Anwälte die bewegen / Podcast: Elisabeth Stichmann

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Elisabeth Stichmann im Interview
Elisabeth Stichmann im Interview

 

Elisabeth Stichmann, Partner und Head of Corporate bei DLA Piper Österreich, berät nationale und internationale Mandanten in der gesamten Bandbreite des Gesellschafts- und Unternehmensrechts, einschließlich regulatorischer Belange im Rahmen eines Markteintritts nach Österreich und ist außerdem Life Sciences Country Lead von DLA Piper in Österreich. Sie bewegt nicht nur viel, sondern hat auch eine besondere Verbindung zu den USA. Wirtschaftsanwaelte.at hat sie besucht.

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Anwälte die bewegen: Elisabeth Stichmann

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Wie sind Sie zum Anwaltsberuf gekommen, wurde Ihnen das in die Wiege gelegt?

Nein, ganz und gar nicht, ich stamme weder aus einer Juristen- noch aus einer Akademikerfamilie, mich hat einfach die Juristerei relativ früh interessiert. Als Maturawahlfach habe ich politische Bildung und Recht gewählt und es gab ungefähr zeitgleich eine TV-Serie mit Christiane Hörbiger, die zwar nicht so fancy wie die heutigen Anwaltsserien wie beispielsweise SUITS war, aber ich fand das Spiel von der Anwältin zur Richterin und zurück zur Anwältin hochspannend. Ich wollte immer schon Zusammenhänge verstehen und fand es spannend, analytisch zu denken.

Was begeistert Sie jetzt besonders an der Tätigkeit und gab es ein besonderes Highlight dabei?

Mich begeistert, dass mein Job nie langweilig ist. Jeder Tag ist anders als der andere und ich glaube auch nicht, dass sich das jemals ändern wird. Diese abwechslungsreiche Tätigkeit, mit wahnsinnig vielen unterschiedlichen Menschen, Persönlichkeiten und Charakteren zu tun zu haben, ist faszinierend. Meine Tätigkeit betrifft die unterschiedlichsten Bedürfnisse im Wirtschaftsleben; ich arbeite faktisch nur mit Wirtschaftsbelangen und nicht mit menschlichen, persönlichen Schicksalen. Es war eine persönliche Entscheidung und ganz bewusst, dass ich mich auf Wirtschaftsrecht spezialisiert habe – und nicht auf die Bereiche Familien- oder Erbrecht. Ich wollte mich mit unternehmensrelevanten Themen beschäftigen. Eines der spannendsten Dinge ist sicher, wie sehr man in strategische Entscheidungen eingebunden ist und auch mitgestalten kann.

Aber ja, man benötigt eine wahnsinnige Leidenschaft, weil dieser Beruf viel Zeit kostet und wenn man ihn nicht gerne macht, macht man ihn auch nicht gut.

Ein besonderes Highlight erlebte ich als junge Anwältin im Alter von 29 Jahren. Aufgrund einer persönlichen Empfehlung konnte ich damals meine erste wirklich große Akquise erzielen und war für einen US-amerikanischen Mandanten tätig. Auf der anderen Seite waren Berater involviert, die eine ganz klare Vorstellung vom Gegenüber hatten, das damals typische „Greyhair-Effekt-Erfordernis“. So kam es, dass der andere Berater im gemeinsamen Termin gar nicht mit mir reden wollte, sondern grundsätzlich immer direkt mit meinem Mandanten gesprochen hat, bis mein Mandant ihn darauf hinwies, dass er, wenn er denn verhandeln möchte, dann bitte mit der Anwältin, also mit mir sprechen müsse. Ich fand das damals extrem beeindruckend und ich denke, das hat mich geprägt und auch einen Grundstein für meine starke Amerika-Orientierung gelegt. In Amerika zählt einfach Leistung.

Sie sind jetzt seit einem Jahr an der Spitze der DLA Piper Corporate Group in Österreich. Was haben Sie in dieser Zeit erlebt?

Dieses erste Jahr war sehr spannend! Selbstverständlich kann man innerhalb eines Jahres nicht alles ändern, das war auch nicht mein Plan, aber natürlich will man auch seinen eigenen Stil miteinbringen. Prozesse zu verändern dauert einfach. Auch das Leiten einer Gruppe muss man lernen. Wir haben schon viel erreicht in diesem Jahr, aber wir sind definitiv noch nicht zufrieden, denn wenn man zufrieden ist, ist meist Stillstand und Stillstand wollen wir nicht.

Gibt es außer dem genannten Bezug zu den USA noch eine andere Verbindung dahin?

Ich mag das Naturell von amerikanischen Mandanten sehr, es ist eine ganz andere Art der Kommunikation, immer sehr straight, sehr direkt. Wir arbeiten nicht verklausuliert, sondern wir bringen die Sachen auf den Punkt. Jede Kultur hat andere Anforderungen an die Kommunikation und ich mag diese sehr direkte Art. Aber man muss auch wissen, dass USA-Business einen 24/7 Job bedeutet.

Was zeichnet einen erfolgreichen Corporate Lawyer speziell aus?

Ganzheitliches Denken, nicht nur fokussiert eine Sache betrachten, sondern analytisches, vorausschauendes und vernetztes Denken, Wirtschaftszusammenhänge verstehen. Und natürlich gehört immer die persönliche Komponente dazu. Ich kann der beste Jurist sein, aber wenn ich mit meinem Gegenüber nicht auf Augenhöhe kommunizieren kann und die Chemie nicht stimmt, werde ich auch nicht erfolgreich sein. Es ist und bleibt ein People Business.

Wie denken Sie, dass KI den Anwaltsberuf verändern wird?

KI hat bereits viel verändert und wird auch weiterhin viel verändern, auch bei uns natürlich. Wir bei DLA Piper verwenden KI unter anderem bei Due-Diligences, um die Vertragsprüfung sehr rasch durchzuführen – oder auch in ganz anderen Bereichen, beispielsweise beim Managen von internationalen Umstrukturierungen, um Dinge effizient zu gestalten. Ich denke, zukünftig wird KI auch bei Risikoeinschätzungen eine Rolle spielen, oder bei Rechtsanalysen, weil KI wohl Datenbanken schneller durchfiltern kann und relativ rasch ein Ergebnis vorliegt.

Meines Erachtens wird sich der Anwaltsberuf dahingehend verändern, dass es immer wichtiger ist, sehr gut ausgebildet zu sein, Zusammenhänge zu verstehen und dort zu beraten, wo KI wahrscheinlich nicht beraten kann. Und das, so glaube ich, sind immer noch die strategischen, fächerübergreifenden Themenkomplexe, also diese wirkliche Beraterfunktion. Es wird für die junge Generation daher möglicherweise sogar schwieriger.

Es bleibt aber sicher trotzdem noch ein bisschen Freizeit übrig, auch für eine engagierte Anwältin? Wie entspannen Sie sich?

Ich kann mich herrlich beim Nichtstun entspannen. Privat bin ich kein getriebener Mensch, ich finde das Nichtstun tatsächlich auch den größten Luxus; das kann vom Durchblättern von Klatsch und Tratsch-Magazinen bis zur Pflege der Pflanzen auf der Terrasse sein – also Dinge, bei denen ich den Kopf frei bekomme und mich so geistig entspanne. Ich treffe auch wahnsinnig gerne Freunde und unterhalte mich mit Menschen über nicht-juristische Themen.

Danke für das Interview.

Foto von Mag. Elisabeth STICHMANN
Anschrift geschäftl. Schottenring 2-6 Wien 1010 ÖsterreichTelefon geschäftl.: +43 1 531 78 1651Webseite: www.dlapiper.com

Foto & Interview: Walter J. Sieberer

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