M&A: DO’s and DONT’s in der Vertragsgestaltung

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Kein Unternehmen gleicht dem anderen. Selbst Unternehmen aus der gleichen Branche und vergleichbarer Größe entwickeln sich aufgrund unterschiedlicher Unternehmensführung und Eigentümerinteressen regelmäßig sehr unterschiedlich. Der Verkauf bedarf daher eines maßgeschneiderten Unternehmenskaufvertrags.

Bestimmte grundsätzliche Fragen stellen sich im Zusammenhang mit der Erstellung von Unternehmenskaufverträgen regelmäßig unabhängig von dem konkreten Kaufobjekt und unabhängig davon, ob es sich um einen Share Deal oder Asset Deal handelt.
Scheinbar einfache Antworten auf einzelne dieser Fragen beleuchten wir im Folgenden kritisch.

„Die Gegenseite soll den ersten Vertragsentwurf erstellen, das kommt günstiger“

Rasch nach der grundsätzlichen Einigung der Vertragsparteien, einen Unternehmens(ver)kauf ernsthaft zu überlegen, stellt sich die Frage, ob der potentielle Käufer oder Verkäufer seinen Vorschlag für den Unternehmens(ver)kauf in einem Vertragsentwurf darstellt und der anderen Vertragspartei zur Begutachtung und als Ausgangspunkt der Vertragsverhandlungen übermittelt.
Üblicherweise erstellt der potentielle Käufer den Erstentwurf des Kaufvertrags. Die dahinterstehende Überlegung ist, dass der potentielle Käufer den frustrierten Aufwand für die Vertragserstellung trägt, sollte der Verkäufer bereits in diesem Stadium erkennen, dass ein Verkauf zu den vom Käufer vorgeschlagenen Bedingungen für ihn nicht in Frage kommt. Lediglich im Bieterverfahren, in dem der Verkäufer in einem strukturierten Verfahren aus mehreren Interessenten den Bestbieter ermitteln will, erstellt der Verkäufer den Erstentwurf des Kaufvertrags, um eine bessere Vergleichsmöglichkeit der Bieterangebote zu wahren.
Ist unklar, wer den Vertrag erstellen soll, reduziert die Erstellung des Erstentwurfs durch die Gegenseite regelmäßig weder Aufwand noch Kosten: Die vollständige Überarbeitung eines Vertragsentwurfs ist mindestens so aufwendig wie die Erstellung des Vertragsentwurfs selbst. Gerade wenn die Vertragspartei oder der beigezogene Rechtsanwalt über einschlägige M & A Erfahrung verfügen, ist die Verwendung des eigenen, bekannten Vertragsmusters als Ausgangspunkt der Vertragserrichtung ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Man ist „Herr des Vertrags“ und muss sich nicht zusätzlich mit dem oft erheblich unterschiedlichen und daher ungewohnten Konzept und Aufbau eines Vertragsentwurfs der Gegenseite auseinandersetzen.

„Den Kaufpreis fixieren wir am Beginn der Verhandlungen, der restliche Vertragsinhalt ist nur Beiwerk“
Wird der Kaufpreis vor Beginn der detaillierten Vertragsverhandlungen zwischen den Vertragsparteien fixiert, entspricht der Kaufpreis der Unternehmensbewertung zum Zeitpunkt der Einigung. Spätere Erkenntnisse und Unternehmensentwicklungen lassen sich dann ebenso wenig berücksichtigen wie unterschiedliche Erwartungen an den Umfang von Garantieversprechen über das Kaufobjekt. Wird der Unterschied zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und solchen Erkenntnissen bzw Unternehmensentwicklungen für eine Vertragspartei zu groß, heißt es zurück zum Start oder das Vorhaben scheitert.

Eine endgültige Festlegung des Kaufpreises am Schluss der Verhandlungen hat für den Käufer daher den Vorteil, die zB im Garantiekatalog erfolgte einvernehmliche Risikoverteilung angemessen auch im Kaufpreis berücksichtigen zu können. Zusätzlich sollten im Kaufvertrag Regelungen zur Kaufpreisanpassung vorgesehen werden, wenn zwischen Signing und Closing zB auf Grund der Notwendigkeit zur Einholung behördlicher Genehmigungen für den tatsächlichen Unternehmensübergang ein mehrwöchiger Zeitraum liegt. Regelmäßig vereinbaren die Vertragsparteien für diesen Fall eine rückwirkende Erstellung von Closing-Accounts zum Zeitpunkt der tatsächlichen Anteilsübertragung, die für die Berechnung des endgültigen Kaufpreises herangezogen werden. Je nach Entwicklung des Unternehmens bis zu diesem Closing Tag steigt bzw sinkt der Kaufpreis entsprechend. Der Verkäufer trägt dann bis zum tatsächlichen Übergang des Unternehmens an den Käufer am Closing Tag je nach Ausgestaltung des Unternehmenskaufvertrags das gesamte oder einen Teil des unternehmerischen Risikos.

„Garantien: Neben Garantien zum Erwerb unbelasteten Eigentums ist eine Bilanzgarantie ausreichend, denn in der Bilanz ist alles Wesentliche enthalten“
Herzstück eines Garantiekatalogs in Unternehmenskaufverträgen sind die Garantien zur Übertragung unbelasteten Eigentums und die Bilanzgarantie. Mit der Bilanzgarantie garantiert auch der Verkäufer als Gesellschafter – je nach Ausgestaltung – zumindest die Richtigkeit der vom Unternehmen erstellten Jahresabschlüsse. Zusätzlich finden sich in üblichen Garantiekatalogen weitreichende, für das jeweilige Unternehmen spezifische Garantieversprechen des Verkäufers, der für die Erfüllung der Garantien idR bis zur Höhe des erhaltenen Kaufpreises oder eines vereinbarten geringeren Bruchteils mit seinem gesamten Vermögen haftet. Solche Garantieversprechen gehen über die im Jahresabschluss enthaltenen Inhalte hinaus und umfassen zB die Absicherung eines bestimmten Zustands des Unternehmens oder einzelner Vermögenswerte ebenso wie Garantien zur Einbringlichkeit von Forderungen, zum Fortbestand von bestimmten Schlüsselverträgen mit Lieferanten oder Kunden sowie Negativerklärungen, wonach durch den laufenden Betrieb des Unternehmens keine Gesetzesverletzungen erfolgen (Compliance).

„Garantien: Nehmen wir den Garantiekatalog von der letzten Transaktion, das wird schon passen“
Wie bereits Eingangs festgehalten, ist kein Unternehmen gleich, selbst wenn es sich um Unternehmen aus der gleichen Branche oder Unternehmen aus einem Konzern handelt. Entsprechend ist der oft zwischen den Vertragsparteien im Umfang und Inhalt kontrovers diskutierte Garantiekatalog sorgfältig und auf Basis des Ergebnisses der Due Diligence zu erstellen bzw zu überarbeiten. Nachlässigkeiten können fatale Folgen haben und in einem späteren Rechtsstreit zu bösem Erwachen führen. Nicht selten ist dann von Vertragsparteien zu hören: „Hätte ich den Vertrag doch zumindest vor dem Signing noch einmal aufmerksam gelesen und anderen Entscheidungsträgern im Unternehmen ebenfalls zur Durchsicht und Kommentierung vorgelegt“.

Der Boom der streitigen Abteilungen in den Rechtsanwaltskanzleien in den letzten 2 – 3 Jahren ist auch auf die massive Zunahme von (schieds)gerichtlichen Streitigkeiten aus Unternehmenskaufverträgen zurückzuführen. Die überwiegende Mehrzahl dieser (schieds)gerichtlichen Verfahren beinhalten Streitigkeiten im Zusammenhang mit Kaufpreisanpassungsregelungen und Garantiebestimmungen

„Gerichtsverfahren v/s Schiedsverfahren, was ist besser?“
Ob die Vereinbarung eines Schiedsverfahrens zur Streitbeilegung aus einem Unternehmenskaufvertrag einem ordentlichen Gerichtsverfahren vorzuziehen ist, lässt sich nicht für alle Unternehmens(ver)käufe gleich beantworten. Gerade bei grenzüberschreitenden Sachverhalten spricht viel für die Vereinbarung eines Schiedsverfahren an einem neutralen Ort, um „Waffengleichheit“ zwischen den Vertragsparteien zu gewährleisten. Damit kann eine Prozessführung im Land einer Vertragspartei verhindert werden.

Darüber hinaus können die Vertragsparteien durch die Wahlfreiheit bei der Nominierung der Schiedsrichter sicherstellen, dass das Schiedsgericht die notwendige fachspezifische Kompetenz aufweist; Schiedsverfahren dauern in der Regel kürzer als Verfahren vor ordentlichen Gerichten und werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt. Dafür sind die von der unterlegenen Partei zu tragenden Kosten im Schiedsverfahren regelmäßig höher als bei einem Verfahren vor staatlichen Gerichten.

Thomas Schirmer und Florian Khol sind Partner bei Binder Grösswang Rechtsanwälte und beraten in- und ausländische Unternehmenbei der Durchführung von komplexen Unternehmenstransaktionen, wie Mergers & Acquisitions, Übernahmeangeboten, Private Equity Transaktionen, Management-Buy-Outs und Restrukturierungen.

www.bindergroesswang.at

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