Ein Gesundheits-Frühwarnsystem im Betrieb hilft, das Prozessrisiko vor dem Arbeitsgericht zu vermeiden. Bereits 500.000 Österreicher/-innenleiden unter einem beratungs- oder behandlungsbedürftigen Burnout-Syndrom, weitere 1,5, Millionen sollen akut gefährdet sein. Die Gründe für diese mit emotionaler Erschöpfung und reduzierter Leistungsfähigkeit umschriebene Gesundheitsstörung sind vielschichtig und können sowohl beruflicher als auch privater Natur sein.
In medizinischer Hinsicht zeigt sich Burnout unter anderem anhand von Belastungsstörungen, Depressionen oder Panikattacken.In letzter Zeit kommt es in der Beratungspraxisimmer öfter vor, dass Arbeitnehmer unter Hinweis auf das Vorliegen von Burnout unter Vorlage einer diesbezüglichen – in der Regel nicht detaillierten – ärztlichen Bestätigung ankündigungslos den vorzeitigen Austritt aus dem Dienstverhältnis erklären. Weiters begehren sie von dem meistens überraschten Arbeitgeber dann auch die Bezahlung einer Abfertigung – sofern sie noch dem System der Abfertigung „alt“ unterliegen.In eher seltenen Fällen wird darüber hinaus unter Hinweis auf ein Verschulden des Arbeitgebers eine Kündigungsentschädigung verlangt. Da der Begriff Burnout in der betrieblichen Praxis zunehmend inflationär verwendet wird, sind viele Arbeitgeber skeptisch und hinterfragen das Vorliegen eines berechtigten Austritts.
Zu diesem Zweck ist ein Blick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen erforderlich.Der arbeitsrechtliche Hintergrund besteht darin, dass der Arbeitsvertrag vorzeitig mit sofortiger Wirkung beendet werden kann, sofern ein wichtiger Grund vorliegt. Löst der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis auf diese Weise, so spricht man von einem Austritt.Ein solcher Schritt ist immer dann zulässig, wenn ihm die Aufrechterhaltung des Vertrages nicht einmal bis zum Ablauf der einzuhaltenden Kündigungsfrist zugemutet werden kann.Der Austritt setzt nicht immerein schuldhaftes Verhalten des Arbeitgebers voraus, da es ausreichend ist, wenn Gründe vorliegen, die die Fortsetzung des Dienstverhältnisses unzumutbar machen. Der Angestellte kann daherdann vorzeitig austreten, wenner zur Fortsetzung seiner Dienstleistung unfähig wird. Dieser Austrittsgrund ist verwirklicht, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seines Gesundheitszustandes keinerlei Arbeitsleistungen mehr erbringen kann. Es genügt aber bereits für einen berechtigten Austritt, wenn der Arbeitnehmer die Arbeit ohne Schaden für die Gesundheit nicht mehr fortsetzen kann. Nach der Rechtsprechung ist esdabei ausreichend, wenn die Gesundheit des Arbeitnehmers durch die Fortsetzung der Arbeit gefährdet wird, etwa weil sich das Krankheitsbild verstärken könnte.
Fehlende Informationen
Legt der Arbeitnehmer keine ärztliche Bestätigung vor oder wird diese vom Arbeitgeber angezweifelt, erfolgt eine unabhängige Überprüfung durch ein medizinisches Gutachten erst im Rahmen der arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzung, in der der Arbeitnehmer den Austrittsgrund spätestens zu beweisen hat. Da der Arbeitgeber im Gegensatz zum betroffenen Arbeitnehmer vor diesem Zeitpunkt über keine unmittelbaren Informationen über den Gesundheitszustand seines Arbeitnehmers verfügt, trägt er das volle Prozessrisiko.
Was kann der Arbeitgeber daher tun? Meines Erachtens sollte der Arbeitgeber,gegebenenfalls unter Einbindung des Betriebsrats,im Rahmen der ihm obliegenden Fürsorgepflicht, bei der der Schutz der Gesundheit des Arbeitnehmers im Vordergrund steht, ein Frühwarnsystem implementieren. Dieses soll dazu dienen Arbeitnehmern unter Einbeziehung von Arbeitsmedizinern dabei zu helfen, auftretende Probleme mit ihrer Arbeitsumgebung rechtzeitig zu erkennen und dem Arbeitgeber zu kommunizieren. Damit wäre nämlich die Voraussetzungen für die Erfüllung der Verpflichtung des Arbeitnehmersgeschaffen, den Arbeitgeber etwa auf für ihn nicht ersichtliche Überlastungen aufmerksam zu machen. Damit hat der Arbeitgeber die Möglichkeit rechtzeitig zu reagieren und dem Arbeitnehmer zum Beispiel eine Ersatzbeschäftigung anbieten, damiter ihnletztlich im Arbeitsverhältnis halten kann.
Dr. Christoph Wolf, Partner und Arbeitsrechtsexperte bei CMS Reich-Rohrwig Hainz
Foto: beigestellt
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