Neuer Rechtsrahmen für grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen in Arbeit

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Mag. Helmut Schmidt, Partner bei ScherbaumSeebacher, Experte für M&A und Gesellschaftsrecht

Die Europäische Union hat es sich zum Ziel gesetzt, die grenzüberschreitende Mobilität für Unternehmen zu erleichtern.

Seit 25.04.2018 liegt ein Richtlinienvorschlag zur Vereinfachung von grenzüberschreitenden Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen vor.

Einerseits sollen Gesellschaften — insbesondere auch Kleinunternehmen — in effizienter, kostengünstiger und wirksamer Weise grenzüberschreitende Umwandlungen, Spaltungen aber auch Verschmelzungen vornehmen können. Andererseits soll das Gründen versteckter Briefkastenfirmen zu betrügerischen Zwecken, welche von organisierten kriminellen Vereinigungen genutzt werden, um die wirtschaftlichen Eigentümer von Gesellschaften zu verschleiern, verhindert werden. Es gilt die am stärksten betroffenen Interessenträger wie Arbeitnehmer, Gläubiger und Gesellschafter in geeigneter Weise zu schützen und dabei die Arbeitnehmerrechte, Mitbestimmungsstandards und gesellschafts- und insolvenzrechtlichen Besonderheiten der jeweiligen nationalen Rechtsordnungen miteinander in Einklang zu bringen. Zudem soll ein effizientes System der Unternehmensbesteuerung geschaffen werden, um Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarktes zu vermeiden.

Die bestehende Richtlinie über grenzüberschreitende Verschmelzungen wird zur Verbesserung der Funktionsweise aktualisiert und ergänzt. Die grenzüberschreitenden Umwandlungsregelungen folgen gewissermaßen der kürzlich ergangenen Polbud-Entscheidung des EuGH, welche den Gesellschaften auf der Grundlage der Niederlassungsfreiheit diese Möglichkeit zubilligt. Neu ist der Rechtsrahmen für grenzüberschreitende Spaltungen zur Neugründung (dh. die partielle Übertragung des Aktiv- und Passivvermögens einer Gesellschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf eine neu zu gründende ausländische Gesellschaft). Die grenzüberschreitende Spaltung durch Übernahme (dh. die partielle Vermögensübertragung auf eine bereits bestehende ausländische Gesellschaft) bleibt hingegen auch weiterhin ungeregelt.

Wesentliche Voraussetzung für das Gelingen in der Praxis wird die Nutzung digitaler Instrumente und insbesondere der Austausch von gesellschaftsspezifischen Informationen über grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen zwischen Unternehmensregistern im Rahmen des Systems zur Verknüpfung von Unternehmensregistern (BRIS) sein. Informationen über die grenzüberschreitenden Maßnahmen (wie bspw. der Spaltungsplan oder der Umwandlungsplan) sollen für die Interessierten (Gesellschafter, Gläubiger und Arbeitnehmer) kostenlos öffentlich zugänglich sein.

Folgende Prinzipien liegen dem Vorschlag zugrunde:

  • Zustimmung der jeweiligen Gesellschafterversammlungen;
  • Prinzip der Offenlegung in den Unternehmensregistern;
  • Prüfung durch einen unabhängigen Sachverständigen;
  • Schutz der Gläubiger;
  • Mitbestimmung der Arbeitnehmer;
  • Vorabbescheinigung der Behörde.

Der unabhängige Sachverständige soll unter anderem die Auswirkungen der grenzüberschreitenden Maßnahme auf die Arbeitsverhältnisse bewerten und erklären, ob ein Nachteil für die Gläubiger zu erwarten sei. Um Kosten für kleinere Gesellschaften zu vermeiden, werden Klein- und Kleinstunternehmen von der Verpflichtung zur Vorlage eines unabhängigen Sachverständigenberichts ausgenommen.

Aus verfahrensrechtlicher Sicht ist stets jene Behörde des Mitgliedsstaates, von dem der Wegzug geplant ist bzw. die Behörde, welche die Spaltung/ Verschmelzung vornimmt, berechtigt, eine Vorabbescheinigung auszustellen. Ohne diese Vorabbescheinigung können die Behörden der Mitgliedsstaaten der übernehmenden bzw. begünstigten Gesellschaft das Verfahren der grenzüberschreitenden Maßnahme nicht abschließen.

Der Vorschlag räumt den Mitgliedsstaaten in der Umsetzung erhebliche Gestaltungsfreiheiten ein. Es bleibt daher abzuwarten, ob den Unternehmen tatsächlich die Chance gegeben wird, in einem rechtlich und administrativ gesicherten Umfeld, das den neuen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen einer globalisierten und digitalen Welt entspricht, zu operieren.

Kommentar von Helmut Schmidt, ScherbaumSeebacher Rechtsanwälte Graz/Wien, spezialisiert auf M&A, Gesellschaftsrecht und Umgründungen.

www.scherbaum-seebacher.at
Foto: beigestellt

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