Das Vergaberecht spielt auch bei Kunst und Kultur eine nicht zu unterschätzende Rolle. Zum einen gilt das für staatliche Kulturbetriebe, wie städtische Veranstaltungszentren, Landestheater und Bundesmuseen, als Auftraggeber, welche das Vergaberecht anzuwenden haben. Zum anderen sind die Kulturschaffenden selbst vom Vergaberecht betroffen, sei es direkt für den Auftraggeber als Auftragnehmer, etwa als Schöpfer künstlerischer Werke, oder als bloßer „Aufputz“, etwa im Rahmen eines Bauprojektes.
Schon hier zeigt sich, in wie vielen Rollen Künstler im Vergabeprozess auftreten können. Von besonderer Relevanz sind diejenigen Konstellationen, in denen Künstler quasi als „Nebendarsteller“ für Generalunternehmer auftreten. Insbesondere bei der Ausführung größerer Bauwerke treten Kunstschaffende in der Praxis als Subunternehmer in Erscheinung. Rechtlich sind sie dabei mit dem Hauptunternehmer oder eben dem Generalunternehmer verbunden. Die Vorgaben für das gesamte Projekt werden allerdings vom Auftraggeber festlegt und gelten für alle Beteiligten gleichermaßen. Der Generalunternehmer reicht diese Vorgaben an die Kunstschaffenden weiter, womit die Verpflichtung zur Einhaltung auch letztere trifft.
Im Kunstsektor wird die ganze Bandbreite des Vergaberechts mit all seinen Verästelungen und Ausnahmemöglichkeiten sichtbar. So geht es gerade dort nicht nur um Aufträge, sondern auch um (Ideen-)Wettbewerbe (Auslobungen). Zudem sind auch alle Bereiche betroffen: Bauleistungen (insbesondere im Zusammenhang mit Hochbauten, wenn der handwerkliche Beitrag in den Hintergrund tritt), Dienstleistungen (zB Organisieren von Ideenwettbewerben für öffentliche Auftraggeber; das Ausführen eines Kompositionsauftrages; das „Bespielen“ eines bestimmten Raumes) und – wegen deren standardisierten Inhaltes etwas weniger – Lieferungen. Gänzlich ausgenommen vom BVergG sind künstlerische Leistungen, die Rundfunk- und Fernsehanstalten in ihr Programm aufnehmen wollen.
Vergaben im Kunstsektor können die ganze Palette von der reinen Planung, über Finanzierung und Errichtung bis zum Betrieb, etwa eines Festspielhauses, umfassen. Der künstlerische Anteil spielt dann vielleicht vergaberechtlich eine untergeordnete Rolle, bildet aber oft das Ziel des ganzen Projektes.
Größte Flexibilität für den Auftraggeber herrscht dort, wo die sog Direktvergabe erlaubt ist. Das gilt zurzeit befristet bis Ende 2010 für Lieferungen und Dienstleistungen bis 100 000 EUR und bei Bauleistungen bis 1 Mio EUR. Von diesem Regime profitieren in der Praxis also darstellende oder bildende Künstler, die künstlerische Leistungen anbieten, wie etwa Dirigenten oder Orchestermusiker, die ein Konzert aufführen, oder Kunstobjekte herstellen, wie Porträts von Amtsträgern oder Denkmale im öffentlichen Raum. Angesichts des relativ hohen Betrages für Bauleistungen, könnte auch so mancher Beitrag für Kunst im öffentlichen Raum unter diese Regelung fallen. Handelt es sich hingegen dabei lediglich um ein Los eines größeren Auftrages, ist der gesamte Wert aller Lose entscheidend. Werden künstlerische Leistungen isoliert vergeben, verfügt der Auftraggeber also über mehr Freiraum.
Liegt der Wert über diesen Betragsgrenzen aber unter den Schwellenwerten von 125 000 (Ministerien) bzw 193 000 bei Lieferungen und Dienstleistungen bzw ca 4,8 Mio für Bauleistungen, kommen nur bestimmte Verpflichtungen des Vergaberechtes zum Tragen. Da jedoch Dienstleistungen im Bereich Kultur als sog nicht-prioritäre Dienstleistungen gelten, gelten für sie auch über diesen Schwellenwerten großzügigere Regelungen. Im Wesentlichen entfallen detaillierte Bekanntmachungen (Ausschreibungen) und können Aufträge auch vergeben werden, ohne ein teils äußerst kompliziertes Verfahren einzuhalten.
Aber selbst wenn die Betragsgrenzen überschritten werden oder andere Ausnahmen nicht greifen, erlaubt das Vergaberecht, von der Wahl der Standardverfahrensarten offenes und nichtoffenes Verfahren abzuweichen und ein Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung zu wählen. Am ehesten denkt man im Sektor Kunst an die Ausnahme für Vergaben, die nur von einem bestimmten Unternehmer ausgeführt werden können, und zwar aus sog „künstlerischen Gründen“. Diese Möglichkeit besteht sowohl für Lieferungen als auch für Bau- und Dienstleistungen.
Ein Abschnitt des Vergabeverfahrens, dem im Sektor Kunst besondere Bedeutung zukommt, ist die Ausarbeitung der Leistungsbeschreibung, und hier der Zuschlagskriterien, welche im Zuge der Angebotsprüfung dann auch anzuwenden sind. So erlaubt das Vergaberecht die Berücksichtigung der Ästhetik als Zuschlagskriterium. Diesbezüglich ergeben sich die Schwierigkeiten weniger bei der Gewichtung dieses Kriteriums (zB 30 %) in der Ausschreibung, sondern vielmehr bei deren konkreten Anwendung auf die Einreichgebote. Um die Entscheidung des Zuschlags vor einer Aufhebung zu schützen, sollte die Bewertung zumindest nachvollziehbar und gut begründet erfolgen. Das sollte auch dokumentiert werden.
Dieser kurze Abriss über die Bedeutung des Vergaberechts im Sektor Kunst hat gezeigt, dass gerade dieser Bereich von den zahlreichen Sonderregelungen profitiert. Dennoch kann die Einhaltung der verbleibenden Bestimmungen im Einzelfall dem Juristen Schwierigkeiten bereiten – hier zeigt sich, ob der Vergaberechtler die hohe Kunst seines Faches beherrscht. Aber auch die betroffenen Künstler können an die rechtlichen Grenzen ihres Schaffens stoßen, wenn sie erfahren müssen, dass das, was sie ausführen wollen, den Vorstellungen des Auftraggebers nicht entspricht. Das Vergaberecht ist jedoch insofern milder, als ihnen das in der Regel – nicht so freilich bei reinen Ideenwettbewerben – schon vor der Durchführung gesagt wird.
Der Kunst ihre vergaberechtliche Freiheit gilt also nur bedingt.
Dr. Johannes Barbist, barbist@bindergroesswang.at
Univ.-Doz. DDr. Alexander Egger, egger@bindergroesswang.at
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