Die Stolpersteine der GmbH-Light

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Dr Bernhard Rieder (rechts) ist Partner und Gesellschaftsrechtsexperte bei DORDA BRUGGER JORDIS in Wien.
Dr Bernhard Rieder (rechts) ist Partner und Gesellschaftsrechtsexperte bei DORDA BRUGGER JORDIS in Wien.

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Die GmbH-Reform vom Sommer des heurigen Jahres brachte GmbH-Gesellschaftern nicht nur Erfreuliches. Sie können im Insolvenzfall nun verstärkt zum Handkuss kommen.

Mit dem Gesellschaftsrechtsänderungs-Gesetz 2013 wurde nicht nur das Mindeststammkapital der GmbH von EUR 35.000 auf EUR 10.000 herabgesetzt. Es wurden auch Begleitmaßnahmen, insbesondere für Gesellschaften in der Krise, umgesetzt.

Insolvenzantrag
Bisher waren primär die Geschäftsführer verpflichtet, im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einer GmbH einen Insolvenzantrag zu stellen. Geschäftsführer waren daher bei Gesellschaften, die sich in einer Krise und kurz vor der Insolvenzeröffnung befanden, versucht, noch rasch vor Eintreten der Insolvenz zurückzutreten, um eine persönliche Haftung zu vermeiden. Wenngleich dies in der Praxis meist ohnedies nicht erfolgreich – da zu spät – war, schob der Gesetzgeber dem jetzt einen Riegel vor: Der neu eingefügte § 69 Abs 3a der Insolvenzordnung sieht nun vor, dass den Mehrheitsgesellschafter einer in- oder ausländischen Kapitalgesellschaft nun die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrages trifft, wenn die Gesellschaft keine organschaftlichen Vertreter hat, also führungslos ist.

Die neue Regelung betrifft aber nicht nur GmbHs, sondern beispielsweise auch Aktiengesellschaften. Das Gesetz spricht zwar von „Stammkapital“, einem spezifischen Begriff des GmbH-Rechts, aber auch von inländischen oder ausländischen „Kapitalgesellschaften“, sodass es wohl auch auf Aktiengesellschaften anzuwenden ist. Zweifellos nicht umfasst sind Privatstiftungen, weil diese keinen Gesellschafter haben. Auch Vereine und Genossenschaften sind wohl nicht erfasst, weil es sich bei diesen um keine Kapitalgesellschaft handelt.

Antragspflicht
Bei der GmbH erscheint diese Regelung nachvollziehbar, weil die GmbH-Gesellschafter für die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern zuständig sind und nach ständiger Rechtsprechung des OGH ein umfassendes Bucheinsichts- und Informationsrecht haben. GmbH-Gesellschafter, die mit über 50% an einer GmbH beteiligt sind, können sich daher grundsätzlich jene Informationen beschaffen, die zur Feststellung, ob Insolvenzantragspflicht besteht, erforderlich sind. Die Insolvenzantragspflicht soll aber den Materialien zufolge auch unabhängig davon bestehen, ob ein Mehrheitsgesellschafter ohne Zutun eines weiteren Gesellschafters Geschäftsführer bestellen kann und damit die Führungslosigkeit beseitigen kann oder nicht. Da ein Mehrheitsgesellschafter einer GmbH aber in der Regel von der Führungslosigkeit seiner Gesellschaft Kenntnis erlangen wird und er sich die Informationen über die wirtschaftliche Lage der GmbH beschaffen kann, erscheint die Regelung durchaus angemessen.
Wenig Einblick für Aktionäre
Anders ist dies jedoch bei der Aktiengesellschaft. Dort haben Aktionäre – auch mit einem Anteil von über 50 % – grundsätzlich nur in der Hauptversammlung ein Fragerecht, aber – anders als GmbH-Gesellschafter – nicht die Möglichkeit, auch unterjährig beispielsweise in die Bücher der Gesellschaft Einsicht zu nehmen. Darüber hinaus ist bei der Aktiengesellschaft nicht die Hauptversammlung, sondern der Aufsichtsrat zur Bestellung von Vorstandsmitgliedern zuständig. Weigert sich daher der Aufsichtsrat, die Führungslosigkeit zu beseitigen, müsste der Hauptaktionär erst eine Hauptversammlung einberufen und neue Aufsichtsratsmitglieder bestellen. Der Hauptaktionär kann daher selbst die Führungslosigkeit nicht beseitigen, oder aber nur über Umwege, und er hat selbst bei Führungslosigkeit (dem Aktiengesetz zufolge) keinerlei Möglichkeit, in die Bücher Einsicht zu nehmen, um so die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft festzustellen. Insofern erscheint die Regelung für Aktionäre überschießend zu sein.

Verschuldenshaftung
Eine Haftung des Hauptaktionärs kann aber aus folgendem Grund ausscheiden: § 69 Abs §a IO wird als Schutzgesetz zu qualifizieren sein, auf dessen Grundlage Gesellschafter und Aktionäre grundsätzlich schadenersatzpflichtig sein können. Voraussetzung eines Schadenersatzanspruches ist aber auch das Vorliegen von Verschulden. Kann sich ein Aktionär nun keine Informationen über die wirtschaftliche Lage beschaffen und auch die Führungslosigkeit der AG nicht beseitigen, wird ihn in Regel kein Verschulden treffen, sodass auch eine Schadenersatzpflicht ausscheidet.

Fazit
Auch wenn vor allem die GmbH mit ihrem nun niedrigerem Stammkapital und ihrer beschränkten Haftung für die Gesellschafter lockt: Die Haftung ist bei genauerem Hinsehen nicht immer so beschränkt, wie es auf den ersten Blick scheint.

www.dbj.at

Foto: beigestellt

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