Unwirksame Klauseln in Verbrauchermietverträgen und ihre Folgen

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Jarolim Partner Rechtsanwalt Christoph Piglmaier
Mag. Christoph Piglmaier ist Rechtsanwalt bei Jarolim Partner und Experte in den Bereichen Real Estate, Civil Law und Corporate Law.

In den letzten Jahren wurden zahlreiche, über Jahrzehnte vereinbarte Klauseln in sogenannten Verbrauchermietverträgen, sprich in Mietverträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher, für unwirksam erklärt.

Vor zwei Jahren gelangte der OGH zu dem Ergebnis, dass in Verbrauchermietverträgen die vom Mieter zu tragenden Betriebskosten konkret zu vereinbaren sind. Bestimmungen wie etwa „zu den Betriebskosten gehören jedenfalls…“ oder „zu den Betriebskosten gehören insbesondere…“ seien somit intransparent und gelten nicht.

Im Frühjahr diesen Jahres hat sich der OGH eine Wertsicherungsklausel vorgeknöpft, die über Jahrzehnte in zahlreichen Musterverträgen enthalten war. Der OGH führt in dieser Entscheidung aus, dass folgende Wertsicherungsklausel in Verbrauchermietverträgen unwirksam ist: „Der Netto Mietzins von € […] wird auf den vom österreichischen Statistischen Zentralamt verlautbarten Index der Verbraucherpreise 1976 wertbezogen. Sollte dieser Index nicht verlautbart werden, gilt jener als Grundlage für die Wertsicherung, der diesem Index am meisten entspricht.“

Diese Klausel ist nach Ansicht des OGH einerseits deshalb unwirksam, da der Vermieter nach dieser vertraglichen Regelung theoretisch schon in den ersten beiden Monaten nach Vertragsabschluss eine Erhöhung des vereinbarten Mietzinses vornehmen kann. Eine derartige Vereinbarung kann in Verbrauchermietverträgen, die auf einem Vertragsmuster basieren, was bei Verbrauchermietverträgen in der Praxis zumeist der Fall ist, nach Konsumentenschutzgesetz nicht wirksam vereinbart werden.

Andererseits verstößt diese Klausel nach Ansicht des OGH auch deshalb gegen das Konsumentenschutzgesetz, da nicht klar ist, welcher Verbraucherpreisindex dem als Basis geltenden Verbraucherpreisindex 1976 am meisten entspricht. Es ist auch nicht definiert, nach welchen konkreten Parametern der Ersatzindex auszuwählen ist.

Bis dato sind die konkreten Folgen dieser Entscheidungen nicht geklärt. Denn der OGH hat bisher nicht ausgesprochen, dass Vermieter bei Verbrauchermietverträgen, die derartige Mietvertragsklauseln enthalten, keine Betriebskosten mehr verlangen bzw. Wertsicherungen geltend machen können oder gar bereits bezahlte Betriebskosten oder Wertsicherungen wieder an den Mieter zurückbezahlen müssen.

Aus rein rechtlicher Sicht wäre dieses Ergebnis durchaus konsequent. Sofern nämlich keine wirksame vertragliche Regelung vorliegt, gelangt das dispositive Gesetzesrecht (im Ergebnis das ABGB) zur Anwendung. Dieses regelt, dass die Betriebskosten vom Vermieter zu tragen sind.

Wenn also eine unwirksame Betriebskostenklausel vorliegt, ist der Mieter nicht verpflichtet, Betriebskosten zu tragen. Selbiges gilt für die Wertsicherungen, da zumindest im Teilanwendungsbereich des MRG keine gesetzliche Grundlage für eine Wertsicherung besteht. Auch hier ist der Vermieter wegen der unwirksamen Wertsicherungsklausel nicht zur Geltendmachung einer Wertsicherung berechtigt.

Auf der anderen Seite kann man den Vertrag aber auch dahingehend auslegen, dass eine Zahlungspflicht nur hinsichtlich der konkret genannten Betriebskosten besteht. Weiters könnte man die Unwirksamkeit der Wertsicherungsklausel nur auf den Ersatzindex beschränken und Wertsicherungen nach dem Verbraucherpreisindex 1976, solange dieser veröffentlicht wird, zulassen.

Genau dieser geltungserhaltenden Reduktion hat der Europäische Gerichtshof in einer aktuellen Entscheidung eine Absage erteilt. Denn der EuGH sprach in einer Entscheidung von Dezember letzten Jahres aus, dass im Falle einer unwirksamen Vertragsbestimmung keine Berufung auf eine gesetzliche Anspruchsgrundlage zulässig ist. Wenn man sich daher nicht einmal auf eine gesetzliche Anspruchsgrundlage berufen kann, wird es nach dem EuGH wohl auch nicht möglich sein, sich auf eine vertragliche Bestimmung zu berufen.

Konkret wurde in dieser Entscheidung über die gesetzlichen Ansprüche bezüglich eines unberechtigten Rücktritts von einem Kaufvertrag über eine Einbauküche abgesprochen. Da die dem Kaufvertrag zugrunde liegenden AGB des Verkäufers eine unwirksame Bestimmung hinsichtlich Stornokosten enthielten, wurde dem Verkäufer nicht nur die Durchsetzung der vertraglich vereinbarten Stornokosten, sondern sogar seiner gesetzlichen Ansprüche aus dem unberechtigten Vertragsrücktritt (insbesondere seiner Ansprüche gemäß § 1168 ABGB) versagt.

Die Intention der aktuellen Rechtsprechung des EuGH ist es daher, bei Vorliegen gesetzwidriger und damit unwirksamer Vertragsbestimmungen in Verbraucherverträgen dem Unternehmer jeglichen Anspruch – egal ob auf vertraglicher oder gesetzlicher Grundlage – zu versagen.

Natürlich ist zu berücksichtigen, dass der Entscheidung des EuGH kein mietrechtlicher Sachverhalt zugrunde lag. Da der EuGH jedoch ganz allgemein über die Folgen von missbräuchlichen Bestimmungen in Verbraucherverträgen abgesprochen hat, ist diese Entscheidung wohl auch auf mietrechtliche Sachverhalte zu übertragen.

Aus Vermietersicht sollten daher die verwendeten Vertragsmuster in Verbrauchermietverträgen dringend überprüft werden. Aus Mietersicht eröffnet die aktuelle Rechtsprechung des OGH und des EuGH zumindest die Aussicht, bereits bezahlte Betriebskosten und Wertsicherungsbeträge wieder zurückzufordern und bis zur Vertragsbeendigung keine weiteren Betriebskosten oder Wertsicherungen bezahlen zu müssen.

Foto: beigestellt

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