Änderungs-Richtlinie: Umgründungen nun leichter!

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Die EU hat sich die Verringerung des Verwaltungsaufwands auf die Fahnen geschrieben und sich dabei auch das Gesellschaftsrecht vorgenommen. Im Bereich der Umgründungen wurden daher in der sog „Änderungs-Richtlinie“ die Berichts- und Dokumentationspflichten gelockert. Österreich hat die europäischen Vorgaben im Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2011 („GesRÄG 2011“) umgesetzt. Die umgründungsrechtlichen Neuerungen des GesRÄG 2011 sind mit 1. August 2011 in Kraft getreten.

NEUHEITEN

Die neuen Regelungen vereinfachen vor allem Verschmelzungen und Spaltungen innerhalb eines Konzerns. Das ist eine gute Nachricht für die Praxis. Umgründungen werden in Österreich nämlich überwiegend zur Umgestaltung von Konzernen eingesetzt. Oft gehen sie auch dem Verkauf eines Unternehmensteils voran, wenn das target für den Verkauf „hergerichtet“ werden muss.
Das österreichische Verschmelzungsrecht kannte schon bisher eine Reihe von Erleichterungen für Verschmelzungen von Tochtergesellschaften auf ihre Muttergesellschaften (up-stream merger). Das neue Gesetz hat diese Erleichterungen ausgedehnt.

UP-STREAM

Bemerkenswert ist zunächst, dass die Verschmelzung einer 100 %-igen Tochtergesellschaft mit ihrer Mutter als aufnehmender Gesellschaft weder auf Ebene der Tochter noch auf jener der Mutter grundsätzlich einer Beschlussfassung der Gesellschafter bedarf, es sei denn, dass, wie bisher, Gesellschafter der Mutter, die über zumindest 5 % des Grund-/Stammkapitals verfügen, ausdrücklich eine Beschlussfassung in deren Gesellschafterversammlung verlangen. Das gilt auch dann, wenn der Mutter das Unternehmen einer 100 %-igen Tochtergesellschaft zur Gänze oder teilweise im Wege einer Spaltung zur Aufnahme übertragen wurde. Im Gegensatz zur Verschmelzung bleibt hier die Tochtergesellschaft bestehen.
Die Berichte von Vorstand (Erläuterung der Umgründung) und Aufsichtsrat (Prüfung der Umgründung) sind seit dem GesRÄG 2011 bei einem up-stream merger auf die 100%-ige Mutter sowie bei verhältniswahrenden Spaltungen zur Neugründung, also dann, wenn die Gesellschafter an der durch die Spaltung entstehenden Gesellschaft im selben Verhältnis beteiligt sein sollen, wie an der übertragenden Gesellschaft, nicht mehr erforderlich.
Unabhängig von der Beteiligungsstruktur können die Gesellschafter seit dem GesRÄG 2011 generell auf den Aufsichtsrats(-prüf-)bericht verzichten.

PRAXIS

Praktische Erleichterungen bei Umgründungen folgen ferner daraus, dass Verschmelzungsvertrag und Spaltungsplan nicht mehr zwingend bei Gericht eingereicht werden müssen. Auch ein Hinweis im Amtsblatt zur Wiener Zeitung ist nicht mehr erforderlich. Es reicht die Veröffentlichung dieser Unterlagen in elektronischer Form in der gerichtlichen Ediktsdatei (http://www.edikte.justiz.gv.at).
Weiters müssen die Umgründungsunterlagen nicht mehr zur Vorbereitung der Hauptversammlung am Sitz der Gesellschaft aufgelegt werden. Sie können jetzt auch auf einer im Firmenbuch eingetragenen Gesellschafts-Website veröffentlicht werden.
Neuerungen gibt es schließlich für den Gläubigerschutz bei Spaltungen. Ab sofort kann ein Gläubiger binnen sechs Monaten nach Bekanntmachung der Spaltung gerichtlich Sicherstellung verlangen, wenn er glaubhaft machen kann, dass diese die Erfüllung seiner Forderung gefährdet. Insgesamt hat das GesRÄG 2011 somit wesentliche Änderungen für Umgründungen gebracht. Vorstände und Berater können sich über Erleichterungen freuen, die Umgründungen vor allem in Konzernen günstiger und schneller durchführbar machen. Dies haben erste Erfahrungen mit der neuen Rechtslage gezeigt. Die Erleichterungen sind generell zu begrüßen.

HAFTUNGSBEFREIUNG

Abschließend eine gute Nachricht für Vorstand, Geschäftsführung und Aufsichtsräte von Tochtergesellschaften: Das GesRÄG 2011 schließt Ihre Haftung gegenüber den beteiligten Gesellschaften bei einem up-stream merger der Tochter auf 100 %-ige Muttergesellschaften aus.

Dr. Stephan Frotz
www.schoenherr.eu

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