Trends für Strukturen bei Unternehmenskäufen

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Die Redaktion sprach mit den M&A Experten Michael Kutschera und Michael Lind zu Tipps und Tricks bei der Strukturierung nationaler und grenzüberschreitender M&A Transaktionen. Die beiden Experten sind bei Binder Grösswang Rechtsanwälte tätig und beraten in- und ausländische Unternehmen bei der Strukturierung und Abwicklung komplexer Unternehmenstransaktionen wie Mergers & Acquisitions.

Redaktion: Welche Aspekte sind für eine ideale Transaktionsstruktur unerlässlich?
KUTSCHERA: Ein Patentrezept gibt es natürlich nicht. Bei der Strukturierung einer Transaktion sind stets Kreativität und Erfahrung gefragt. Viel hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Trennt sich zB ein Industrieunternehmen von einem Teilbetrieb am selben Standort, wird für den Erwerber wesentlich sein, wie die bis zum Verkauf innerhalb des Konzerns erbrachten Leistungen dem veräußerten Teilbetrieb in Zukunft zuverlässig und günstig zur Verfügung gestellt werden können. Andererseits wird dem Veräußerer wichtig sein, dass zB die Sicherheit und die Umweltsituation am Standort nicht gefährdet werden. Sind die mit einer Transaktion angestrebten Ziele klar festgelegt, lässt sich in aller Regel eine gute Lösung finden.

Redaktion: Können Käufer mit bestimmten Transaktionsstrukturen sicherstellen, dass ihre Investition werthaltig ist?
LIND: Zum einen gibt es dafür die klassischen Mittel der gründlichen Due Diligence und der Absicherung durch entsprechende Garantien und Gewährleistungen im Kaufvertrag. Zum anderen ist es für Käufer häufig wichtig, dass nicht das gesamte mit dem kaufgegenständlichen Unternehmen verbundene wirtschaftliche Risiko sofort übergeht. Dafür gibt es eine Reihe von Strukturen. Ein Beispiel dafür sind Earn Out Modelle, bei denen ein Teil des Kaufpreises nur dann bezahlt wird, wenn das kaufgegenständliche Unternehmen in den auf den Verkauf folgenden Jahren Gewinne in vereinbarter Höhe erwirtschaftet. Bei Private Equity Transaktionen ist auch ein sogenannter Vendor’s Loan nicht unüblich, dh ein Kredit des Verkäufers an das Akquisitionsvehikle des Käufers, der nur dann rückzahlbar ist, wenn das kaufgegenständliche Unternehmen entsprechende Dividenden an das Akquisitionsvehikel des Käufers ausschüttet. Dennoch gilt auch bei der besten Struktur, dass mit einer Akquisition stets eine Reihe von Risiken verbunden sind.
KUTSCHERA: In bestimmten Branchen ist der wirtschaftliche Erfolg eines Unternehmens im besonderen Maße von der Mitwirkung und dem Einsatz bestimmter Personen abhängig. In solchen Fällen ist es entscheidend, dass es dem Erwerber gelingt, das Management und andere Schlüsselmitarbeiter langfristig an das Unternehmen zu binden. Hier sind kreative Lösungen gefragt. Beispiele dafür sind Minderheitsbeteiligungen der Geschäftsführung, intelligent gestaltete Bonusvereinbarungen und Mitarbeiterbeteiligungsprogramme.

Redaktion: Welche besonderen Herausforderungen stellen sich bei der Strukturierung grenzüberschreitender Transaktionen?
KUTSCHERA: Die gewählte Struktur muss mit dem Rechts- und Steuerrahmen sämtlicher involvierter Jurisdiktion vereinbar sein. Das kann beispielsweise schwierig sein, wenn kontinentaleuropäische Strukturen auf anglo-amerikanische Rechtskonzepte stoßen, die sich in vielen Fragen von einander unterscheiden. Wichtig ist auch, den Zeitplan für die Umsetzung solcher Transaktionen zunächst festzulegen und dann genau einzuhalten. Die Fortführung der Transaktion in einem Land hängt häufig davon ab, dass bestimmte Aspekte in einem anderen Land erfolgreich abgeschlossen werden konnten.
LIND: Besondere Probleme stellen sich, wenn einer grenzüberschreitenden Transaktion nicht ausschließlich Vereinbarungen zugrunde liegen, die großteils der Vertragsfreiheit unterliegen, sondern auch gesellschaftsrechtliche Vorgänge einschließen, wie etwa Umgründungen oder Kapitalerhöhungen. Dann ist die Gestaltungsfreiheit vor allem zum Schutz von Gläubigern und Minderheitsaktionären eingeschränkt.

Redaktion:Welche Transaktionsformen hat die Finanzkrise hervorgebracht oder verstärkt?
LIND: Zu vielen Transaktionen, die seit dem Beginn der Finanzkrise erfolgten, passt das Schlagwort forced sale, wenngleich damit sehr unterschiedliche Fälle gemeint sein können. Zum einen sind damit jene Fälle angesprochen, bei denen das kaufgegenständliche Unternehmen vor der Insolvenz steht und ein neuer Eigentümer gesucht wird, der Eigenkapital bereitstellt, weil der bisherige dazu nicht bereit oder in der Lage ist (sog. distressed M&A). Zum anderen sind Unternehmen häufig gezwungen, einzelne profitable Teilbetriebe zu veräußern, um ihre Schulden verringern zu können, obwohl keine sonstigen wirtschaftlichen Gründe für einen Verkauf sprechen. Weitere Formen des forced sale sind jene, bei denen Unternehmensteile aufgrund staatlicher oder europäischer Auflagen veräußert werden müssen. Beispielsweise sind bestimmte, vom Staat vor der Insolvenz gerettete Banken aus beihilferechtlichen Gründen verpflichtet worden, Unternehmensteile zu veräußern. Damit vergleichbar sind auch Fälle, bei denen die Kartellbehörden eine Transaktion nur unter der Auflage des Verkaufs von Unternehmensteilen genehmigen, um so Wettbewerb in der jeweils betroffenen Branche im notwendigen Ausmaß sicherstellen zu können. Diese Form des forced sale ist freilich unabhängig von der Finanzkrise.

Redaktion: Was ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Umsetzung geplanter Transaktionsstrukturen?
KUTSCHERA: Jede Transaktion hat individuelle Facetten, für die neue Lösungen gefunden werden müssen. Daher sind ein gutes Verständnis für das jeweils wirtschaftlich Gewollte sowie die Durchdringung der sich konkret stellenden rechtlichen Fragen unerlässlich. Insbesondere bei großen Transaktionen ist auch ein klarer Aufbau der Vertragstexte entsprechend dem jeweils geplanten Ablauf wesentlich. Nur so kann sichergestellt werden, dass bei der Umsetzung sämtliche Aspekte berücksichtigt werden und die Umsetzung planmäßig verläuft
Redaktion: Danke für das Interview.

Dr. Michael Kutschera, M.C.J. (NYU), Dr. Michael Lind, LL.M. (London)

www.bindergroesswang.at

Foto: v.l.n.r.: Kutschera,  Lind © Walter J. Sieberer

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