Keyword-Advertising: EuGH entscheidet für Google, Online-Werbende – weiterhin Vorsicht!
Vor wenigen Tagen erging das lange erwartete Urteil des EuGH zum Keyword-Advertising. Danach ist Google für Markenverletzungen in GoogleAds nicht verantwortlich. Für die Auswahl fremder Marken als Keywords haftet das werbende Unternehmen selbst. Mit dieser Entscheidung ist der Gerichtshof den Schlussanträgen des Generalanwalts vom September nicht zur Gänze gefolgt.
Buchen von Marken-Keywords:
Zum Hintergrund: Beim Keyword-Advertising bucht der Werbende bei Google Schlüsselworte („Keywords“) und positioniert so seine Anzeige in den Suchergebnissen. Die Anzeige enthält einen Link auf die eigene Webseite. Mehrere Werbende können dasselbe Keyword auswählen. Gibt der Internetnutzer einen gebuchten Suchbegriff ein, so erscheint die Anzeige optisch getrennt von den natürlichen Ergebnissen am rechten Bildschirmrand oder im oberen Teil des Bildschirms oberhalb dieser Ergebnisse und als „Anzeige“ gekennzeichnet. Umfassen die Keywords nur allgemeine oder beschreibende Begriffe, ist das unproblematisch. Bucht der Werbende aber fremde Marken, kann dies beim Publikum Verwechslungen herbeiführen.
Markeninhaber klagten Google:
In Frankreich hatten das Nobel-Label Louis Vuitton und andere Markeninhaber daher Google wegen solcher Markenverletzungen geklagt. Vuitton hatte festgestellt, dass die Eingabe ihrer Markenworte in Google zu Webseiten von Anbietern gefälschter und verwechselbarer Waren führte. In gleicher Weise führte die Marke eines franz. Reiseveranstalters und einer Ehevermittlung zu Webseiten von Mitbewerbern. Die Unternehmen klagten und der EuGH entschied über die Rechtssachen in einem verbundenen Verfahren. Weitere Anlassfälle gab es u.a. in Österreich und Deutschland.
EuGH: Markeninhaber kann Webenden die Buchung von Marken-Keywords verbieten
Der EuGH stellt zunächst fest, dass das Buchen von Marken als Keyword bei GoogleAds einen markenmäßigen Gebrauch des Zeichens durch den Werbenden darstellt. Daher kann der Markeninhaber verbieten, die Marke ohne seine Zustimmung für die Bewerbung von identischen oder ähnlichen Waren und Dienstleistungen zu verwenden. Suggeriert eine Anzeige nämlich eine wirtschaftliche Verbindung zwischen dem Werbenden und dem Markeninhaber oder ist sie doch zumindest so vage gehalten, dass diese für den durchschnittlichen Internetnutzer unklar bleibt, ist die Herkunftsfunktion der Marke beeinträchtigt. Hingegen verletzt das Keyword-Advertising nicht die Werbefunktion der fremden Marke, wenn die Webseite des Markeninhabers bei einer Suchworteingabe nach wie vor bei den natürlichen Suchergebnissen an einer vorderen Stelle aufscheint. Denn so bleiben die Waren und Dienstleistungen des Markeninhabers bei einer Suchanfrage – trotz anderer Anzeigen – dennoch sichtbar. Dass der Markeninhaber für eine gute Platzierung seiner eigenen Anzeige aufgrund der Preis-pro-Klick Strategie von Google deutlich mehr bezahlen muss als die Werbenden, die seine Marke (unbefugt) benutzen, spielt für den EuGH markenrechtlich keine Rolle.
EuGH: Google haftet nur in Ausnahmefällen
Dagegen macht der EuGH klar, dass Google in diesen Fällen nicht haftet. Google schafft mit dem Dienst GoogleAds zwar die technischen Voraussetzungen für die Benutzung von fremden Marken durch seine Werbekunden und lässt sich diesen Dienst auch vergüten. Jedoch benutzt Google dadurch die Marke nicht selbst im Geschäftsverkehr. Der Suchmaschinenanbieter darf sogar zulassen, dass berühmte Marken wie Vuitton von Werbenden in Anzeigen mit Begriffen wie „Kopie“ oder „Imitat“ kombiniert werden. Solange Google dabei keine aktive Rolle spielt und keine Kenntnis der gespeicherten Daten und keine Kontrolle über diese hat, ist es laut EuGH für die gespeicherten Daten auch nicht verantwortlich. Die Haftungserleichterung für Host-Provider nach der E-Commerce-Richtlinie gilt hier auch für den Suchmaschinenanbieter. Eine Ausnahme gilt, wenn Google die Informationen nach Abmahnung nicht unverzüglich entfernt oder den Zugang zu ihnen sperrt. Im Einzelfall überlässt der EuGH es aber den nationalen Gerichten, die Rolle von Google bei der Abfassung der Werbeanzeige und bei der Festlegung und Auswahl der Keywords zu klären.
Fazit: Kein Freibrief für Keyword-Advertising durch EuGH:
Bei der Auswahl von Keywords und der Gestaltung von GoogleAds sind fremde Marken daher weiterhin nicht frei benutzbar. Für Werbende gilt: Hände weg von fremden Zeichen als Keyword für eigene Anzeigen, wenn nicht klar ist, dass die Waren und Dienstleistungen nicht vom Markeninhaber stammen. In der Praxis ist kaum vorstellbar, wie der kurze Text einer Anzeige dies klarstellen könnte. Vorsicht gilt daher auch bei der Auswahl von Keyword-Optionen.
Mahnen Sie als Markeninhaber im Fall einer Verletzung ihrer Marke Google jedenfalls ab, denn dann muss Google reagieren und die Anzeige sperren, wenn sich der Suchmaschinenanbieter nicht selbst schuldig machen möchte. Im Einzelfall wird man im Gerichtsverfahren klären müssen, wie die Keywords ausgewählt und ob diese etwa unter Beteiligung von Google, um Google haftbar zu machen. Ob die Verwendung eines Google Keyword-Tools hierbei eine Rolle spielen kann, bleibt abzuwarten.
Anwaltlicher Rat ist daher zur Bestimmung der (marken)rechtlich korrekten Werbestrategie für Werbetreibende, Agenturen und Markeninhaber weiterhin zu empfehlen.
Dr. Bettina Windisch-Altieri
www.windischlaw.com
(C) fotodienst/Anna Rauchenberger – Wien, 22.12.2008 – Windisch : Law Offices – Portraits: FOTO: Dr. Bettina Windisch-Altieri (Rechtsanwältin)
EuGH-Urteil vom 23.03.2010 in den verbundenen Rechtssachen C-236/08 bis C-238/08 vom 23.03.2010.
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