Arbeitgeber müssen Einkommensberichte erstellen

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Erhöhte Gehaltstransparenz wegen Gleichbehandlung – Arbeitgeber müssen Einkommensberichte erstellen

Laut einer aktuellen Regierungsvorlage werden Arbeitgeber ab Anfang 2011 zu größerer Transparenz ihrer Gehaltsstrukturen verpflichtet. Die bestehende Einkommensschere zwischen Männern und Frauen soll weiter geschlossen werden. Die Forderung nach gleicher Bezahlung ist nicht neu, sorgt aber derzeit aufgrund der noch bestehenden Unterschiede für immer mehr Diskussionen in der Öffentlichkeit. Innerhalb der Europäischen Union steht Österreich an vorletzter Stelle bezüglich gleicher Bezahlung von Männern und Frauen, obwohl diese bereits seit über dreißig Jahren im Gesetz verankert ist. Laut neueren Studien müssen vollzeitbeschäftigte weibliche Arbeitnehmer ca. 70 Tage im Jahr mehr arbeiten, um das gleiche jährliche Einkommen zu erzielen. Damit verdienen Frauen immer noch zwischen 18 und 23 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen in vergleichbaren Positionen.
Österreich hat 2004 die bestehenden europäischen Gleichbehandlungsrichtlinien mit dem Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) umgesetzt. Der erste Teil befasst sich mit der Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt, wobei diskriminierungsfreie Entlohnungskriterien vorgeschrieben werden. Eine Regierungsvorlage vom 19. Oktober 2010 sieht nunmehr eine Änderung (u.a.) des GlBG vor: Da das bestehende Gesetz für nicht ausreichend empfunden wurde, soll nun mit § 11a GlBG eine neue Regelung in Kraft treten, die Unterschiede in der Einkommensstruktur weiter beseitigen soll. Damit will der Gesetzgeber den nationalen Aktionsplan über die Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt mittels Maßnahmen zur Verbesserung der Einkommenstransparenz umsetzen.

Nach dem neuen Gesetz müssen Unternehmer alle zwei Jahre einen Einkommensbericht erstellen, um eine erhöhte Transparenz der Gehälter zu erzielen. Die Einführung dieser Verpflichtung ist gestaffelt: Im Jahr 2011 sind erst Unternehmen mit mehr als 1.000 Arbeitnehmern verpflichtet, einen Einkommensbericht rückblickend für 2010 zu erstellen. Ab 2012 sind dann auch kleinere Unternehmen betroffen. Unternehmen mit 150 oder weniger Arbeitnehmern bleiben von dieser Verpflichtung aus Datenschutzgründen gänzlich ausgenommen. Das Gesetz wird festlegen, wie diese Berichte zu erstellen und welche Daten anzuführen sind.

Die Berichte sind dem Betriebsrat zu übermitteln. Besteht kein Betriebsrat, so soll der Bericht in einem allen Arbeitnehmern zugänglichen Raum im Betrieb ausgelegt und darauf in einer Betriebskundmachung hingewiesen werden. Der Betriebsrat war bereits bisher berechtigt, in die vom Betrieb geführten Aufzeichnungen über die Bezüge der Arbeitnehmer und die zur Berechnung erforderlichen Unterlagen Einsicht zu nehmen, sie zu überprüfen und die Auszahlung zu kontrollieren. Allerdings stand es dem Betriebsinhaber frei, wie diese Aufzeichnungen zu führen waren. Das neue Gesetz sieht jetzt zusätzliche Vorschriften für die Erstellung dieser Aufzeichnungen vor. Auch diejenigen Arbeitnehmer, die nicht von einem Betriebsrat vertreten werden, haben damit ein Informationsrecht. Ab sofort können die Gleichbehandlungsanwaltschaft und die Gleichbehandlungskommission bei vermuteter Entgeltdiskriminierung im Einzelfall Einkommensdaten von Vergleichspersonen beim zuständigen Sozialversicherungsträger einholen. Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission sollen nicht mehr vertraulich geführt werden.

Der Entwurf sieht für alle Informationsberechtigten eine Verschwiegenheitspflicht über den Inhalt des Einkommensberichts vor, die für Betriebsratsmitglieder auch bisher bestand. Nun sollen auch die einzelnen Arbeitnehmer dieser Verschwiegenheitspflicht unterworfen werden. Für Verstöße gegen die Verschwiegenheitspflicht durch Arbeitnehmer sieht das Gesetz eine Strafe in Höhe von höchstens 1.500 Euro vor. In Fällen von geringem Verschulden kann die Bezirksverwaltungsbehörde von der Verhängung einer Verwaltungsstrafe absehen. Sofern erforderlich, kann der einzelne Arbeitnehmer auch unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens mit Bescheid ermahnt werden, um ihn von weiteren Verletzungen der Verschwiegenheitspflicht abzuhalten. Die Beratung durch gesetzliche oder freiwillige Interessensvertretungen, die Einbeziehung des Betriebsrats, gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen sowie die Einleitung eines Verfahrens vor der Gleichbehandlungskommission bilden keinen Verstoß gegen das Verschwiegenheitsgebot. Eine Informationsweiterleitung an die Gleichbehandlungsanwaltschaft ist nur eingeschränkt zulässig.

Ursprünglich hätten die neuen Regelungen bereits mit 1. Jänner 2011 in Kraft treten sollen. Wann die Novelle nunmehr in Kraft tritt und ob es noch zu inhaltlichen Änderungen kommen wird, ist derzeit noch ungewiss.

Rechtsanwältin Mag. Simone Liebmann-Slatin, MSc Partnerin im Bereich Arbeitsrecht, Baker & McKenzie Diwok Hermann Petsche, Wien

Foto: beigestellt

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