Neue Gruppenfreistellungsverordnung ab 1.6.2010

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Neue GVO für vertikale Vereinbarungen ab 01.06.2010 in Kraft

Die Europäische Kommission hat am 20. April 2010 die neue Gruppenfreistellungsverordnung 330/2010 („GVO“) sowie Leitlinien für vertikale Beschränkungen veröffentlicht. Die GVO nimmt dabei unter besonderen Voraussetzungen bestimmte Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen vom Wettbewerbsverbot nach Art 101 (1) des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union („AEUV“) aus.

Mit der neuen GVO sollen vor allem die Veränderungen des Wirtschaftslebens der letzten zehn Jahre, insbesondere Veränderungen hinsichtlich des Online-Vertriebs, berücksichtigt und allfällige Missstände korrigiert werden.

Welche Veränderungen sind zu beachten?

  • die neue GVO sieht statt einer bislang vorzunehmenden einseitigen nun eine doppelte Marktanteilsschwellenprüfung vor; demnach kommt die neue GVO nur dann zur Anwendung, wenn der Anteil des Anbieters auf dem Absatzmarkt sowie der Anteil des Abnehmers auf dem Beschaffungsmarkt jeweils nicht mehr als 30% beträgt;
  • die Leitlinien enthalten Präzisierungen zu Handelsvertreterverträgen, insbesondere welche Risikoverteilung für die Anwendung der GVO ausschlaggebend ist;
  • darüber hinaus präzisieren die Leitlinien die Voraussetzungen für eine Anwendung der GVO auf Franchiseverträge; in der Regel sind diese von der GVO erfasst;
  • bezüglich des Online-Vertriebs stellen die Leitlinien Interpretationshilfen für eine Differenzierung zwischen aktiven und passiven Verkäufen zur Verfügung;
  • die EUR 100 Mio. De-Minimis-Schwelle für Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern fällt durch die GVO weg; darüber hinaus definiert die GVO den Begriff des Wettbewerbers neu und präziser als bisher; so wird nun der geografisch relevante Markt mitberücksichtigt;
  • Klarstellungen enthalten die Leitlinien auch hinsichtlich den Kernbeschränkungen, wie Preisbindungen zweiter Hand, Gebietsschutzklauseln etc., die jedenfalls eine Wettbewerbsbeschränkung nach Art 101 (1) AEUV darstellen; hervorgehoben wird jedoch ausdrücklich, dass jedoch auch bei Vorliegen dieser Kernbeschränkungen die Möglichkeit besteht, dass die aus der Vereinbarung resultierenden pro-kompetitiven Effekte unter Umständen eine Ausnahme vom Wettbewerbsverbot nach Art 101 (3) AEUV rechtfertigen.

Die neue GVO trat mit 01.06.2010 in Kraft und löst dabei die bislang geltende und mit 31.05.2010 auslaufende GVO 2790/1999 ab. Für bereits bestehende „Altvereinbarungen“, die die Voraussetzungen der alten GVO 2790/1999  erfüllen und demnach vom Wettbewerbsverbot ausgenommen sind, ist eine Übergangsfrist bis zum 31.05.2011 vorgesehen. Unternehmen sollten demnach ihre existenten vertikalen Vereinbarungen prüfen, ob diese noch immer die Voraussetzungen der GVO erfüllen. Für den Fall, dass die vertikalen Vereinbarungen diese nicht erfüllen, müssen Unternehmen bis zum 31.05.2011 prüfen, ob die einzelnen Vereinbarungen wettbewerbswidrig sind und falls ja, inwieweit diese eine Einzelfreistellung nach Art 101 (3) AEUV rechtfertigen.

Johannes P. Willheim / Philipp Hofer, Willheim Müller RAe

www.wmlaw.at

Foto: Willheim Müller RAe

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