KWR Corporate Lounge 2013

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Hon.-Prof. HR Dr. Hans Peter Lehofer, Univ.-Prof. Dr. Gerhart Holzinger, Hon.-Prof. DDr. Jörg Zehetner, Dr. Michael Sachs, Dr. Thomas Rabl
Hon.-Prof. HR Dr. Hans Peter Lehofer, Univ.-Prof. Dr. Gerhart Holzinger, Hon.-Prof. DDr. Jörg Zehetner, Dr. Michael Sachs, Dr. Thomas Rabl

Die neue Verwaltungsgerichtsbarkeit: Aufbruch in eine neue Rechtsstaatlichkeit?

Thema der 8. KWR Corporate Lounge am 20. November 2013 im Dachgeschoss des Justizpalasts war die neue Verwaltungsgerichtsbarkeit ab 1.1.2014 und die damit einhergehende Reform des Rechtsschutzsystems.

Das hochrangig besetzte Podium mit den Herren Univ.-Prof. Dr. Gerhart Holzinger, Präsident des Verfassungsgerichtshofes, Hon.-Prof. Dr. Hans Peter Lehofer, Hofrat des Verwaltungsgerichtshofes, Dr. Michael Sachs, Vizepräsident des Bundesverwaltungsgerichts, RA Dr. Thomas Rabl und RA Hon.-Prof. DDr. Jörg Zehetner, beide KWR, diskutierte die wesentlichsten Änderungen und Herausforderungen, die sich durch die Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle ergeben.

Eingangs betonte der Moderator der Diskussion Jörg Zehetner die Bedeutung der Reform, bei der es sich um eines der größten legistischen Vorhaben der neueren Verfassungsgeschichte handelt. Damit übergab er das Wort an Michael Sachs, der vor allem die organisatorischen Herausforderungen darlegte. Sachs betonte die seiner Ansicht nach positiven Auswirkungen der Reform, wodurch „die bisherigen einzelnen juristischen Schrebergärten des Verwaltungsrechts ihre Zäune verlieren werden“. Zwar ändere dies nichts daran, dass einzelne „Biotope“ bestehen blieben, insgesamt, so Sachs, würden jedoch gewaltige Barrieren abgebaut.

Auch Gerhart Holzinger wies unter Bezugnahme auf rechtsstaatliche und verfassungsrechtliche Aspekte abermals auf die Wichtigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle hin und legte dar, dass die nunmehrige zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit schon seit 1875 angedacht war. Man sei daran in der Vergangenheit aber immer wieder gescheitert. Die Realisierung einer zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit sei zwar eine gigantische Aufgabe, jedoch gleichzeitig eine noch große Chance für die Weiterentwicklung des Rechtsstaats, wobei aber alle Beteiligten dazu aufgerufen sind, aktiv und mit großem Einsatz daran mitzuwirken, um deren Erfolg zu garantieren.

Hans Peter Lehofer bezog sich in der Folge vor allem auf die neue Rolle des Verwaltungsgerichtshofs als neues Revisionsgericht. Ob ein Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof hinkünftig erfolgreich ist, werde maßgeblich davon abhängen, dass die Revisionswerber es zu Stande bringen, „Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung“ aufzuzeigen. Lehofer erläuterte auch, dass das Verfahren vor den neuen Verwaltungsgerichten keinen Anwaltszwang erfordere, was den Zugang zum Rechtsschutz erleichtern könne.

Thomas Rabl legte im Anschluss einige problematische Aspekte der konkreten legistischen Umset-zung des Vorhabens dar. Er wies darauf hin, dass das „materielle Recht ohne das Verfahrensrecht zahnlos sei“, Verfahrensrecht aber einfach, fair, klar und verständlich für alle zu sein habe. Vor diesem Hintergrund unterstrich er, dass das Reformvorhaben leider auch mit „Anlaufschwierigkei-ten“ zu kämpfen haben werde. Einige wichtige Grundsatzfragen würden daher letztlich erst durch die Judikatur der Höchstgerichte geklärt werden müssen.

Im Anschluss an die Diskussion fand die Lounge mit rund 170 Gästen aus Wirtschaft, Industrie und Verwaltung bei einem Cocktailempfang über den Dächern Wiens ihren Ausklang.

www.kwr.at

Fotos: beigestellt

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