Aus für UBER in Österreich?

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Bernhard Müller ist Partner und Leiter des Teams "Öffentliches Wirtschaftsrecht" bei DORDA
Bernhard Müller ist Partner und Leiter des Teams „Öffentliches Wirtschaftsrecht“ bei DORDA

„Können wir auf Dich zählen? Mit dem neuen Gelegenheitsverkehrsgesetz, welches Anfang Juli beschlossen wird, könnten digitale Vermittlungsplattformen wie Uber in Österreich nicht mehr bestehen.

Das Gesetz soll einheitliche, höhere Tarife und einen verpflichtenden Taxischein für alle Taxi- und Mietwagenfahrer einführen. Damit wird Fahrgästen wie dir eine Möglichkeit genommen, sicher und bezahlbar unterwegs zu sein.“

Mit diesem Slogan wirbt UBER für eine Online-Petition gegen die geplante Novelle des Gelegenheitsverkehrsgesetzes, womit das Mietwagengewerbe und das Taxigewerbe zusammengelegt werden sollen. Letzte Woche wurde die Novelle bereits im Verkehrsausschuss beschlossen; Anfang Juli soll das Plenum des Nationalrats und der Bundesrat den Gesetzesvorschlag „absegnen“.

Während in Deutschland und in vielen anderen EU-Ländern „Gewerbefreiheit“ herrscht, schlägt in Österreich der „Regulierungsteufel“ wieder zu: Staatliche Eingriffsverwaltung statt freiem Wettbewerb – hoheitliche Preisfestsetzung versus freie Preisbildung? Ein Sieg der „Taxilobby“? Oder doch „Gleichbehandlung aller Anbieter in der Personenbeförderung“ verbunden mit fairen und klaren Rahmenbedingungen für Alle, wie ÖVP, SPÖ und FPÖ meinen, die den Antrag im Parlament eingebracht haben. Die Wogen gehen hoch! UBER drohte schon mit einem Rückzug aus Österreich. Doch einen Schritt zurück; was ist passiert:

Der Weg zur Zusammenlegung des Mietwagengewerbes und des Taxigewerbes

Bereits am 27.2.2019 wurde ein Entschließungsantrag betreffend die Zusammenlegung dieser Gewerbe im Nationalrat eingebracht und an den Verkehrsausschuss zugewiesen. Das „freie Spiel der Kräfte“ in der derzeitigen Situation im Nationalrat führte nun erneut zu einem Antrag zur Änderung des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes. Nunmehr liegt somit ein konkreter Entwurf einer entsprechenden Novelle vor, der im Verkehrsausschuss jüngst beschlossen wurde. Nationalrat und Bundesrat werden – wie gesagt – zeitnah folgen. Damit scheint die Verschmelzung dieser beiden Gewerbe besiegelt zu sein.

Der Hintergrund und die potenziellen Auswirkungen des Gesetzesentwurfes

Die grundlegenden Unterschiede der beiden Gewerbe sind, wie auch der OGH in der UBER-Entscheidung (OGH 25.9.2018, 4 Ob 162/18d) ausgesprochen hat, die folgenden: Ein Taxi kann von jeder Person an öffentlichen Orten in Anspruch genommen oder mit Fernmeldeeinrichtungen angefordert werden. Innerhalb der Tarifgebiete sind die Taxameter zu verwenden, sodass die Tarife vorgegeben sind und eingehalten werden müssen. Demgegenüber erfordert das Mietwagengewerbe eine gesonderte Bestellung der Fahrt beim Mietwagen-Unternehmer. Nach Durchführung des Transports muss der Mietwagen grundsätzlich wieder zur Betriebsstätte des Mietwagen-Unternehmers zurückkehren – eine spontane Aufnahme von Fahrgästen während dieser Leerfahrt ist untersagt. Das Entgelt für die Mietwagenfahrt unterliegt der freien Vereinbarung.

So wie das UBER-Verfahren gezeigt hat, erwähnen auch die Erläuterungen des aktuellen Gesetzesentwurfes, dass es in der Praxis immer wieder zu Auslegungsschwierigkeiten und Abgrenzungsproblemen bei der Trennung dieser beiden Gewerbe gekommen ist – insbesondere seit es durch die technische Weiterentwicklung auf dem Gebiet der Telekommunikation und des Internets üblich geworden ist, Taxis oder Mietwagen mit Hilfe dieser Kommunikationsmittel zu bestellen oder zu buchen. Demnach sollen nunmehr die beiden Gewerbe zusammengelegt werden.

Die Möglichkeit zur Festlegung einer Tarifpflicht durch den Landeshauptmann soll beibehalten werden. Wenn eine solche Tarifregelung besteht, dann hätten sich aufgrund der Vereinigung der Gewerbe alle an diese Tarife zu halten – eine individuelle Vereinbarung bzw eine flexible Preisgestaltung – wie bei UBER – würde somit nicht mehr möglich sein. Wenn eine Fahrt nicht unmittelbar auf der Straße in Anspruch genommen wird, soll man sich einen voraussichtlichen Fahrpreis nennen lassen können. Ergibt der tarifmäßige Fahrpreis einen höheren Betrag – zB aufgrund eines Staus –, soll der vorweg genannte voraussichtliche Fahrpreis zu bezahlen sein. Im umgekehrten Fall wäre der niedrigere tarifmäßige Fahrpreis zu entrichten. Damit diese Möglichkeit des Kostenvoranschlags nicht verwendet wird, um die Tarifpreise zu unterlaufen, soll in den Tarifverordnungen auch festgelegt werden, aufgrund welcher Daten bzw welcher Datenquellen der voraussichtliche Fahrpreis zu berechnen ist. Ausnahmen von der Tarifpflicht sollen durch die geplante Änderung des Gelegenheitsverkehrsgesetzes vereinheitlicht werden. Der freie Preiswettbewerb würde dadurch mit einem Federstrich beseitigt werden.

Zusätzlich sollen in Zukunft die Konzessionen nur mehr befristet für fünf Jahre erteilt werden.

Fazit

Es steht fest, dass eine Ungleichbehandlung der beiden Gewerbe vorliegt; Taxis sind – ohne Zweifel – strenger reguliert als das Mietwagengewerbe. Strittig ist indes und lässt die Wogen hochgehen, ob dem durch intensivere staatliche Regulierung – wie das durch die Novelle geschehen wird – oder durch eine Liberalisierung begegnet werden soll. Ist der Kunde – so könnte man fragen – bei Festlegung bestimmter staatlicher Mindestanforderungen für ein Gewerbe nicht mündig genug, selbst zu entscheiden, ob er mit dem Taxi oder einem Mietwagen fährt? Garantiert mehr Wettbewerb nicht auch die gewünschte Qualität? Soll der Zugang zu Mobilität frei oder streng reguliert sein?

Ing Dominik Widl, LL.M. (WU) Rechtsanwaltsanwärter
Ing Dominik Widl, LL.M. (WU)
Rechtsanwaltsanwärter

Diese Kernfrage lässt sich nur mit Blick auf den Zweck der Gewerbeordnung und der dort normierten Anforderungen für den Berufsantritt lösen: der Gefahrenabwehr. Kunden sollen – mit anderen Worten – von unqualifizierten und unverlässlichen Gewerbetreibenden geschützt werden, von denen eine Gefahr ausgeht. Ist der Baumeister unkundig und stürzt das Haus oder die Baugrube ein, ist das gefährlich. Auch wird man vom Hersteller von Arzneimitteln eine bestimmte Ausbildung zum Nachweis fordern, dass er ausreichend qualifiziert ist. Aber braucht es diese Gefahrenabwehr und damit staatliche Regulierung, insbesondere der Preisregulierung bei der Personenbeförderung? Der Kunde wird das überteuerte Taxi oder den zu teuren Mietwagen das nächste Mal nicht mehr benützen. Hinzu kommt, dass der Kunde bei UBER bereits vor Buchung einer Fahrt über die Kosten informiert wird. Wozu bedarf es dann einer staatlichen Tarifordnung? Der Markt würde sich selbst regulieren – ohne den Staat! Dasselbe gilt, wenn das Fahrzeug nicht ausreichend gereinigt sein sollte. Der Fahrer wird in Zukunft keine oder weniger Aufträge bekommen. Qualitätssichernd wirkt auch die Transparenz: Wird das Fahrzeug über eine App bestellt, kann der Kunde am Ende der Fahrt eine Qualitätsbewertung vornehmen, auf die andere Kunden Zugriff haben, bevor sie eine Fahrt bestellen. Es herrscht daher – auch ohne staatlichen Zwang – Qualitätswettbewerb. Fortschritt oder Rückschritt? Eigentlich ist die geplante Novelle ganz klar ein Rückschritt! Der Gesetzgeber sollte dem mündigen Konsumenten einfach mehr zutrauen und die Chancen der Digitalisierung in Bezug auf Qualitätssteigerung, Sicherheit und Nachhaltigkeit sollten genützt werden! Vor diesem Hintergrund könnte man hinterfragen, ob die vorliegende, eingriffsintensive Regelung mangels Notwendigkeit verfassungskonform ist.

Foto: beigestellt
www.dorda.at

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