Der EuGH hat im Rahmen des „Liftkartell“-Verfahrens eine für das Kartellrecht wesentliche Vorentscheidung getroffen, die maßgeblich zu effektiverem Rechtsschutz beiträgt.
Die Tatsache, dass der Ausschluss des Ersatzes für Umbrella-Schäden mit dem Kartellverbot unvereinbar ist bedeutet einen wichtigen Teilsieg für die Vertretung des Geschädigten durch Lansky, Ganzger + partner (LGP)
Am 30. Januar 2014 hat der EuGH eine für das Kartellrecht wesentliche Vorentscheidung getroffen. In einem aus Österreich stammenden Musterprozess geht es nämlich um den Ersatz von Schäden aus kartellrechtswidrigen Absprachen. Dieses Verfahren geht auf die Klage eines österreichischen Opfers gegen das aus führenden Aufzug- und Fahrtreppenhersteller (Kone, Otis, Schindler und ThyssenKrupp) bestehenden Liftkartells zurück, welches sich über mehrere Länder der EU er-streckte. Zwar wurden die Kartellanten sowohl auf EU-Ebene als auch in Österreich zu Bußgeldern verurteilt, doch sehen sie sich auch Klagen zahlreicher geschädigter Abnehmer in Millionenhöhe gegenüber. Der OGH hat nun den EuGH um Klärung der Frage ersucht, ob auch sog Umbrella-Schäden zu ersetzen sind. Das sind Schäden, die Kunden aus Verträgen mit Nicht-Kartellanten dadurch entstanden sind, dass auch Kartellaußenseiter ihre Preise aufgrund des Preisschirmeffekts des Kartells erhöht haben. Strittig ist dabei die Zurechnung solcher Schäden zu den Kartellanten.
In ihren Schlussanträgen kommt Generalanwältin Kokott, welche bereits im Bußgeldprozess vor dem EuGH befasst war, zum Ergebnis, dass der Ausschluss des Ersatzes für Umbrella-Schäden mit dem Kartellverbot unvereinbar ist. Damit setzt sie einen Meilenstein im Kartellschadenersatz, war doch bislang der Ersatz von Umbrella-Schäden äußerst umstritten. Durch die prinzipielle Gewährung von Schadenersatz wies sie nicht nur die verständlicherweise defensiven Position der Kartellanten, sondern auch die enge Auffassung des OGH mehrfach ausdrücklich zurück. Sie ging vielmehr von einer auf dem Unionsrecht basierenden Argumentation aus und folgte auch durch die Berücksichtigung der grundrechtlichen Aspekte und des Effektivitätsgrundsatzes dem Vorbringen des Geschädigten (vertreten durch Alexander Egger für die Kanzlei Lansky, Ganzger + partner). Sie sprengt damit zugleich das enge Korsett, das sich aus zu strengen Anforderungen an Rechtswidrigkeitszusammenhang und Adäquanz ergibt, und so effektiven Rechtsschutz verhindert.
Da die Kammern in den meisten Fällen den Vorschlägen der Generalanwälte folgen, ist mit einem für die Kartellanten negativen Urteil zu rechnen. Dieses wird in wenigen Monaten erwartet.
Der Ausgang dieses Verfahrens hat nicht nur Auswirkungen auf eine große Zahl von laufenden Schadenersatzprozessen gegen die Kartellanten. Darüber hinaus kommt ihm EU-weite Bedeutung für die Rechtsfolgen von Kartellen zu.
Foto: beigestellt
Redaktion: Katarina Holik
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