Führungskraft undercover am Arbeitsplatz

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Remo Sacherer

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Wenn eine Führungskraft verdeckt im eigenen Unternehmen arbeitet, wirft das arbeitsrechtliche Fragen auf.

Der „Undercover Boss“ ist in aller Munde: Führungskräfte arbeiten für eine bestimmte Zeit verdeckt und mit neuer Biografie als Hilfsarbeiter im eigenen Unternehmen. Sie wollen dadurch näher zur Basis kommen, Schwachstellen aufdecken und eine unverfälschte Sicht in die Arbeitsabläufe ihres Unternehmens erhalten. Doch der vermeintliche Kollege erfährt viel mehr. Er bekommt ein Bild über die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen. Nicht selten wird in Pausen über persönliche Dinge gesprochen. Über die Familie, die Gesundheit, über Sorgen und Wünsche. Im Fernsehen gibt es ein Happy End. Was überbleibt, ist ein Chef mit „Herz“ und ein attraktiver Arbeitgeber. Dieses gut inszenierte Employer Branding kann in der Realität aber durchaus auch arbeitsrechtliche Fragen aufwerfen. Bevor sich Unternehmer und Führungskräfte daher Schnurrbärte aufkleben und sich in Arbeitsmonturen werfen, sollte Folgendes beachtet werden: Kontrollmaßnahmen mit einer hohen Kontrollintensität bedürfen der Zustimmung des Betriebsrates. Existiert kein Betriebsrat, muss der einzelne Arbeitnehmer zustimmen. Als Kontrolle ist dabei nicht nur eine technische Kontrolle wie beispielsweise eine Videoüberwachung zu verstehen, sondern auch die Kontrolle durch andere Menschen. Gleichgültig, ob man sich daher als „Undercover Boss“ tarnt, Detektive oder Mystery Shopper beauftragt oder andere verdeckte Überwachungsmaßnahmen setzt. Vorher sollte immer die arbeitsrechtliche Zulässigkeit geprüft werden. Der Knackpunkt ist, ob dabei die Menschenwürde der Arbeitnehmer berührt oder sogar verletzt wird.

Gänzlich tabu sind daher etwa die Überwachung von Toiletten und Umkleideräumen oder das gezielte Ausspionieren höchstpersönlicher Angelegenheiten wie Familienplanung oder Gesundheitszustand. Aber auch harmlos erscheinende Kontrollen der Einsatzbereitschaft, Motivation oder des Verhaltens der Mitarbeiter kann problematisch sein. Nach der Judikatur dann, wenn die Kontrollen unverhältnismäßig lang andauern oder unverhältnismäßig stark ausgeprägt sind. Sollten Unternehmen ihre Mitarbeiter daher routinemäßig überwachen, ist dies ohne Einverständnis nicht zulässig. Werden „Spione“ eingesetzt, um einzelne Mitarbeiter gezielt auszuhorchen, so ist dies in der Regel ebenfalls unzulässig. Besteht hingegen der konkrete Verdacht einer schweren Dienstpflichtverletzung oder einer strafbaren Handlung, darf auch ohne Zustimmung näher hingeschaut werden. Bei einem unerklärlichen Warenschwund dürfen ohne Wissen der Arbeitnehmer Detektive und Kameras eingesetzt werden. Nach der Aufklärung muss die anlassbezogene Kontrolle sofort beendet werden. Neben dem Arbeitsrecht muss auch die datenschutzrechtliche Zulässigkeit einer Kontrolle sichergestellt werden. Dies gilt vor allem beim Einsatz technischer Hilfsmittel. Ist dem Mitarbeiter hingegen sein Auftritt im TV bewusst und dient der kurzfristige Undercover-Einsatz dem besseren Verständnis zwischen Führungskräften und seiner Mannschaft, ist der gespielte Hilfsarbeiter arbeitsrechtlich unproblematisch.

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Foto: beigestellt

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