„Rot-Weiß-Rot – Karte“: Zuwanderung Light?

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Das am 1.7.2011 in Kraft getretene Zuwanderungssystem wird gerne unter „Rot-Weiß-Rot – Karte“ zusammengefasst. Welche Anspruche und welche Verschärfungen kommen auf Zuwanderer und Arbeitgeber zu?

Corporate Migration neu.
Künftige Inhaber von Rot- Weiß-Rot-Karten für besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte, sonstige Schlüsselkräfte und Studienabsolventen sammeln seit Juli Qualifikations-, Erfahrungs-, Sprach- und Alterspunkte.

Besonders Hochquali-fizierte erreichen für

• besondere Qualifikationen/Fähigkeiten: höchstens 40;
• ausbildungsadäquate oder Führungserfahrung: höchstens 20;
• Deutsch- oder Englischkenntnisse auf A1 oder A2-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen: höchstens 10;
• Alter bis 45/40/35 Jahre: höchstens 20;
• Studium in Österreich: höchstens 10

und insgesamt wenigstens 70 von maximal 100 Punkten.

Fachkräfte in Mangelberufen und sonstige Schlüsselkräfte.
Diese Gruppe benötigt jeweils mindestens 50 von maximal 75 Punkten für

• Qualifikation: abgeschlossene Berufsausbildung / allgemeine Universitätsreife/ Studium mit dreijähriger Mindestdauer: 20/25/30;
• ausbildungsadäquate Berufserfahrung (höchstens: 10);
• Deutsch- oder Englischkenntnissen (Deutsch auf A1/A2-Niveau: 10/15; Englisch auf B1/B2-Niveau: 10/15); und
• Alter (bis 30/40 Jahre: 20/15).

Drittstaatsangehörige Absolventen österreichischer (Fach-)Hochschulen, die eine ihrem Ausbildungsniveau entsprechende Beschäftigung finden (2011 beläuft sich das monatliche Bruttomindestentgelt auf EUR 1.890,-), kommen ebenfalls in den Genuss von RWRKen.

Die Kehrseite der RWRK – „Deutsch vor Zuzug“, ungenügender Rechtsschutz für besonders Hochqualifizierte und längere Verfahren
Ehegatten und über vierzehnjährige Kinder von sonstigen Schlüsselkräften, Studienabsolventen und Fachkräften müssen bereits bei der Antragstellung Deutschkenntnisse auf A1-Niveau nachweisen. Der integrationspolitische Nutzen des Voraberwerbs solcher Deutschkenntnisse wird häufig außer Verhältnis zu den dafür in Kauf zu nehmenden Anstrengungen stehen.

Wer eine RWRK für besonders Hochqualifizierte anstrebt (und nicht zur sichtvermerksfreien Einreise berechtigt ist), hat zunächst die Erteilung eines Visums zum Zweck der Arbeitssuche zu beantragen, dem fünfzehn bis zwanzig Nachweise beizulegen sein können. Gegen abweisende Entscheidungen steht nur der praktisch bedeutungslose Rechtszug an den Verwaltungsgerichtshof offen. Die Entscheidungsfrist für Anträge auf RWRK wurde von sechs auf acht Wochen erhöht. Familienverfahren (hoch)qualifizierter Zuwanderer nehmen in Wien nicht selten vier bis fünf Monate in Anspruch.

Fazit. Die RWRK wird Österreichs Attraktivität für qualifizierte Zuwanderer nur erhöhen, wenn die neuen verfahrensrechtlichen Bestimmungen mit Augenmaß angewandt werden.
Andernfalls ist die ohnehin schwierige Übung, die Position Österreichs gegenüber klassischen Einwanderungsländern zu verbessern, zum Scheitern verurteilt.

Mag. Elmar Drabek
www.dbj.at

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