OGH bestätigt strenge Judikatur des EuGH zur Vereinbarung des Gerichtsstandes

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Dr. Alexander Wöß
Dr. Alexander Wöß
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Grundsätzlich ist der Gerichtsstand durch nationale und internationale Regeln vorgegeben. Parteien eines Vertrages können einen Gerichtsstand aber auch individuell vereinbaren.

Bei Geschäften unter Unternehmern ist der Gestaltungsspielraum dabei einigermaßen groß. Gerade Unternehmer versuchen vielfach, einen ihnen genehmen Gerichtsstand in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) unterzubringen und damit zum Inhalt der Vereinbarung zu machen. – Was ist dabei zu beachten?

Rechtslage in Österreich
Gemäß § 104 JN können sich Vertragsparteien einem Gericht erster Instanz „namentlich angeführter Orte durch ausdrückliche Vereinbarung“ unterwerfen. Diese Vereinbarung muss im Bestreitungsfall „urkundlich nachgewiesen“ werden. Diesem Erfordernis des urkundlichen Nachweises entspricht nicht nur eine gemeinsame Vertragsurkunde. Die Gerichtsstandsvereinbarung kann auch durch getrennte schriftliche Erklärungen und Gegenerklärungen zustande kommen. Allerdings ist eine Zuständigkeitsvereinbarung nur dann als urkundlich nachgewiesen anzusehen, wenn deren Inhalt durch die folgende Unterschrift gedeckt ist.

AGB bedürfen zu ihrer Geltung der Einbeziehung in den Vertrag. Sie sind anzuwenden, wenn sie durch einen entsprechenden Hinweis im Vertragstext oder zumindest stillschweigend zum Vertragsinhalt gemacht werden. Ob der Hinweis auf die AGB vom Vertragspartner ausdrücklich zur Kenntnis genommen wurde und ob diese ihm vor Vertragsabschluss ausgehändigt wurden, ist nicht entscheidend. Maßgeblich ist nur, dass der Vertragspartner die Möglichkeit hatte, von deren Inhalt Kenntnis zu erlangen. Dabei reicht es z.B. aus, die eigenen AGB auf der Website zur Einsicht zur Verfügung zu stellen (OGH 6 Ob 167/12w).

Zwischen Unternehmern sind Gerichtsstandsklauseln in AGB in der Regel nicht ungewöhnlich. Solche Vertragsbedingungen müssen, sofern sie nicht versteckt auf irgendeiner Urkunde angebracht sind, vom Empfänger der Urkunde, der selbst Unternehmer ist, beachtet und abgelehnt werden, wenn er nicht als damit einverstanden angesehen werden will. Ein Unternehmer kann sich im Allgemeinen z.B. nicht darauf berufen, er habe auf der Rückseite eines Antragsformulars abgedruckte AGB nicht gekannt, wenn auf der Vorderseite in deutlicher Schrift ein Hinweis auf diese Bedingungen enthalten war.

Rechtslage auf europäischer Ebene
Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten innerhalb der EU gilt die sogenannte (jüngst reformierte) „EuGVVO“, die in den Mitgliedstaaten unmittelbar gilt. Nach der EuGVVO kann eine Gerichtsstandsvereinbarung unter verschiedenen Voraussetzungen zustande kommen, so z.B. mittels schriftlicher Vereinbarung (Art. 25).

Der OGH hat sich dazu jüngst (4Ob161/14a) wie folgt geäußert: Gerichtsstandsvereinbarungen nach der EuGVVO seien autonom auszulegen. Die Voraussetzungen für deren Zustandekommen seien eng zu verstehen, gelte es doch, das Ziel zu verwirklichen, dass Zuständigkeitsvereinbarungen nicht unbemerkt Inhalt eines Vertrages werden. Das Erfordernis der Schriftlichkeit (das im Gegensatz zu § 104 JN keine „Unterschriftlichkeit“ verlangt) ist nach dem EuGH dann gewahrt, wenn die Parteien im Vertragstext auf ein Angebot Bezug genommen haben, das seinerseits ausdrücklich auf die eine Gerichtsstandklausel enthaltenden AGB hingewiesen hat. Diese Beurteilung gilt jedoch nur für den Fall eines deutlichen Hinweises, dem eine Partei bei Anwendung der normalen Sorgfalt nachgehen kann, und nur, wenn feststeht, dass mit dem Angebot, auf das Bezug genommen worden ist, die die Gerichtsstandklausel enthaltenden AGB der anderen Partei tatsächlich zugegangen sind. Auch der OGH vertritt die Auffassung, dass zum Zustandekommen einer Gerichtsstandsvereinbarung die eine solche Klausel enthaltenden AGB spätestens im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses den Vertragspartnern vorliegen müssen. Die leichte Abfragbarkeit der AGB im Internet ändere an dieser Beurteilung nichts, wenn das sich auf seine AGB berufende Unternehmen nicht davon ausgehen durfte, dass der Vertragspartner die AGB durch Interneteinsicht noch vor Zustandekommen des Vertrags zur Kenntnis genommen hat. Auch das überwiegende Schrifttum verlange, dass die AGB dem anderen Teil im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorliegen müssen; eine bloße Hinweisklausel ohne Beifügung und Übersendung der AGB reicht nach dieser Auffassung für eine wirksame Vereinbarung nicht aus. Es besteht daher für den anderen Vertragspartner keine Pflicht, sich die AGB zu verschaffen. Der OGH sprach im Anlassfall ausdrücklich aus, im Interesse der Rechtssicherheit und zur Gewährleistung des Einverständnisses der Parteien an dieser in der Rechtsprechung von EuGH und OGH sowie im überwiegenden Schrifttum vertretenen strengen Auffassung festzuhalten.

Fazit
Es kann im Ergebnis einen gravierenden Unterschied machen, nach welcher Rechtsgrundlage eine Gerichtsstandsvereinbarung zu beurteilen ist. Die Voraussetzung der Einbeziehung von AGB, die im Internet eingestellt sind und die eine Gerichtsstandklausel enthalten, werden vom OGH nach der EuGVVO offensichtlich deutlich strenger beurteilt. Da der Vereinbarung der gerichtlichen Zuständigkeit große Bedeutung zukommt, kann man in der Praxis gar nicht vorsichtig genug sein. Klare vertragliche Grundlagen, die nachweisliche Übermittlung der eigenen AGB sowie deren Unterfertigung durch den Vertragspartner sind grundlegende Anforderungen. Eine Gerichtsstandsklausel sollte idealer Weise losgelöst von den AGB (auch) im unterschriftlich angenommenen Angebot und/oder in der „eigentlichen“ beidseitig unterfertigten Vertragsurkunde enthalten sein.

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