Jour Fixe bei Müller Partner Rechtsanwälte

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RA Mag. Heinrich Lackner und DI Ronald Schatz, Architekt und Ziviltechniker in Graz

Am 11. Jänner 2018 luden die Baurechtsexperten RA Dr. Bernhard Kall und RA Mag. Heinrich Lackner zum Jour Fixe mit dem Thema „Ausschreibung und Kostenermittlung durch Architekten und Planer – Ein Blick in die Glaskugel?“ in die Räumlichkeiten der Wiener Wirtschaftskanzlei Müller Partner. Als Gastvortragenden durften die beiden dieses Mal DI Ronald Schatz begrüßen, Architekt und Ziviltechniker in Graz und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Baukosten.

„Wenn es um’s Geld geht, dann hört sich die Freundschaft auf“, so lautet eine gängige Redensart. Und tatsächlich polarisiert auf Baustellen kaum ein Thema so sehr, wie das der Kosten. „Das Bemerkenswerte ist, dass zwar alle von Baukosten reden. Für gewöhnlich meint damit aber jeder etwas anderes“, stellte Schatz, der auf Erfahrung aus unzähligen Projekten zurückblicken kann, gleich zu Beginn des Abends fest. Denn Kosten sind nicht gleich Kosten, wie die einschlägige Norm, ÖNORM B 1801 Bauprojekt und Objektmanagement (Teil 1), zeigt. Dort sind die relevanten Kostenarten klar definiert. Es ist also stets zu klären, von welchen „Kosten“ im Sinne der Norm die Rede ist. „In der Praxis ist es für die Bauherrn meistens nur wichtig zu wissen, wie viel das Projekt insgesamt kostet“, warf Lackner ein, „diese interessiert es kaum, welcher Kostenart etwa die Aufschließung oder die Honorare der Planer zuzuordnen sind.“ Wer den Bauherrn also schon zu Beginn eines Projekts nicht über den Kostenbegriff aufklärt, hat einen Beratungsfehler zu vertreten, der zur Haftung führen kann.

Ist die Kostenermittlung nun ein Blick in die Glaskugel oder nicht? Das hängt davon ab, wie man an dieses Thema herangeht. „Massen und Mengen lassen sich anhand der Pläne gut ermitteln“, so Schatz. Insoweit ist ein Blick in die Glaskugel nicht notwendig. „Anders sieht es bei den Preisen aus.“ Aus eigener Erfahrung wusste Schatz zu berichten, dass die Schwankungsbreite der eingeholten Angebote in der Regel weit über der zulässigen Toleranz von +/- 10% (Kostenanschlag) liegt. Damit umzugehen, ist für jeden Planer eine Herausforderung, immerhin haftet der Planer, wenn die Toleranz überschritten wird. Stichwort Toleranz: Diese darf nicht als Freibrief verstanden werden. Sie ist nicht dazu da, um Planungsfehler, etwa bei der Mengenermittlung, aufzufangen. Für einen solchen Fehler haftet der Planer auch dann, wenn sich die Kostensteigerung noch innerhalb der Toleranz bewegt.

Als Fazit hielten Schatz und Lackner fest, dass sich der Blick in die Glaskugel zwar nicht vermeiden lässt. Diesem kann aber mit einer klaren Definition des Kostenziels, welche mit den finanziellen Möglichkeiten des Bauherrn in Einklang steht, sowie einer kontinuierlichen Kostenverfolgung und Beratung wirksam begegnet werden.

Im Anschluss an den Jour Fixe tauschten zahlreiche Gäste, darunter Vertreter namhafter Bauherrn und Planer, wie auch Vertreter der Bauindustrie und des Baunebengewerbes, wie gewohnt in gemütlicher Atmosphäre ihre Erfahrungen aus.

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Foto: beigestellt

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