Vergaberecht III: Keine Fehler in der Angebotsphase!

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VIER TEILE: Bieter sind oft damit konfrontiert, dass sie zwar das billigste bzw. beste Angebot gelegt haben, in der Folge aber ihr Angebot wegen eines Angebotsmangels ausgeschieden wird. Welche Fehler zum Ausscheiden eines Angebotes führen, dazu Dr. Bernhard Kall im 3. Teil der Serie.

Obwohl in § 129 Bundesvergabegesetz klar festgehalten wird, welche Fehler zum Ausscheiden eines Angebotes führen, weisen Angebote immer wieder (vermeidbare) Fehler auf.

Widersprechend.
Bieter legen zum Beispiel nach wie vor Angebote, die der Ausschreibung widersprechen. Ein der Ausschreibung widersprechendes Angebot liegt vor, wenn der Bieter in seinem Angebot erklärt, den zu vergebenden Vertrag nicht zu den Bedingungen der Ausschreibung, sondern zu anderen Bedingungen abschließen zu wollen. Ob ein Widerspruch vorliegt, ist anhand der jeweiligen Ausschreibung zu prüfen. Angebote, die der Ausschreibung widersprechen, sind keiner Verbesserung zugänglich. Diese sind ohne Verbesserungsversuch zwingend auszuscheiden. Eine häufige Fehlerquelle in diesem Zusammenhang ist das Begleitschreiben zum Angebot. Oft wird im Begleitschreiben aufgenommen, dass das Angebot unter bestimmten Bedingungen gelegt wird. So zum Beispiel, dass die Vertragsbedingungen der Ausschreibung eingeschränkt werden oder der Bieter andere Liefer- und Zahlungsfristen bzw. Bedingungen anbietet. Für Bieter gilt: Der Bieter ist verpflichtet, das Angebot auf Basis der Ausschreibung zu erstellen. Das Angebot darf nicht von der Ausschreibung abweichen. Die Leistung ist so anzubieten, wie sie der Auftraggeber ausgeschrieben hat. Unzulässig ist es daher z.B., einen Prototypen anzubieten, wenn in der Ausschreibung eine erprobte Lösung gesucht wird. Auch das Anbieten eines Pauschalpreises, wenn in der Ausschreibung ein Angebotspreis in Form eines prozentuellen Abschlags auf die Herstellungskosten gefordert wird, ist unzulässig.

Unvollständig und fehlerhaft.
In vielen Fällen legen Bieter unvollständige und/oder fehlerhafte Angebote. Unvollständig ist ein Angebot, wenn in der Ausschreibung geforderte Unterlagen oder Angaben fehlen oder zum Beispiel Teile der ausgeschriebenen Leistung nicht angeboten werden. Fehlerhaft in ein Angebot dann, wenn es zwar nicht den Ausschreibungsbedingungen widerspricht, aber sonst mangelhaft ist. Fehlerhafte und unvollständige Angebote sind im Gegensatz zu Angeboten, die der Ausschreibung widersprechen, unter bestimmten Vorraussetzungen nur mit einem behebbaren Mangel behaftet und daher einer Verbesserung zugänglich. Im Falle eines unbehebbaren Mangels ist der Auftraggeber verpflichtet, das Angebot ohne Gewährung einer vorhergehenden Verbesserungsmöglichkeit auszuscheiden. Bei der Abgrenzung zwischen behebbaren und unbehebbaren Mängeln ist nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes darauf abzustellen, ob durch eine Mängelbehebung die Wettbewerbsstellung des Bieters gegenüber den Mitbewerbern wenn auch nur materiell verbessert wird. Als behebbarer Mangel wurde unter anderem das Nichtausfüllen des Schlussblattes im Leistungsverzeichnis qualifiziert, wenn der Gesamtpreis feststeht. Die in der Ausschreibung geforderte firmenmäßige Fertigung des Angebots ist ebenfalls als ein behebbarer Mangel zu qualifizieren. Ein unbehebbarer Mangel liegt hingegen unter anderem dann vor, wenn bei Angebotsabgabe das geforderte Vadium nicht beigelegt wird oder erforderliche Subunternehmer nicht genannt werden. Das Fehlen von Einheitspreisen im ausgeschriebenen Einheitspreis führt ebenfalls zum zwingenden Ausscheiden des Angebots.

Nichtausfüllen von Bieterlücken.
Besondere Vorsicht ist bei Bieterlücken geboten, insbesondere wenn kein Leitprodukt vorgegeben ist. Hier führt das Nichtausfüllen der Bieterlücke in der Regel zum Ausscheiden des Angebots. Nur wenn das nachträgliche Ausfüllen der Bieterlücke unter Berücksichtung der Rechtsprechung zu behebbaren Mängel zu keiner materiellen Besserstellung des Bieters gegenüber den anderen Bewerbern führt, was nur in Ausnahmefällen nachgewiesen werden kann, ist das Angebot nicht auszuscheiden. Wenn Bieter ein Produkt in einer Bieterlücke anbietet, so ist darauf zu achten, dass dieses mit dem ausgeschriebenen Produkt gleichwertig ist. Wenn nicht, ist das Angebot auszuscheiden. Abhilfe schafft hier nur ein entsprechendes Begleitschreiben zum Angebot, in dem der Bieter mitteilt, dass wenn sein angebotenes Produkt nicht als gleichwertig mit dem ausgeschriebenen Produkt qualifiziert wird, das ausgeschriebene Leitprodukt als angeboten gilt. Dieser Satz sollte in jedes Begleitschreiben aufgenommen werden, um ein Ausscheiden des Angebotes zu vermeiden. Vorsicht ist auch bei der Mehrfachnennung von Produkten in Bieterlücken geboten. Nach der Rechtssprechung der Nachprüfungsbehörden ist es notwendig, dass alle Alternativprodukte mit dem ausgeschriebenen Leitprodukt gleichwertig sind. Wenn z.B. eines von drei angebotenen Produkten nicht mit dem ausgeschriebenen Leitprodukt gleichwertig ist, führt dies zum Ausscheiden des Angebots, außer der Bieter hat wie oben ausgeführt, ein entsprechendes Begleitschreiben verfasst.

Mangelhafte oder nicht rechtzeitige Aufklärung.
Eine weitere in der Praxis auftretende Fehlerquelle ist die mangelhafte oder nicht rechtzeitige Beantwortung von Fragen des Auftraggebers im Rahmen eines Aufklärungsersuchens. Bieter stehen kurz vor der Auftragserteilung und unterlassen es dann, Fragen des Auftraggebers innerhalb der vorgegebenen Frist zu beantworten. Oft wird zwar eine Auskunft erteilt, allerdings beinhaltet die Aufklärung keine nachvollziehbare Begründung oder erfolgt nicht vollständig. Bei Aufklärungsersuchen von Auftragsgebern ist Vorsicht geboten, da der Auftraggeber nicht verpflichtet ist, einen zweiten Verbesserungsversuch vorzunehmen. Wenn die geforderte Aufklärung nicht rechtzeitig, in unbegründeter Form oder unvollständig erfolgt, ist der Auftraggeber berechtigt, das Angebot auszu-scheiden. Bieter müssen daher Aufklärungsersuchen ernst nehmen und dem Auskunftsverlangen vollinhaltlich und fristgerecht nachkommen. Wenn die geforderten Unterlagen oder Informationen nicht innerhalb der vorgegeben Frist beigebracht werden können, ist rechtzeitig und in begründeter Form um eine Fristverlängerung anzusuchen.

Fazit.
Bieter haben sich bei der Erstellung ihres Angebotes strikt an die Ausschreibung zu halten. Um ein der Ausschreibung entsprechendes Angebot legen zu können, müssen Bieter vor Abgabe des Angebotes die Ausschreibung im Detail lesen. Nur so ist es möglich, ein der Ausschreibung entsprechendes Angebot zu legen, was wiederum Voraussetzung für den Erhalt eines Auftrages ist. Wenn unklar ist, was der Auftraggeber in der Ausschreibung fordert, ist es ratsam, entweder den Auftraggeber vor Angebotslegung zu kontaktieren oder wenn notwendig, rechtzeitig eine Rechtsauskunft eines Vergaberechtsexperten einzuholen

Dr. Bernhard Kall
www.wmlaw.at

Foto: Dr. Bernhard Kall © Walter J. Sieberer

Zum Nachlesen:

Teil 2 –Notwendiger Angebotsinhalt

Teil 1 – Die Ausschreibung

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