Anspruchsvolle Herausforderungen meistern und neue Chancen nutzen, nicht nur das sind Aufgaben, die sich die Managing PartnerInnen der großen Rechtsanwaltskanzleien stellen müssen. Eine Führungsrolle weit über die Rechtsberatung hinaus. Kosteneffizienz, Mandantenzufriedenheit, Mitarbeitermotivation und Marktstrategien sind nicht nur Schlagworte für Legal Leaders, sondern neben ihrer Tätigkeit als Rechtsberater weitere Anforderungen. Wie sie diese umsetzen, zeigen wir in unserer Serie „LEGAL LEADERS“.
Herr Dr. Mager, Sie sind nicht nur Partner bei DLA Piper, sondern seit 2022 auch Country Managing Partner in Österreich. In dieser Zeit haben Sie Spannendes erlebt. Mitte 2023 endete die Pandemie, das hat die Work Life Balance und die Einstellung zum Arbeitsplatz verändert. Sie sind vor einem Jahr umgezogen und haben auch 20 Jahre DLA Piper in Österreich gefeiert.
War der Antritt der Position als Country Managing Partner ein Wunsch, den sie immer gehegt haben?
Sagen wir so, ich hatte das lange nicht auf meiner persönlichen Agenda. Ich bin seit 2009 Partner und habe dann bereits im darauffolgenden Jahr die Leitung der Corporate/M&A-Gruppe übernommen und über die letzten 13 Jahre sehr stark ausgebaut, internationalisiert und gut eingegliedert. Heute ist sie eine profitable und effiziente Einheit innerhalb der gesamten DLA Piper-Gruppe. Als die Management-Änderungen im Herbst 2022 absehbar wurden, habe ich es als guten Zeitpunkt empfunden, die zuletzt entwickelten Strategien auch auf die Gesamtkanzlei umzulegen und entsprechende Modernisierung mit sehr positiver Energie vorzunehmen.
Welche speziellen Schwerpunkte haben Sie für die Beziehung mit Mandantinnen und Mandanten gesetzt und was ist Ihr Resümee? Sind Sie zufrieden mit den bisherigen Entwicklungen?
Die letzten eineinhalb Jahre waren sehr spannend und teilweise vom geopolitischen Umfeld geprägt und dominiert. Wir haben versucht, sehr rasch darauf zu reagieren und unsere Kanzlei darauf auszurichten. Das ging im Wesentlichen in drei Kernbereiche: Einerseits wollten wir uns von innen heraus, aber auch von außen entsprechend stärken. Auf Partnerebene und in der Folge auch auf Juristinnen und Juristenebene. Wir haben seitdem fünf neue Partner in Bereichen aufgenommen, die wir für sehr wichtig und zentral halten. Und von diesen fünf Partnern sind zwei aus den eigenen Reihen, worauf wir sehr stolz sind. Solche internen Promotions waren bzw. sind für mich ein sehr wichtiges Signal an unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um zu zeigen, dass wir sie langfristig bei uns behalten möchten und ihre Karriere auch entsprechend gewürdigt wird. Es ist gut, dass wir natürlich einerseits Leute von außen rekrutiert haben, aber auch Juristinnen und Juristen, die lange bei uns waren, entsprechend intern gefördert haben.
Der zweite Kernbereich ist eine klare Transparenz innerhalb der Kanzlei zu schaffen, damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hinsichtlich dieses starken Wachstumskurses auch wissen, wo unsere Ziele liegen, wo die Reise hingeht und woran sie gemessen werden. Deshalb war es mir sehr wichtig, hier mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit zu etablieren. Wir haben das Vergütungsmodell in den letzten eineinhalb Jahren für unsere juristischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vereinheitlicht, sowohl was die generelle Vergütung, aber auch was Boni anbelangt, um die Ziele für die Weiterentwicklung und Promotions entsprechend klar zu kommunizieren.
Der dritte Kernbereich ist die Prozessoptimierung – unsere Organisationsabläufe von innen her beleuchten und eruieren, was davon wirklich zukunftsorientiert ist und umgekehrt, was wir ändern und adaptieren müssen, um uns noch zukunftsfitter zu machen.
Diese drei genannten Schwerpunkte haben in vielen Bereichen positive Änderungen gebracht.
Im Rahmen Ihrer Strategie haben Sie auch eine neue Position eingeführt, eine Head of Operations, eine Art Bindeglied zwischen Juristinnen und Juristen und Backoffice. Hat sich diese Position bewährt und wie sind Sie auf die Idee gekommen?
Die Idee dahinter war, dass wir zur Umsetzung dieser drei Punkte eine Expertin benötigen, die einerseits dieses Bindeglied zwischen dem juristischen und dem nichtjuristischen Bereich ist, die aber auch mit einem nicht anwaltlichen Blick die Dinge betrachtet.
Deshalb haben wir diese Stelle mit einer Betriebswirtin besetzt, die die Kanzlei lange kennt, internationale Funktionen hatte, aber auch in die Gesamtkanzleistrategie gut involviert ist und mit einem betriebswirtschaftlichen Fokus unsere Prozesse mitgestaltet und monitort.
Sie haben auch die Pandemie miterlebt, die nicht nur einen starken Einfluss auf die Kommunikation hatte. Hat sich die Kommunikation aktuell auch innerhalb der DLA Piper-Gruppe verändert? Was hat sich als gut herausgestellt?
Ich glaube, die Kommunikation hat sich zum einen dahingehend verändert, dass Dinge flexibler und noch schneller geworden sind. Das hat viele Vorteile, beispielsweise ist der Fokus auf Mandantinnen und Mandanten, der auf Zufriedenheit orientiert ist, noch stärker geworden.
Ein Learning aus der Pandemie ist, nicht mehr rein in Spezialisierungen zu denken, die sich am österreichischen Markt jahrelang entwickelt haben, sondern die Sicht der Mandantinnen und Mandanten einzunehmen und einen Fokus darauf zu legen, was sie benötigen und wo Unterstützung notwendig ist. Das hat sich z.B. auch aus dieser rascheren Kommunikation während der Pandemie heraus entwickelt.
Natürlich hat die Reisetätigkeit, die während der Pandemie zum Stillstand gekommen ist, danach wieder zugenommen. Persönliche Treffen sind gerade in einer internationalen Kanzlei notwendig, um sich kennenzulernen, auszutauschen und gemeinsam Ideen voranzubringen. Aber insgesamt ist nichts mehr zum ursprünglichen Zustand zurückgekehrt, sondern entsprechend auch unter dem global notwendigen Aspekt der Nachhaltigkeit ein strengerer Fokus darauf gelegt worden, wann persönliche Treffen wirklich notwendig sind, wann sie einen unmittelbaren Mehrwert für die Kanzlei und für unsere Mandantinnen und Mandanten haben und wann man im Gegenzug Dinge auch rasch über digitale Kommunikationskanäle regeln kann.
Als global tätige Kanzlei spielen natürlich internationale Rechtsfragen und grenzüberschreitende Transaktionen eine wesentliche Rolle. Arbeiten Sie in ihrem Daily Business auch noch mit lokalen Causen und mit österreichischen Unternehmen?
Ja – sowohl als auch. Unsere Strategie ist einerseits eine klare Positionierung am österreichischen Markt als österreichische Kanzlei, andererseits sehen wir unsere strategische Ausrichtung natürlich in der Internationalität. Es gibt am österreichischen Markt nicht sehr viele internationale Kanzleien. Dies unterscheidet uns sicher von unseren Nachbarländern und deshalb ist es für uns umso wichtiger, dieses Feld entsprechend mit zu betreuen und aktiv zu gestalten und auszufüllen.
Wir machen das einerseits, indem wir uns verstärkt in unsere gesamte Kanzlei strategisch einbringen und versuchen, die Strategie entsprechend mitzugestalten, andererseits haben wir gerade in Österreich sehr viele internationale Juristinnen und Juristen und auch Partner, die einen speziellen Fokus auf der Jurisdiktion haben, aus der sie kommen.
Unser brasilianischer Partner am Standort Wien betreut beispielsweise nicht nur das Geschäft für Österreich zu Brasilien, sondern für Gesamteuropa. Andererseits unser ukrainischer Partner, der gerade jetzt in diesem Wiederaufbau der Infrastruktur des Banken- und Versicherungsbereiches in der Ukraine eine aktive Rolle spielt. Das heißt, wir haben das klare Ziel, zusätzlich zur Betreuung der rein österreichischen Klientinnen und Klienten hier international eine führende Rolle zu spielen.
Als Country Managing Partner ergeben sich bei einem Umzug in ein neues Büro auch viele Chancen. Sie sind in ein traditionelles Haus am Schottentor gezogen. Welche Anforderungen haben Sie umgesetzt, was hat sich als gut herausgestellt, welche Chancen haben Sie dabei genutzt?
Wir wollten einerseits das Asset, das dieses Büro hat und vor allem die Bekanntheit und die Geschichte dieses ehrwürdigen Hauses nützen, andererseits haben wir die neuen Räumlichkeiten so gestaltet, dass wir eine bewusst moderne Arbeitswelt entwickelt haben, die die Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entsprechend berücksichtigt. Wir wollten einen Ort realisieren, an dem die Kolleginnen und Kollegen gerne ins Büro kommen und gemeinsam Ideen entwickeln. Dafür haben wir auch entsprechende „Zonen“ für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingerichtet, in denen sie zusammenkommen, sich austauschen und die gemeinsame Entwicklung fördern können. Diese Kombination zu schaffen, war für uns ein wichtiges Kriterium.
Herr Dr. Mager, Sie pflegen auch eine sehr zukunftsorientierte Kanzleikultur. Sie haben beim letzten Employer Branding Award einmal Gold und zweimal Silber erreicht. Welche Maßnahmen haben sie noch gesetzt, um die Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu fördern oder diesen gerecht zu werden?
Wir wollten einerseits aktiv mit einem Employer Branding nach außen gehen, um das, was wir hier intern entwickeln und umsetzen, auch für potentielle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit uns Kontakt aufnehmen möchten und an uns interessiert sind, zu nützen.
Das heißt, was wir intern pflegen und leben, auch entsprechend nach außen zu tragen, und um auch entsprechend gute und professionelle Leute ansprechen zu können. Andererseits wollen wir nach innen eine Kollegialität auf Augenhöhe und eine möglichst flache Hierarchie fördern. Dafür haben wir über das gesamte Unternehmen hier am österreichischen Standort eine „DU“ Kultur eingeführt. Unser Fokus ist es, unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einerseits eine klare Zielrichtung für ihre Karriereentwicklung zu geben, andererseits aber auch wirklich diese Internationalität, für die wir stehen, entsprechend zu leben. Wir bieten unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern interne Programme, wie beispielsweise „Secondments“ von unterschiedlicher Dauer in unseren internationalen Offices, die individuell zugeschnitten sind und ihre Entwicklungsmöglichkeiten und ihre Karriere fördern sollen.
Heißes Thema KI. Die künstliche Intelligenz hat wesentlichen Einfluss auf die Rechtsbranche. Bestehen Ängste, dass Arbeitsplätze und Rechtsdienstleistungen dadurch ersetzt werden. Wie verwendet DLA Piper KI und wie sind ihre persönlichen Strategien dazu?
Retrospektiv betrachtet hat sich bezüglich Künstlicher Intelligenz viel verändert. Legal Tech gibt es ja schon länger. Wir sind heute in der Lage, ein Volumen von Daten in einer Geschwindigkeit zu analysieren, die früher eine Vielzahl von Juristinnen und Juristen relativ lang beschäftigt hätte. Das heißt, KI und Legal Tech haben einen unmittelbaren Einfluss im Transaktionsgeschäft, aber natürlich auch beim streitigen Verfahren, vor allem bei Massenstreitverfahren, in denen es darum geht, für sehr viele Verfahren Dinge zu analysieren, aufzubereiten und entsprechende Daten durchzusehen. Das Gleiche gilt hier für konkrete Untersuchungen bei Mandantinnen und Mandanten, wenn es um Datenschutz- oder Datensicherheitsverletzungen geht oder auch bei möglichen Hausdurchsuchungen, bei Vorwürfen oder konkreten Verstößen, die ja nicht immer nur an einem Standort stattfinden, sondern die dann oft auch bei global tätigen Unternehmen erst lokalisiert werden müssen. Und da sind natürlich KI und Legal Tech ein absoluter Game Changer. Wir haben da als internationale Kanzlei durchaus eine Vorreiterrolle, da wir einerseits Tools nützen, die am Markt schon verfügbar sind, andererseits entwickeln wir selbst die Tools weiter und versuchen sie, auf unsere globale Tätigkeit anzupassen. Das heißt, wir sind in einer durchaus guten Position, hier Marktführerschaft zu etablieren.
Ich bin positiv gestimmt und denke nicht, dass KI Juristinnen und Juristen wegrationalisieren wird. Ich glaube eher, es wird absolut notwendig sein, hier am Ball der Zeit zu bleiben, da man sonst in einer immer stärker vernetzten Welt die Themen, die Mandantinnen und Mandanten in einer raschen Geschwindigkeit gelöst haben wollen, nicht mehr anbieten kann.
Neben Ihrem Job als Country Managing Partner beschäftigt Sie ja auch noch ihre juristische Tätigkeit. Was war das spannendste Projekt oder das spannendste Thema in letzter Zeit?
Ich finde es immer sehr spannend, Leute anzusprechen und für unsere Kanzlei zu gewinnen. Wie entwickelt man eine gemeinsame Basis, die für die Person selbst einen Mehrwert schafft, aber auch unsere Kanzlei stärkt? Das hat viele Aspekte, da sind viele juristische und betriebswirtschaftliche Themen, die entscheidend sind, aber auch eine Vertrauensbasis, die gerade für diesen Beruf notwendig ist. Um wirklich festzustellen, ob man zueinander passt, ob man gemeinsam einen Mehrwert für Mandantinnen und Mandanten schaffen kann – diese Mischung herauszufinden, finde ich sehr spannend, durchaus komplex und sehr herausfordernd.
Letztes Jahr haben Sie 20 Jahre DLA Piper in Österreich mit einer großen Feier im Haus, abgeschlossen. Wo wird der Weg von DLA Piper hingehen?
Dass wir unsere Ausrichtung stärken, Mandantinnen und Mandanten möglichst in vielen Standorten umfassend betreuen zu können. Den Zeitgeist treffen, der sich jetzt aber auch trotz aller Veränderungen, die stattfinden, jetzt nicht unmittelbar ändern wird. Ich glaube, das ist ein wichtiger und richtiger Fokus, der uns auch vom Mitbewerb in Österreich unterscheidet und den wollen wir jedenfalls mit einem entsprechenden Wachstum weiter gehen. Einerseits weiterhin von außen, weil wir immer mehr interessante Personen im Markt anziehen, aber natürlich auch von innen heraus etablieren, da wir großen Fokus auf den Aufbau von jungen Kolleginnen und Kollegen gelegt haben, was sich in den nächsten Jahren sehr positiv auswirken wird.
Herr Dr. Mager, ich bedanke mich für das Interview.
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.