Im Rahmen eines Jour Fixe referierten Rechtsanwalt Dr. Bernhard Kall und Prof.-Ing. Dr. Rainer Stempkovski in den Räumlichkeiten von Willheim Müller Rechtsanwälte zum Thema „Projektmanagement – Die Verpflichtung des Auftraggebers zur Koordinierung der einzelnen Auftragnehmer„
Einführend erläuterte Dr. Kall die Schnittstellen und Reibungsflächen der einzelnen Gewerken einer Baustelle, an denen es zu Abstimmungsschwierigkeiten kommen kann, die zu Bauablaufstörungen und Behinderungen führen. Dabei stellt er die Frage und führte aus wer das finanzielle Risiko der Koordination trägt. „Nach der Grundregel des § 1168 ABGB muss der Auftraggeber Mehrkosten tragen, die durch die Verletzung seiner Mitwirkungspflichten entstehen,“ so grundsätzlich Kall.
Der Auftraggeber hat nach der Rechtsprechung des OGH die Verpflichtung, die einzelnen Leistungen der bei der Werkherstellung tätigen Unternehmer zeitlich und den Erfordernissen des technischen Ineinandergreifens der Werkleistungen entsprechend zu koordinieren. Nach Ansicht des OGH müssen die einzeln aufeinander aufbauenden Leistungen derart abgestimmt werden, dass die Vorleistung eine taugliche Grundlage für die Nachfolgeleistung darstellt.
Der Auftraggeber muss der Koordinationspflicht nicht persönlich nachkommen. Ist der Auftraggeber selbst fachlich nicht zur ausreichenden Koordination befähigt, muss er sich sogar eines geeigneten Gehilfen (etwa eines Architekten) bedienen. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht kann der Auftraggeber daher bei entsprechender Komplexität des Bauvorhabens dazu verpflichtet sein, ein ordentliches Projektmanagement einzurichten, wenn die Abstimmung der einzelnen Gewerken untereinander nur so gewährleistet ist. Der Auftraggeber muss daher gemäß § 1168 ABGB jene Mehrkosten tragen, die dadurch entstehen, dass er kein den Erfordernissen angepasstes Projektmanagement einrichtet. Außerdem haftet er für das Verschulden des beauftragten Projektkoordinators (nicht zu verwechseln mit dem Baustellenkoordinator) wie für sein eigenes.
Die einzelnen Auftragnehmer müssen sich wiederum im Rahmen ihrer Schutz- und Sorgfaltspflichten um Abstimmung ihrer Tätigkeiten untereinander bemühen und gegenseitige Behinderungen vermeiden („technischer Schulterschluss“).
Weder nach ABGB noch nach der ÖNORM B 2110 entbindet diese Verpflichtung aber den Auftraggeber von seiner Koordinationspflicht. Um ihren Anspruch auf Behinderungsmehrkosten zu wahren, müssen die einzelnen Auftragnehmer den Auftraggeber bei gegenseitiger Behinderung aber warnen.
Foto: vlnr.: Dr. Stempkovski, Dr. Kall, © Walter J. Sieberer
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