Das Budgetbegleitgesetz 2011 hat neben zahlreichen anderen Neuerungen, die im Rahmen der anwaltlichen (Beratungs-)Tätigkeit zu beachten sind (zB Abschaffung der verhandlungsfreien Zeit, keine erstgerichtliche Prüfung von Kostenverzeichnissen ohne Einwendungen, Änderung der Streitwertstufen für Pauschalgebühren, Erhöhung der Eintragungsgebühr im Grundbuch, Änderungen im Privatstiftungsgesetz anlässlich der jüngsten Rechtsprechung), auch bei den Sanktionen im Falle einer Verletzung der Offenlegungspflichten für Kapitalgesellschaften wesentliche Änderungen gebracht.
In Summe hat das Budgetbegleitgesetz unbemerkt von der breiteren Öffentlichkeit – nicht zum ersten Mal – eine Vielzahl von Änderungen gebracht, die deutlich über unmittelbare Budgetmaßnahmen hinausgehen.
Im Bereich der Offenlegungspflichten für Kapitalgesellschaften hat das Budgetbegleitgesetz 2011 zu keinen inhaltlichen Neuerung geführt, sondern die Sanktionen für bereits bestehende Verpflichtungen, die oftmals „übersehen“ wurden, verschärft und das Verfahren zur Verhängung von Zwangsstrafen wegen Verstoßes gegen die Offenlegungspflicht neu geregelt. Der Gesetzgeber sah sich in diesem Bereich zu einer Verschärfung gezwungen, weil weniger als die Hälfte der offenlegungspflichtigen Unternehmen ihren diesbezüglichen Verpflichtungen nachgekommen sind.
Pflicht zur Offenlegung des Jahresabschlusses
Die gesetzlichen Vertreter von Kapitalgesellschaften (und ihnen gleichgestellten Personengesellschaften) haben schon bisher gemäß § 277 Abs 1 UGB den Jahresabschluss und den Lagebericht sowie gegebenenfalls den Corporate Governance-Bericht nach der Behandlung in der Hauptversammlung (Generalversammlung), spätestens jedoch neun Monate nach dem Bilanzstichtag, samt einem allfällig erforderlichen Bestätigungsvermerk oder dem Vermerk über dessen Versagung oder Einschränkung beim Firmenbuchgericht des Sitzes der Kapitalgesellschaft einzureichen. Die Einreichung erfolgt grundsätzlich elektronisch. Für kleine GmbH (§ 221 Abs 1 UGB) sowie mittelgroße GmbH (§ 221 Abs 2 UGB) und kleine und mittelgroße Aktiengesellschaften bestehen Einschränkungen hinsichtlich des Ausmaßes der verpflichtenden Veröffentlichungen. Große Aktiengesellschaften (§ 221 Abs 3 UGB) müssen den Jahresabschluss samt Bestätigungsvermerk zusätzlich im Amtsblatt zur Wiener Zeitung veröffentlichen. Zweck der Offenlegung des Jahresabschlusses ist die Information Dritter, insbesondere der Gläubiger sowie bestehender und potentieller Vertragspartner der Gesellschaft.
Die Offenlegungspflicht trifft alle gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft, unabhängig von der internen Geschäftsverteilung und dem Umstand, dass die Unterfertigung der Einreichung in vertretungsbefugter Zahl ausreichend ist. Kommen die gesetzlichen Vertreter ihrer Pflicht zur Offenlegung nicht nach, so waren sie gemäß § 283 UGB schon bisher vom Gericht durch Zwangsstrafen dazu anzuhalten, wobei diese oftmals nur angedroht und nicht tatsächlich verhängt wurden.
Die Sanktion der Zwangsstrafen schließt darüber hinausgehende sonstige potentielle Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Verletzung der Offenlegungspflicht nicht aus: Nach der Rechtsprechung stellt die Verletzung der Offenlegungspflicht grundsätzlich eine unlautere Handlung im Sinne des § 1 UWG dar, weil vom Schutzzweck der Offenlegungspflicht auch Mitbewerber umfasst sind. Die Verletzung der Offenlegungspflicht kann daher nach Maßgabe des § 1 UWG auch lauterkeitsrechtliche Ansprüche begründen.
Verschärfung der Sanktionen seit 1.1.2011
Durch das Budgetbegleitgesetz 2011 wurde nun sowohl eine Untergrenze für die in § 283 UGB normierten Zwangsstrafen eingeführt (EUR 700,–) als auch deren automatische Verhängung im Wege einer Zwangsstrafverfügung vorgesehen. Das Gericht hat nunmehr zwingend – ohne vorausgehendes Verfahren und ohne Androhung – eine Zwangsstrafe von EUR 700,– durch Strafverfügung zu verhängen, wenn die Offenlegung nicht bis zum letzten Tag der Frist erfolgt. Von der Verhängung einer Zwangsstrafe kann (nur) abgesehen werden, wenn das betreffende Organ offenkundig durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der fristgerechten Offenlegung gehindert war. Die Zwangsstrafe ist wiederholt zu verhängen, soweit die vertretungsbefugten Organe ihren Pflichten nach je weiteren zwei Monaten noch nicht nachgekommen sind. Für mittelgroße Kapitalgesellschaften (§ 221 Abs 2 UGB) erhöhen sich die zu verhängenden Zwangsstrafen auf das Dreifache, für große Kapitalgesellschaften (§ 221 Abs 3 UGB) auf das Sechsfache.
Hat eine Gesellschaft mehrere gesetzliche Vertreter, so kommt es zu einer Kumulation der Zwangsstrafen und es ist unabhängig von der internen Geschäftsverteilung gegen jeden gesetzlichen Vertreter das Zwangsstrafenverfahren einzuleiten. Darüber hinaus ist nach der neuen Rechtslage gleichzeitig auch gegen die Gesellschaft selbst mittels Verhängung von Zwangsstrafen vorzugehen. Im Ergebnis kommt es damit bei einer Verletzung der Offenlegungspflicht zu einem mehrfachen Anfall der Zwangsstrafen.
Die dargestellte Verschärfung der Sanktionen bei Verletzung der Offenlegungspflicht ist mit 1.1.2011 in Kraft getreten und ist grundsätzlich auch auf in der Vergangenheit eingetretene und noch andauernde Verletzungen der Offenlegungspflicht anzuwenden, wobei diese bis 28.2.2011 straffrei nachgeholt werden können (konnten).
Zusammenfassend drohen bei Verletzung der Offenlegungspflicht seit 1.1.2011 deutlich schärfere Sanktionen. Offenlegungspflichtige Gesellschaften und deren Organe sind daher gut beraten, bisherige Versäumnisse bei der Offenlegung nachzuholen und ihren diesbezüglichen Pflichten künftig rechtzeitig nachzukommen.
Dr. Maximilian Weiler, Rechtsanwalt
Jank Weiler Rechtsanwälte, Wien
Foto: Walter J. Sieberer
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