Immobilien: Einheitswert als Bemessungsgrundlage wird abgeschafft!

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Durch Abschaffung des Einheitswertes als Bemessungsgrundlage bei unentgeltlichen Liegenschafts-übertragungen und die sich abzeichnende Erschwerung von Treuhandkonstruktionen ziehen dunkle Wolken auf!

Die derzeit viel diskutierte Abschaffung des Einheitswertes als Bemessungsgrundlage bei unentgeltlichen Liegenschaftsübertragungen und die sich abzeichnende langsame Erschwerung von Treuhandkonstruktionen zur abgabeschonenden Anteilsübertragungen von Gesellschaften mit Liegenschaftsvermögen lässt ab 31.12.2012 ein neues Zeitalter im Liegenschaftsverkehr anbrechen. Aus Sicht der Steuerschuldner wird es kein goldenes werden.

RECHTSLAGE
Nach bisheriger Rechtslage wird bei all jenen Liegenschaftstranskationen, bei denen keine Gegenleistung (vor allem kein Kaufpreis) zur Berechnung der Abgaben herangezogen werden konnte, der Einheitswert als Grundlage zur Abgabenbemessung angesetzt. Werden Liegenschaften etwa geschenkt oder in Privatstiftungen eingebracht, fällt die Stiftungseingangssteuer (von 2,5 %), die Grunderwerbsteuer (von 2 % bzw. 3,5 %) und die gerichtliche Eintragungsgebühr (von 1,1 %) an, die in der Regel vom dreifachen Einheitswert berechnet werden.

Bereits im März dieses Jahres hat der Verfassungsgerichtshof jene Bestimmung des Stiftungseingangssteuergesetzes aufgehoben, die bei der Zuwendung von Liegenschaftsvermögen an inländische Privatstiftungen den dreifachen Einheitswert als Bemessungsgrundlage vorsieht. Nun wurde auch jener Teil des Gerichtsgebührengesetzes aufgehoben, der bei unentgeltlichem Liegenschaftsverkehr den dreifachen Einheitswert als Basis zur Berechnung der gerichtlichen Eintragungsgebühr bestimmt.

Aus Sicht des VfGH besteht keine sachliche Rechtfertigung für eine Differenzierung bei der Einbringung von Liegenschaften im Vergleich zur Einbringung von sonstigem Vermögen in Privatstiftungen. Überdies führe die Anknüpfung der Eintragungsgebühr an die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage zu einer unzulässigen differenzierten Behandlung von verschiedenen Arten des Grundstückserwerbes bei der Eintragungsgebühr. Dabei wurde ausdrücklich festgehalten, dass sich die verfassungsrechtlichen Probleme der Grundbesitzbewertung nicht aus dem System der Einheitsbewertung an sich ergeben, sondern vielmehr auf den Umstand zurückzuführen wären, dass eine Anpassung der Einheitswerte an die tatsächliche Wertentwicklung der Grundstücke seit Jahrzehnten ausgeblieben sei.

ALTERNATIVE REGELUNG ODER ANHEBUNG DER GEBÜHR?
Der VfGH räumte dem Gesetzgeber im Zuge der Aufhebung der verfassungswidrigen Bestimmung des Gerichtsgebührengesetzes eine Frist bis zum 31.12.2012 ein, die Gebührenbemessung neu zu regeln. Sollte der Gesetzgeber von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machen, wäre die Eintragungsgebühr ab diesem Zeitpunkt vom (tatsächlichen) Wert der Liegenschaft zu berechnen. Dabei ist jedoch nicht klar, wie eine solche Bemessung faktisch ablaufen würde, da der tatsächliche (Verkehrs-)Wert der Liegenschaft jeweils im Einzelfall durch ein Gutachten festgestellt werden müsste.
Die Entscheidung des VfGH könnte auch das Ende der Anwendbarkeit des Stiftungseingangssteuergesetzes auf Grundstückserwerbe von Stiftungen bedeuten: Nach Vorstellung des Finanzministeriums soll ab 2012 im Grunderwerbsteuergesetz ein Steueräquivalent in Höhe von 2,5 % zur Anwendung gelangen, das zusätzlich zur Grunderwerbsteuer eingehoben wird. Hierin könnte jedoch der sprichwörtliche „Haken“ liegen: Jene Argumente, die zur Aufhebung der Bestimmungen im Stiftungseingangssteuer- und Gerichtsgebührengesetz geführt haben, könnten über kurz oder lang auch im Bereich des Grunderwerbsteuergesetzes zur Gesetzesprüfung und in der Folge zu dessen (teilweiser) Aufhebung führen. Die angedachte faktische Verlagerung der Stiftungseingangssteuer für Liegenschaften ins Grunderwerbsteuergesetz könnte daher eine nur kurzfristige Verschiebung bedeuten.

Der Gesetzgeber wird daher ein System zu finden haben, das nicht nur den vom VfGH geäußerten Bedenken Rechnung trägt, sondern allenfalls das gesamte System der Abgabenbemessung bei Liegenschaftstranskationen ohne ziffernmäßiger Gegenleistung regelt. Dies könnte – auch unter Berücksichtigung der Erkenntnisse des VfGH – z.B. durch eine Modernisierung des Einheitswertsystems oder durch die Heranziehung von Bemessungsgrundlagen, die mit vertretbarem Aufwand ermittelt werden können, geschehen. Im Bereich der Gerichtsgebühren könnte dies auch bedeuten, dass das Grundbuch – wie bereits das Firmenbuch – die Eintragungsgebühr nicht nach dem Wert des Rechtes (bzw. der Gegenleistung), sondern anhand von fixen Beträgen vorschreibt, die für alle gleichartigen Eintragungen gleich hoch sind.

Auch bei der Anteilsübertragung an Gesellschaften mit Grundbesitz gerät das System langsam ins Wanken. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat vor Kurzem einen Beitrag zur Abgabendiskussion im Liegenschaftsbereich geleistet: Nach bisheriger Rechtslage fiel beim Erwerb von Anteilen an Gesellschaften, die über Liegenschaftsvermögen verfügen, nur dann Grunderwerbsteuer an, wenn sämtliche Anteile in einer Hand vereinigt wurden. Dem konnte – unter Berücksichtigung der auch von der Judikatur entwickelten streng formalrechtlichen Anknüpfung – dahingehend begegnet werden, dass ein Treuhänder einen Zwerganteil an der Gesellschaft hielt, um die Anteilsvereinigung zu verhindern.

Nun hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass trotz formalrechtlicher Anknüpfung auch eine solche Treuhandgestaltung zwecks Vermeidung der Anteilsvereinigung einen Missbrauch im Sinne der Bundesabgabenordnung darstellen kann, sodass der Vorgang auch ohne (formalrechtliche) Vereinigung der Anteile in einer Hand als grunderwerbsteuerpflichtig zu behandeln ist.

Bedenklich ist dabei insbesondere, dass nach Ansicht des VwGH die Behörde nach eigenem Ermessen im Rahmen der freien Beweiswürdigung die Gestaltung einer Transaktion als „unangemessen“ oder „ungewöhnlich“ qualifizieren und somit den Missbrauch bejahen kann. Im Ergebnis würde dies dazu führen, dass man sich weiter und weiter von der streng formalrechtlichen Anknüpfung entfernt.

Finanzministerium sieht Häufung von Missbrauch nicht – noch nicht?
Überraschenderweise hat das Finanzministerium als Reaktion auf die Entscheidung mit einem Erlass reagiert und festgehalten, dass die bloße Treuhandschaft, „die auch zivilrechtlich zulässig ist, keinen Missbrauch im Sinne der Bundesabgabenordnung darstellen“ und dass diese Bestimmung „nur in Einzelfällen bei speziellen Sachverhaltskonstruktionen zur Anwendung kommen kann“. Dabei hält sich das BMF bedeckt, um welche Einzelfälle es sich handeln könne bzw. welche Gestaltungsmöglichkeiten nach wie vor zulässig sind und keinen Missbrauch darstellen.

Auf Basis des Erlasses des BMF könnte zwar nunmehr argumentiert werden, dass der gleichzeitige Erwerb von Anteilen an einer Gesellschaft mit Liegenschaftsbesitz durch den Erwerber und einen in seinem Auftrag handelnden Treuhänder nicht nur – formalrechtlich gesehen – keine Anteilsvereinigung, sondern auch keinen Missbrauch darstellt. Dennoch muss künftig damit gerechnet werden, dass eine Überprüfung des Missbrauchstatbestandes häufiger erfolgt. Es empfiehlt sich daher jedenfalls, bei solchen Treuhandkonstruktionen auch abseits der Vermeidung der Grunderwerbsteuer Gründe zu finden, die für die Durchführung in der gewählten Konstruktion sprechen, und diese auch zu dokumentieren, um im Fall der Überprüfung einen im Raum stehenden Missbrauchsvorwurf ausräumen zu können.

FAZIT
Jedenfalls ist es für den Betroffenen notwendig, seine derzeitige Situation sowie geplante Transaktionen zu überdenken und die Entwicklungen im Bereich der Abgabendiskussion aufmerksam zu verfolgen, um gegebenenfalls noch vor der nicht auszuschließenden Erhöhung der Abgabenbelastung wohlgeplante Schritte zu setzen.

Dr. Alexander Scheitz
www.enwc.com

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