Mit der Neuregelung der „Untreue“ sollte Klarheit geschaffen werden, welche wirtschaftlich alltäglichen Handlungen vertretbar sind und welche einen Befugnismißbrauch darstellen und damit möglicherweise strafrechtlich relevant sein könnten. Untreue wird immerhin mit einer Höchststrafe von bis zu zehn Jahren geandet.
Wann liegt nun Untreue vor?
Auf Basis eines in letzter Minute eingebrachten Initiativantrages, folgte das groß angepriesene Strafrechtsänderungsgesetz 2015, welches zu einer Beruhigung auf Führungsebene führen sollte. Aber bis auf die Einführung weiterer, teilweise noch undeutlicherer, Begriffe ist scheinbar nicht viel geschehen. Das System ist gleich geblieben. Untreue ist weiterhin bei einem wissentlichen Befugnismißbrauch, der zu einer Schädigung des Machtgebers führt, gegeben.
Keine Klarstellung
Erklärtes Ziel war u.a. die Definition des Befugnismißbrauchs. Statt einer Konkretisierung wurden neue Begrifflichkeiten aufgenommen: Es liegt nunmehr ein Befugnismißbrauch vor, wenn “in unvertretbarer Weise gegen solche Regeln verstoßen wird, die dem Vermögensschutz des wirtschaftlich Berechtigten dienen”. Aus den Materialien ergibt sich, dass eigentlich damit klargestellt werden sollte, dass bei Handlungen innerhalb eines Ermessensspielraumes bzw. bei riskanten Geschäften, die sich ex-post als schädigend erweisen, nicht per se ein Missbrauch vorliegen soll. Es sollte erreicht werden, dass unternehmerische Entscheidungen, welche nicht von sachfremden Interessen und auf Grundlage angemessener Information getroffen wurden, zum Wohl der Gesellschaft gefällt und damit strafrechtlich nicht relevant sind.
Der Gesetzgeber differenziert seit 1.1.2016 zwischen vertretbaren und unvertretbaren Regelverstößen. Eigentlich überflüssigerweise, bringt doch das Wort „Missbrauch“ ausreichend zum Ausdruck, dass eine Handlung unvertretbar und damit nicht zu rechtfertigen wäre. Die ersehnte Klarstellung, dass ein Missbrauch dann nicht vorliegt, wenn der Machtgeber oder der wirtschaftlich Berechtigte der Vertretungshandlung zugestimmt hat, wurde im Gesetzestext hingegen nicht umgesetzt.
Empfehlenswert erscheint daher, im Hinblick auf die Nachweisbarkeit der Vertretbarkeit seiner Entscheidung, eine verstärkte Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen, wie etwa Darstellung der pro- und contra Argumente, der Geschäftsaussichten, die in die Überlegungen einbezogen wurden, Ausarbeitung von Leitlinien, Kommunikation und Information auf Führungsebene und generell genügend Transparenz.
Weitere Problematik
Ebenfalls kritisch anzumerken ist, dass während für natürliche Personen schon seit jeher völlig klar ist, dass diese in Vermögensschädigungen einer von ihr bevollmächtigten Person unbeschränkt einwilligen können, ist dies trotz Neuregelung für Kapitalgesellschaften auch seit 1.1.2016 weiterhin offen. Zielführender wäre, wenn der Gesetzgeber eine Klarstellung zur Frage der Auswirkungen der Einwilligung des Machtgebers auf das Vorliegen eines Befugnismißbrauchs getroffen hätte.
Die darauf aufbauende – praktisch ebenfalls brisante – Fragestellung, ob für eine derartige Zustimmung ein Mehrheitsbeschluss ausreicht oder ob immer Einstimmigkeit in den Versammlungen der Gesellschafter gefordert ist, bleibt ebenfalls ein Graubereich.
Resümee
Durch Ersetzung eines unbestimmten Gesetzesbegriffes durch einen anderen, kann es. keine Beseitigung der Unsicherheit geschaffen werden. Eine verstärkte anwaltliche Beratung wird unumgänglich sein.
Foto / Redaktion: Katarina Holik
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