Im Studio: Rechtsanwalt Dr. Clemens Gärner im Interview zum Thema Ehevertrag

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Im Studio von wirtschaftsanwaelte.at: Oft nachgefragt und hier beantwortet. Was kann ich mit einem Ehevertrag regeln, wann ist er sinnvoll und besteht auch in einer reinen Partnerschaft und gemeinsamen Vermögen eine Möglichkeit, im Falle einer Trennung vertraglich vorab alles zu regeln? Da dies auch oft die unternehmerische Seite betrifft, haben wir bei einem Experten für Familien.- und Wirtschaftsrecht nachgefragt.

Zu Gast im Studio bei wirtschaftsanwälte.at ist heute Dr. Clemens Gärner, Experte für Familien und Wirtschaftsrecht und wir sprechen über das Thema Ehevertrag.

Hr. Dr. Gärner, Clemens, was ist überhaupt ein Ehevertrag, macht er Sinn?

Gärner: Dazu muss man wissen, dass die Ehe ja an und für sich nicht nur eine hoffentlich Liebesbeziehung ist, sondern auch eine wirtschaftliche Beziehung darstellt mit gegenseitigen Rechten und auch Pflichten.
Im Laufe einer Ehe funktioniert das normalerweise ganz gut und keiner macht sich viele Gedanken darüber. Einen Stresstest erfährt diese gut gehende Vereinbarung dann, wenn es mal zu einer Trennung oder Scheidung kommt. Dann macht es schon durchaus Sinn, sich zu überlegen, gewisse Dinge zu Regeln, ohne dass man sich in die Hände des Gesetzgebers gibt, der uns dann nämlich sagt wie was zu regeln ist.

Zum Beispiel wird bei einer Scheidung dem Grunde nach die Hälfte des Vermögens das vorhanden ist, geteilt, und zwar auch wenn man schuldlos ist.

Das heißt, wenn man in der Ehe alles richtig gemacht hat und jetzt zum Beispiel als Mann verlassen wird, muss man trotzdem die Hälfte des Vermögens teilen.

Das geht natürlich umgekehrt auch und solche Dinge kann man wirksam im Vorfeld regeln, um sich vor solchen unliebsamen Überraschungen zu schützen – man kann das vergleichen wie mit einer Versicherung. Ich schließe ja auch eine Versicherung ab, damit für den Fall, dass wenn etwas passiert, ich in einer gewissen Weise abgesichert bin, beziehungsweise beide Seiten wissen, was nun passiert.

Welche Dinge kann ich denn in einem Ehevertrag überhaupt regeln?

Also nur wirtschaftliche Sachen – ich kann nicht regeln, dass ich einmal in der Woche mit meinem Partner essen gehen muss oder sonstige persönliche Dinge, sondern rein wirtschaftliche Sachen. Wie zum Beispiel: was passiert mit meinen Ersparnissen, was passiert mit den Gegenständen, die wir gemeinsam brauchen, was passiert mit deinem Auto, was passiert mit einer Liegenschaft, mit einer Wohnung im Fall einer Trennung, wer bekommt diese und wie viel muss ich dem anderen zahlen.

Das sind alles hochspannende Fragen, die schon wahrscheinlich schwierig genug sind, wenn man sich gut versteht, aber fast unmöglich, wenn man sich einmal nicht mehr versteht. Dann kommen die Anwälte ins Spiel und dann gibt es meistens 2 Seiten und mehrere mögliche Argumente und der der Boden ist bereitet für einen langen und sehr, sehr teuren Streit. Das kann ich vermeiden, wenn ich mich im Vorfeld informiere.

Kommen die Paare mit gewissen Vorstellungen und erhalten dann Empfehlungen ab was man doch noch hineinnehmen sollte?

Natürlich gehört zu jeder vertraglichen Gestaltung eine Beratung- die Menschen müssen ja wissen, was man vereinbaren kann, was der Einzelne will und was vor allem am Ende hält.
Ich hatte einmal ein Pärchen in der Kanzlei, die in der Ehe sexuelle Freiheiten vereinbaren wollten. Das ist in einem Ehevertrag nicht vereinbar, denn in Österreich gilt die Treuepflicht, und auf diese ist nicht verzichtbar, auch nicht in einem Ehevertrag. Der Ehevertrag regelt also ausschließlich die wirtschaftliche Seite – was mit Geld, mit Immobilien, mit Aktien, mit Vermögen auf Bankkonten, mit Autos und solchen Dingen passiert.

Was bedeutet eigentlich Treuepflicht oder wo fängt das an?

Die Treuepflicht bedeutet, dass ich meinen Partner körperlich nicht betrügen darf.

Wann macht es eigentlich Sinn einen Ehevertrag abzuschließen?

Am sinnvollsten ist es natürlich vor der standesamtlichen Hochzeit. Man kann aber auch noch nach der Hochzeit einen Ehevertrag vereinbaren. Häufig kommt das vor, wenn während der Ehe große Investitionen geplant sind, z.B. eine Eigentumswohnung, ein Haus, vielleicht eine Erbschaft oder eine Schenkung von dritter Seite oder eine große Veränderung im Vermögen.

Es ist durchaus sinnvoll, auch wenn das vorher nicht der Fall ist, sich auch Gedanken zu machen, was passieren wird, wenn das nicht mehr so toll funktioniert mit der Ehe – dann macht es Sinn einen Ehevertrag zu machen. Auch z. B. während der Ehe – sonst idealerweise vorher, kann man sich einen Ehevertrag gut überlegen – oft ist es vor der Hochzeit auch eine ganz gute Prüfung des wechselseitigen Vertrauens.

Es ist jetzt nichts Romantisches, das man zwar schon dazu sagen, und meistens will es einer mehr als der andere – aber wie gesagt, man muss ja nicht alles regeln. Man kann ja z. B. auch nur einzelne Dinge regeln, vom Unterhalt während der Ehe bis nach der Ehe; über die Vermögensaufteilung, über Liegenschaften und andere Vermögenswerte.

Aber man kann auch nur einzelne Punkte regeln und dieser Vertrag hält grundsätzlich auch. Natürlich kann jeder Vertrag angefochten werden – wir mussten da noch nicht negative Erfahrungen sammeln – aber ja, jeder Vertrag unterliegt einer Sittenwidrigkeitsprüfung. Das heißt, wenn im Zeitpunkt der Trennung das, was damals geregelt wurde (das kann teilweise Jahre oder Jahrzehnte zurückliegen) sittenwidrig wäre, dann kann es vom Gericht angepasst werden.

Es kommt auf die Gestaltung an – das hat mit Erfahrung zu tun, mit Voraussicht; aber hundertprozentig sicher kann es wahrscheinlich niemals sein; aber wir versuchen schon sehr sicher solche Verträge zu gestalten.

Muss ich verheiratet sein, um einen derartigen Vertrag zu schließen oder genügt es, wenn ich in einer Partnerschaft lebe?

Ein Ehevertrag ist per se für die Ehe vorgesehen, da die Eheschließung ja Rechte und Pflichten auslöst. Zum Beispiel ist die Teilung des Vermögens in einer Lebensgemeinschaft nicht vorgesehen, in einer Ehe ist es quasi das Resultat der Ehe. Für Lebensgemeinschaften empfiehlt sich eine ähnliche Vorgehensweise, d. h. es macht durchaus Sinn, wenn sich Konstellationen ergeben, wo es um hohe Investitionen geht, meistens eine Wohnung, ein Haus oder eine Liegenschaft, das vorab zu regeln.
Wenn sich die PartnerInnen einer Lebensgemeinschaft trennen, dann ist es mitunter viel komplizierter, vermögensrechtlich abzuwickeln verglichen mit Ehepartnern, wo ich über einen gewissen gesetzlichen Rahmen verfüge. Bei Lebensgemeinschaften gilt das allgemeine Zivilrecht. Da entstehen bereicherungsrechtliche Ansprüche, vielleicht auch gesellschaftsrechtliche Ansprüche, wenn z. B. eine Gesellschaft bürgerlichen Recht besteht, ohne es zu wissen.

Ich kann nur jedem empfehlen der eine größere Investition vorhat und das nicht alleine macht oder mit jemandem gemeinsam, darüber nachzudenken, was wir tun wenn unsere Lebensplanung anders verläuft.

Kann ich diesen Vertrag dann auch ändern, also einseitig?

Eheverträge werden als Notariatsakt abgeschlossen- das ist die in Österreich strengst mögliche Form. Dabei entsteht ein schriftlicher Vertrag, der von einem Notar wörtlich vorgelesen wird und beide müssen den Vertrag vor diesem Notar unterschreiben. Einseitig abändern kann man das nicht mehr – das geht nur einvernehmlich und in der Form, in der der Vertrag geschlossen wurde.

Vielen Dank für das spannende Interview!

Das Interview führte Redakteurin Ursula Ranft im Studio von wirtschaftsanwaelte.at

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