Kontrollrechte der Begünstigten von Privatstiftungen und deren Grenzen

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Die Praxis zeigt, dass es Stiftern oft ein Anliegen ist, die Kontrollrechte von Begünstigten über das gesetzlich vorgezeichnete Ausmaß hinaus zu erweitern und mitunter zu Weisungs- und Zustimmungsrechten auszubauen. Der OGH hat nun die Grenzen von solchen Ausweitungen aufgezeigt.

Gesetzliche Einsichts- und Auskunftsrechte

Das Einsichts- und Auskunftsrecht des § 30 PSG ist eines der wenigen gesetzlich geregelten Kontrollinstrumentarien für Begünstigte einer Privatstiftung. Es steht grundsätzlich nur den aktuell Begünstigten, also jenen in der Stiftungsurkunde, der Stiftungszusatzurkunde oder von der kompetenten Stelle aktuell genannten Personen, sowie den Begünstigen, die bereits einen klagbaren Anspruch gegenüber der Privatstiftung haben, zu. Mangels ausdrücklicher Erwähnung im Gesetz fallen Letztbegünstigte grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich des § 30 PSG (vgl ausführlich Kalss/Zollner, Mitwirkungs- und Kontrollrechte der Begünstigten, GesRZ 2008, 351; OGH 6 Ob 101/09 k). Bloß potentiell Begünstigten, die zwar in der Stiftungsurkunde oder Stiftungszusatzurkunde als mögliche Begünstigte genannt oder beschrieben sind, deren tatsächliche Stellung als Begünstigte jedoch noch von einer Entscheidung des Stiftungsvorstandes oder einer dazu berufenen Stelle abhängt, steht hingegen grundsätzlich kein Einsichts- und Auskunftsrecht im Sinne des § 30 PSG zu (vgl OLG Linz, ZfS 2009, 94). Um jedoch zumindest ihre Stellung als aktuell oder potentiell Begünstigter abklären zu können, wird ihnen nach hM ein eingeschränktes Einsichts- und Auskunftsrecht eingeräumt (vgl obiter OGH 6 Ob 180/04 w).

Inhaltlich steht einem Begünstigten einerseits das Recht auf Erteilung von Auskünften über die Erfüllung des Stiftungszwecks, damit zusammenhängenden Maßnahmen, aber auch dem Stiftungszweck zuwiderlaufenden Maßnahmen und andererseits das Recht auf Einsichtnahme in sowohl aktuelle als auch historische Fassungen von Jahresabschluss, Lagebericht, Prüfungsbericht, Bücher, Stiftungsurkunde und Stiftungszusatzurkunde zu. Vom Einsichtsrecht umfasst ist auch das Recht, Kopien auf eigene Kosten anzufertigen. Eine inhaltliche Einschränkung dieser Rechte ist nicht zulässig.

Grenzen der Begünstigtenrechte

Da die gesetzlich vorgesehenen Einsichts- und Auskunftsrechte nach Meinung der Stifter oft nicht ausreichen, werden in der Praxis die Rechte der Begünstigten häufig in der Stiftungsurkunde erweitert. Die Gestaltungsmöglichkeiten sind dabei vielfältig. Es kann in der Stiftungsurkunde bspw der Kreis der Auskunfts- und Einsichtsberechtigten erweitert oder auch die Einrichtung einer Begünstigtenversammlung oder eines mit Begünstigten besetzten Beirates vorgesehen werden. Durch ihre Mitgliedschaft in diesen Organen können sich die Begünstigten laufend über die Tätigkeit des Stiftungsvorstands informieren und durch mögliche Weisungs- und Zustimmungsrechte ihre Interessen, vor allem am wirtschaftlichen Erfolg der Stiftung, wahren.

Bei der vertraglichen Erweiterung der Begünstigtenrechte und deren Bestellung als Mitglieder von Organen der Stiftung sind grundsätzlich die gesetzlichen Beschränkungen zu berücksichtigen. Demnach dürfen Begünstigte, deren Ehegatten sowie Personen, die mit dem Begünstigten in gerader Linie oder bis zum dritten Grad der Seitenlinie verwandt sind, sowie juristische Personen und deren natürliche Gesellschafter weder Mitglieder des Stiftungsvorstandes sein (vgl § 15 PSG) noch die Mehrheit in einem Aufsichtsrat stellen (vgl § 23 PSG).

Diese Einschränkungen, die vor allem auch Stifter als Begünstigte oder nahe Angehörige von Begünstigten betreffen, wurden vom OGH zuletzt auf die Einrichtung eines aufsichtsratsähnlichen Beirats, der mehrheitlich mit Begünstigten besetzt war, ausgedehnt. Im entscheidungsrelevanten Sachverhalt war der Beirat, dessen einziges Mitglied der Stifter war, der gleichzeitig Begünstigter der Stiftung war, unter anderem dazu berechtigt, die Mitglieder des Stiftungsvorstandes zu bestellen und bei Vorliegen objektiv wichtiger Gründe, die in der Stiftungsurkunde jedoch nur demonstrativ aufgezählt waren, abzuberufen. Darüber hinaus wurden dem Beirat umfassende Zustimmungs- und Anhörungsrechte zu Verwaltungsmaßnahmen des Stiftungsvorstandes eingeräumt. Es war ihm damit möglich, den Stiftungsvorstand in beinahe allen Angelegenheiten zu kontrollieren und anzuweisen. Vor allem der weite Spielraum im Zusammenhang mit der Abberufung von Vorstandsmitgliedern sowie die erforderliche Zustimmung des Beirats, also faktisch des Stifters, im Fall der Abberufung eines Vorstandsmitgliedes durch den Vorstand selbst veranlassten den OGH dazu, den beschriebenen Beirat als aufsichtsratsähnlich zu qualifizieren und die Beschränkung des § 23 PSG analog anzuwenden (OGH 6 Ob 42/09 h).

Die Auswirkungen dieser Entscheidung auf die in der Praxis Begünstigten eingeräumten Kontrollrechte konnten bisher von der Literatur nicht abschließende beurteilt werden (vgl ua N. Arnold, Einschränkungen für Begünstigte, begünstigtendominierte Beiräte und Stifter, GesRZ 2009, 348). Stiftern und Stiftungsvorständen ist daher anzuraten, die aktuellen Fassungen ihrer Stiftungsurkunden auf mögliche Unvereinbarkeiten zu prüfen und allenfalls, sofern den Stiftern ein Änderungsrecht vorbehalten wurde, an die neue Judikaturlinie anzupassen. Als von den Firmenbuchgerichten akzeptierte Gestaltungsmöglichkeit kommt dabei neben der Einschränkung der Rechte eines mehrheitlich mit Begünstigten besetzten Organs unter anderem die Möglichkeit eines verbindlichen Vorschlagsrechts dieses Beirats zur Benennung der Vorstandsmitglieder in Betracht.

Dr. Julia Kusternigg, Rechtsanwältin
Spezialgebiete: Gesellschaftsrecht, Umstrukturierungen, Steuerrecht

Dr. Andreas Hable, Partner und Rechtsanwalt
Spezialgebiete: Steuerrecht, Gesellschaftsrecht, Umstrukturierungen, Mergers & Acquisitions

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Pressefotos: Walter J. Sieberer, diema

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