Geldwäschebekämpfung auf dem Vormarsch

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Die Beurteilung der im Einzelfall gebotenen Sorgfaltspflicht nach dem risikobasierten Ansatz ist eine Herausforderung für Compliance Officer und Freiberufler.

Österreich gerät immer häufiger in den Fokus von Geldwäschebekämpfungsorganisationen und musste als kleiner Staat, der vor allem von seiner Exportstärke und seiner starken internationaler Vernetzung abhängig ist, schon des öfteren dem internationalen Druck weichen.

TASK force. Insbesondere die Financial Action Task Force („FATF“), eine erstmals auf dem Gipfel der G-7 1989 berufene Expertengruppe, übt in ihren Berichten mitunter scharfe Kritik an säumigen Staaten. Auch die Europäische Kommission als Hüterin der europäischen Geldwäscheregeln, schreckt nicht vor Klagen gegen ihre Mitgliedstaaten zurück, so etwa bei der Aufhebung der österreichischen Sparbücheranonymität im Jahr 2000.

begriff. Dadurch kommt es neben ständigen Reformen des österreichischen Rechts auch laufend zu einer Ausdehnung des Geldwäschebegriffs. So wird im Bewusstsein der Öffentlichkeit Geldwäsche zumeist mit organisierter Kriminalität und Terrorismusfinanzierung in Verbindung gebracht. Ein genauer Blick in die einschlägigen Rechtsnormen zeigt aber, dass der Tatbestand inzwischen viel weiter gefasst ist. Der strafrechtliche Begriff der Geldwäscherei umfasst neben der „organisationsbezogenen“ Geldwäscherei betreffend das Vermögen krimineller Organisationen oder terroristischer Vereinigungen auch die sogenannte „Vortat-bezogene“ Geldwäscherei, bei der Vermögensbestandteile aus bestimmten kriminellen Handlungen herrühren. Zielsetzung dieser Bestimmung ist, den wirtschaftlichen Reiz solcher krimineller Handlungen zu beseitigen. Der Katalog der Vortaten wurde und wird mit jeder Neufassung der Bestimmung erweitert (zuletzt 2010 durch Einbeziehung gewerbsmäßiger Vergehen gegen den gewerblichen Rechtsschutz). Vortaten sind insbesondere alle vorsätzlichen Handlungen, die mit lebenslanger oder mit mehr als dreijähriger Freiheitsstrafe bedroht sind, schwerere Vermögensdelikte, Urkundendelikte, Korruptionsdelikte, sowie bestimmte Finanzvergehen.

Erhöhte Sorgfaltspflichten. Während die Geldwäschepräventionsbestimmungen sukzessive ausgeweitet werden, sind jene Unternehmer- und Beratergruppen, die im Rahmen der Bekämpfung der Geldwäsche zur Einhaltung erhöhter Sorgfaltspflichten im Hinblick auf mögliche Geldwäscheaktivitäten verpflichtet sind, schon jetzt unter enormen Druck. Dies sind neben Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen insbesondere Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftstreuhänder aber auch Casinos. Diese müssen bei bestimmten geldwäschegeneigten Transaktionen die Identität der Kunden feststellen und im Verdachtsfall eine Meldung an die Geldwäschemeldestelle beim Bundeskriminalamt erstatten.

Wie weit die Nachforschungspflichten dieser Berufsgruppen im Einzelfall gehen, ist jedoch nicht konkret geregelt. Die Verpflichteten haben bei Kunden, die eine Gesellschaft oder eine Stiftung sind, die wirtschaftlichen Eigentümer festzustellen. Das sind jene natürlichen Personen unter deren Kontrolle die Gesellschaft oder die Stiftung steht. Es muss die gesamte Eigentümerkette eruiert werden, die Aufschluss über die Herkunft und Verfügungsmacht über das in Frage stehende Vermögen gibt. In der Praxis ist dies vor allem bei ausländischen Gesellschaften oder eigentümerlosen Gebilden (Stiftungen oder Trusts) schwierig, da bei diesen die Angaben des Kunden oft nicht anhand zuverlässiger Quellen, wie amtliche Registerauszüge, überprüft werden können. Häufig behilft man sich mit eidesstattlichen Erklärungen, wobei jedoch fraglich ist, ob diese ausreichen. Bei politisch exponierten Personen („PEP“), also Personen, die wichtige öffentliche Ämter, wie Regierungschefs, Minister, Parlamentsmitglieder, etc., ausüben, sind erhöhte Sorgfaltspflichten einzuhalten. Auch hier stellt sich die Frage, wie weit die Nachforschungspflicht geht, weil die Mittel zur Überprüfung der PEP-Eigenschaft beschränkt bzw die wenigen kommerziell tätigen Datenbanken äußerst kostspielig sind.

Interessenskonflikt. Anhand dieser Beispiele wird das Spannungsverhältnis deutlich, in welchem sich die verpflichteten Berufsgruppen (allen voran Banken) bewegen: Einerseits ist es im wirtschaftlichen Interesse, mit dem Kunden ein Geschäft abzuwickeln und dieses nicht durch lästige Nachweisanfragen oder gar eine Geldwäschemeldung zu torpedieren. Andererseits ist der Verpflichtete zu diesen Nachforschungen (und gegebenenfalls zu einer Meldung) verpflichtet, wobei jedoch im Einzelfall immer unklar ist, wie weit diese Pflichten reichen.

Bei den rechtsberatenden Berufen kommt erschwerend hinzu, dass das Selbstverständnis als Vertrauensperson des Mandanten im krassen Widerspruch zu der Aufgabe als verlängerter Arm der Strafverfolgungsbehörden im Bereich der Geldwäscheprävention steht.

fazit. Zusammengefasst besteht auf internationaler Ebene eine starke Tendenz zur Ausweitung des Geldwäschetatbestands, die Anzahl der Transaktionen, bei denen erhöhte Sorgfaltspflichten einzuhalten sind, steigt. Zugleich sieht sich die Praxis bereits jetzt mit der Schwierigkeit konfrontiert, die Intensität der Sorgfaltspflichten und die Voraussetzungen für eine Verdachtsmeldung im konkreten Einzelfall anhand abstrakter Kriterien zu beurteilen. Die Rundschreiben der FMA sind zwar ein guter Leitfaden, können jedoch dem verpflichteten Unternehmer dieses Risiko nicht abnehmen. Die Regel „im Zweifelsfall melden“ bietet zwar die größtmögliche Sicherheit, ist jedoch keine Lösung für im freien Wettbewerb stehende Unternehmen. Es müsste daher die Kommunikation mit den involvierten Behörden verbessert werden und Lösungsansätze für eine Abklärung konkreter Fälle erarbeitet werden, die den realen Gegebenheiten der Geschäftswelt und den Interessen der verpflichteten Unternehmer Rechnung tragen.

Dr. Wolfgang Sieh
Mag. Dimitar Anadoliyski
www.fplp.at

Foto: Walter J. Sieberer

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