Die am 19.04.2024 in Kraft getretenen Bestimmungen zur temporären Gebührenbefreiung sind auf entgeltliche Rechtsgeschäfte anzuwenden, die nach dem 31. März 2024 geschlossen wurden.
Spätestens im Rahmen der ersten Selbstberechnungen der von der Befreiung umfassten Verträge Anfang Juni diesen Jahres stellt sich nunmehr insbesondere die Frage, was konkret unter „Befriedigung eines dringenden Wohnbedürfnisses“ verstanden werden kann und welche Teile des Kaufgegenstandes darunter fallen.
Am 19.04.2024 sind die §§ 25a, 25b und 25 c Gerichtsgebührengesetz betreffend die temporäre Gebührenbefreiung in Kraft getreten. Hiedurch sollen Erwerbern von Liegenschaften oder Teilen davon Erleichterungen im Bereich der sonst zu bezahlenden grundbücherlichen Eintragungsgebühr zu Gute kommen.
Um in den Genuss der Gebührenbefreiung kommen zu können, ist unter anderem von Bedeutung, dass etwa im Fall der Eintragung zum Erwerb des Eigentums das auf der Liegenschaft errichtete oder zu errichtende Gebäude oder das Bauwerk der Befriedigung eines dringenden Wohnbedürfnisses des einzutragenden Eigentümers dienen soll (Wohnstätte).
Die Richtlinie des Bundesministeriums für Justiz zu Geschäftszahl: 2024-0.306.825 führt dazu unter anderem aus „Das Wohnbedürfnis ist dringend, wenn der Eintragungswerber die neue Wohnstätte als Wohnung verwenden will und dabei die bisherige Wohnstätte aufgibt, wobei das Gesetz bestimmte Fristen für den Nachweis festlegt.“
Diese Regelung scheint klar, wenn der offenkundig vom Gesetzgeber angedachte Fall eintritt, dass ein Käufer etwa eine Liegenschaft mit einem darauf errichteten oder zu errichtenden Einfamilienhaus erwirbt, oder etwa Liegenschaftsanteile, die mit Wohnungseigentum an einer Wohnung untrennbar verbunden sind.
Erwirbt jedoch, wie dies in der Praxis häufig der Fall ist, ein Käufer neben einer Wohnung zugleich einen oder mehrere Kfz-Stellplätze, stellt sich die Frage, ob eben dieser Stellplatzerwerb – mangels eines dringenden Wohnbedürfnisses am Kfz-Stellplatz selbst – unter die Gebührenbegünstigung fällt oder nicht. Denkbar sind auch Fälle, in welchen der Kfz-Stellplatz ein Zubehörobjekt zur Wohnung bildet oder – um beim Erwerb eines Einfami-lienhauses zu bleiben – der Kfz-Stellplatz bloß faktisch einen Teil der Gesamtliegenschaft darstellt.
Geht man vom Wortlaut des § 25 a Absatz 2 Ziffer 3 GGG aus („das auf der Liegenschaft errichtete oder zu er-richtende Gebäude oder das Bauwerk soll der Befriedigung eines dringenden Wohnbedürfnisses des einzutragenden Eigentümers dienen“), so könnte man zu dem Ergebnis kommen, dass der Erwerb eines Stellplatzes als eigenes Wohnungseigentumsobjekt gebührenbefreit sein muss, weil der Käufer damit bzw. mit dem Erwerb der Wohnung Wohnungseigentümer der Liegenschaft wird, auf welcher sich sodann seine Wohnstätte befinden soll, zumal es wohl keinen Unterschied machen kann, ob ein Käufer seine „vier Wände“ mitsamt Parkplatz im Rahmen von Allein-, schlichtem Miteigentum, oder Wohnungseigentum erwirbt. Oder doch?
Eine diesbezügliche, an das Bundesministerium für Justiz herangetragene Anfrage, wurde von diesem am 21.08.2024 per E-Mail wie folgt beantwortet:
„Bei Kauf einer Wohnung mit Stellplatz würden wir dazu tendieren, dann den Gesamtkaufpreis (inkl. Stellplatz) als von der Befreiung umfasst anzusehen, wenn das Wohnungseigentumsobjekt Wohnung und Stellplatz umfasst, beide daher nur gemeinsam erworben werden können. Es ist aber auch die Deutung denkbar, dass die Anschaf-fung eines Stellplatzes nicht der Befriedigung eines dringenden Wohnbedürfnisses dient, und daher nicht umfasst wäre. Auf die Frage, wie der Kaufpreis im Kaufvertrag ausgewiesen wird (gesplittet oder gesamt), kommt es dabei nicht an.“
Das Bundesministerium für Justiz ging sohin lediglich auf den Erwerb einer Wohnung mitsamt Stellplatz als Zubehörobjekt ein und erachtete selbst bei diesem Fall die Deutung denkbar, dass die Anschaffung eines Stell-platzes nicht der Befriedigung eines dringenden Wohnbedürfnisses diene und daher nicht von der Gebühren-befreiung umfasst sei. Im Umkehrschluss könnte man sohin annehmen, dass alle übrigen Fälle jedenfalls nicht von der Gebührenbefreiung umfasst sind. Klar ausgeführt wurde dies jedoch nicht.
Es wird hier sohin entweder eine Klarstellung durch den Gesetzgeber selbst oder eine weitere Auslegungsrichtlinie des Bundesministeriums für Justiz notwendig sein, um derartige Fälle rechtsrichtig zu beurteilen.
Aus anwaltlicher Vorsicht sollten die Kaufpreise in den Kaufverträgen für die Wohnung und die Stellplätze jedenfalls entsprechend aufgesplittet werden, damit nicht im Nachhinein im Zuge der Selbstberechnung der Eintragungsgebühr aufwendiger Abklärungsbedarf entsteht und für den auf die Stellplätze entfallenen Kaufpreisteil Gebühren abgeführt werden.
Foto: beigestellt
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