Die „streitige“ Generalversammlung – dos and don‘ts

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Christian Thaler ist Experte für Kapitalmarktrecht, Bankrecht & Finanzierung, Corporate / M&A und Insolvenzrecht & Restrukturierung und Partner bei FWP Rechtsanwälte.

So unkompliziert die Abhaltung von Generalversammlungen bei Konsens und Harmonie im Gesellschafterkreis verlaufen kann, so viele Tücken und Fußangeln können sich für Gesellschaft und Gesellschafter ergeben, wenn eine „streitige“ Versammlung ins Haus steht.

Ein kurzer Überblick:

Die ersten Monate eines Jahres sind üblicherweise auch „Saison“ für die Durchführung sogenannter ordentlicher Generalversammlungen bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), in denen eine Feststellung des Jahresabschlusses, Verwendung des allfälligen Bilanzgewinnes und die Entlastung der Geschäftsführer (und allfälliger Aufsichtsräte) auf der Tagesordnung steht; in vielen Fällen werden die Beschlüsse in solchen Generalversammlungen konsensual im Zuge eines standardisierten Sitzungsablaufes gefasst.

Was aber tun, wenn bei einer GmbH mit mehreren Gesellschaftern (und allenfalls komplexeren Beteiligungsverhältnissen) Meinungsverschiedenheiten zu den einzelnen Beschlusspunkten (wie beispielsweise die Bestellung oder Abberufung von Geschäftsführern, Zustimmung zur Übertragung von Geschäftsanteilen, etc) zu erwarten sind und daher eine „streitige“ Generalversammlung ins Haus steht? In solchen Fällen ist sowohl für die Gesellschaft als auch die Gesellschafter Einiges zu beachten:

Die Einladung zu einer solchen Generalversammlung sollte unbedingt frist- und formgerecht übermittelt werden. Viele Gesellschaftsverträge sehen eine gesetzliche (sieben Tage) oder oft verlängerte (14 Tage) Frist zwischen Absendung der Einladung und Tag der Generalversammlung vor; überwiegend ist formal die Übersendung mit eingeschriebenem Brief vorgesehen. Diese Einladungsformalitäten sollten unbedingt eingehalten werden, um ein allfälliges Anfechtungsrisiko für Beschlüsse aufgrund solcher Formalia verlässlich auszuschließen.

In einem weiteren Schritt ist zu klären, über welche Beschlussgegenstände in der Generalversammlung abgestimmt werden sollen. Sollten diese Grundlage für Eintragungen in das Firmenbuch bilden (beispielsweise die Bestellung oder Abberufung von Geschäftsführern), ist für die Protokollierung der Generalversammlung ein Notar hinzuzuziehen. Auch sonst ist zu überlegen, wie die Anfertigung eines Protokolls der Generalversammlung organisiert werden soll. Die Gesellschaft ist grundsätzlich gegenüber den Gesellschaftern verpflichtet, nach der Generalversammlung unverzüglich Abschriften der gefassten Beschlüsse zu übermitteln. Ein Anspruch auf eine detaillierte Protokollierung der Versammlung steht den Gesellschaftern aber nicht zu; sollten daher Anfechtungsprozesse im Anschluss an die Generalversammlung absehbar sein, sind Gesellschafter gut beraten, selbst möglichst detaillierte Mitschriften zu Beweiszwecken anzufertigen.

Dies führt zum zulässigen Teilnehmerkreis der Generalversammlung. Grundsätzlich immer teilnahmeberechtigt sind Gesellschafter. Dies gilt nicht ausnahmslos für deren Berater; ein solcher Anspruch besteht nur dann, wenn die Komplexität einzelner Beschlussgegenstände eine rechtliche Beratung erfordert. Um strittige Situationen über die Sitzungsteilnahme (und gegebenenfalls einen Ausschluss „unerwünschter“ Teilnehmer) im Vorhinein zu vermeiden, kann es unter Umständen ratsam sein, einem Berater (Rechtsanwalt) eine Stimmrechtsvollmacht zu erteilen, sodass dieser jedenfalls (für den Gesellschafter) ein Teilnahmerecht hat. Dabei ist zu beachten, dass eine solche Vollmacht immer schriftlich (allerdings nicht beglaubigt) erteilt werden muss. Die vor Behörden und Gerichten mögliche mündliche Berufung des Rechtsanwalts auf seine Vollmacht reicht in diesem Zusammenhang nicht aus.

Gesellschaftern, die Gefahr laufen bei einer Generalversammlung bei Beschlussgegenständen überstimmt zu werden, sei auch empfohlen, im Detail auf die Einhaltung der gesetzlichen, gesellschaftsvertraglichen Vorschriften zu achten. Sollten sich bei solchen Beschlüssen Anzeichen für Unregelmäßigkeiten (wie die unrechtmäßige Behauptung von Stimmverboten, etc) ergeben, ist jedenfalls ein Widerspruch zu Protokoll zu erklären, weil nur dieser das Recht zur Anfechtung von Beschlüssen sichert.

Kein Patentrezept ist dies allerdings für Gesellschafter, die keine Sperrminorität haben (also mit ihren Stimmen Beschlüsse nicht wirksam verhindern können), deren Anwesenheit aber grundsätzlich für das Zustandekommen rechtswirksamer Beschlüsse erforderlich ist (Präsenzquorum; Beispiel: Beschlüsse erfordern die einfache Stimmenmehrheit, aber die Anwesenheit / Vertretung von 75 % der Stimmen; der „Beispielgesellschafter“ hält 30 %). Denn nach der (in der Lehre zwar zum Teil umstrittenen) Ansicht des Obersten Gerichtshofs (zuletzt OGH 28.8.2013, 6 Ob 59/13i) kann ein solcher Gesellschafter, wenn er ordnungsgemäß geladen wurde und nicht erschienen ist, einen unter Verletzung des Präsenzquorums zustande gekommenen Beschluss nicht anfechten. „Taktisches Fernbleiben“ ist daher im Hinblick auf diese Judikatur nicht zu empfehlen; Gesellschafter sind besser beraten, an den Generalversammlungen teilzunehmen und gegebenenfalls unerwünschte Gesellschafterbeschlüsse wegen allfälliger Form- oder Inhaltsmängel anzufechten.

Im Anschluss an die Versammlung ist die Gesellschaft verpflichtet, den Gesellschaftern Abschriften der gefassten Beschlüsse zu übermitteln. Dafür gilt keine besondere Frist, sie sollte aber unverzüglich erfolgen. Ab dem Zeitpunkt der Zustellung steht Gesellschaftern eine Frist von vier Wochen für die Erhebung einer Anfechtungsklage zur Verfügung. Bis zu einer erfolgreichen Anfechtung sind – mit Ausnahme absolut nichtiger Beschlüsse – die gefassten Beschlüsse grundsätzlich wirksam.

All dies zeigt, dass bei „streitigen“ Generalversammlungen eine Reihe von Fußangeln lauern, die sowohl für Gesellschafter als auch (insbesondere Minderheiten-) Gesellschaftern zu erheblichen Konsequenzen führen können. Eine sorgfältige Vorbereitung ist daher unentbehrlich.

Mag. Christian Thaler

www.fwp.at

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