Produktpiraterie: Das (K)Entern der Konsumgesellschaft

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Achtung, Verwechslungsgefahr! 2009 wurde der Zoll an den Außengrenzen der EU in 43.500 Fällen tätig. Dies betraf mehrere Millionen Produkte, bei denen der Verdacht bestand, dass sie nachgeahmt oder gefälscht waren. Beschränkten sich die Fälschungen vor 30 Jahren noch auf Kleidung und Schuhe, gibt es heute kaum mehr einen Markenartikel, der nicht schon als Billigkopie am freien Markt erhältlich ist.

So wie Piraten, die einst als Schrecken der Weltmeere gegolten haben, bedrohen Produktpiraten die Gegenwart der Weltmärkte. Sie „entern“ Unternehmen, oft bekannte Flaggschiffe einer Branche, rauben deren Produktideen, Namen und Markenrechte und profitieren somit von deren Bekanntheit, die durch teure Werbung am Markt etabliert wurde.

Produktpiraterie ist das verbotene Nachahmen und Vervielfältigen von Waren, für die die rechtmäßigen Hersteller Erfindungsrechte, Designrechte und Verfahrensrechte besitzen.“ Die Nachahmung ist zudem wettbewerbswidrig, wenn neben die Kopie des Produkts zusätzlich noch eine unlautere Handlung tritt. Eine unlautere Handlung ist beispielsweise die Täuschung über den Hersteller der Originalware und die damit verbundene Ausnutzung dessen guten Rufs.

Die Formen der Produktpiraterie sind vielfältig und reichen vom schlichten Ideenklau bis zum komplexen Technologieraub. Es ist zwischen sklavischer Nachahmung und klassischer Fälschung, zwischen Plagiaten mit kleinen Unterschieden, welche sich teilweise nur im Namen manifestieren (z.B. „Tompe“, die Nachahmung des begehrten „Tempo“-Taschentuchs) oder Raubkopien (Reproduktionen aus der Medienbranche) zu unterscheiden.

Der Großteil der Fälschungen stammt aus dem ostasiatischen Raum, 54% alleine aus China. Betroffen sind quasi alle Branchen – gefälscht werden Software, Uhren, Arzneimittel, Auto- und Flugzeugersatzteile, Spielzeug, Mobiltelefone und Vieles mehr. Rechtlich betrachtet werden dabei Marken-, Patent-, Urheber- und sonstige Schutzrechte verletzt.

Stetig wachsende Schattenwirtschaft
Die Zollstatistik der EU-Kommission hat erhoben, dass die Zahl der gefälschten Waren 2008 178 Millionen betrug, im Vergleich zu 2007 mit „lediglich“ 79 Millionen Artikel, bedeutet das einen Anstieg um 126%. Laut einer Umfrage des Marktforschungsinstitutes Valid Research im Auftrag der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young geben 60% von 2.500 Befragten aus der Schweiz, Österreich, Deutschland und den Niederlanden an, bewusst nach nachgeahmten Produkten zu greifen. Die überwiegende Ursache der steigenden Nachfrage stellt neben dem unverhältnismäßig billigen Preis, das facettenreiche Angebot der gefälschten Produkte dar. Die Auswirkungen der den Markt überflutenden Billigkopien spürt jedoch nicht nur der Hersteller der Original-Waren durch den schwindenden wirtschaftlichen Erfolg. Produktpiraterie löst eine Reihe von negativen Konsequenzen in vielen Bereichen der Industrie, dem Arbeitsmarkt, sowie dem fairen Wettbewerb aus.

Gefährliche Nachahmungen: Außen hui, innen Pfui
Nicht zuletzt betrifft es auch den Endverbraucher selbst. So stellen Produktfälschungen ein unter Umständen hohes Sicherheits- wie auch Gesundheitsrisiko für Konsumenten dar. Man denke an giftige Farben in Kleidung, unzulässige Zusammensetzungen von Wirkstoffen in Arzneimitteln oder auch an explodierende Handyakkus.

Außer Spesen nix gewesen
Bei der Einfuhr gefälschter Artikel drohen neben Beschlagnahme oder Vernichtung durch den Zoll, Verwaltungs- und Gerichtsstrafen und Schadenersatzzahlungen.
Wer in Italien oder Frankreich Shoppen will, ist gut beraten, sich ob der Originalität der Produkte zu versichern. Denn dort wird – im Gegensatz zu Österreich – der Erwerb von gefälschten Markenartikeln durch Verbraucher sanktioniert. Geldstrafen bis zu 10.000 Euro drohen den Urlaubern beim Kauf von gefälschten Pradas, Guccis & Co.

Mag. Dieter Heine, Partner bei Prochaska Heine Havranek Rechtsanwälte GmbH

www.phh.at

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