Droht Anwaltsbranche der Uber-Effekt?

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Lukas Feiler
Lukas Feiler

Baker & McKenzie diskutierte bei 1. MeetUp zu Legal Tech Auswirkungen der Digitalisierung.

„Droht der Anwaltsbranche der Uber-Effekt?“ Diese Frage stellte Hariolf Wenzler den rund 50 Teilnehmern des ersten MeetUp-Events zum Thema „Legal Tech“ in Wien. Der Chief Strategy Officer von Baker & McKenzie in Deutschland und Österreich ist gleichzeitig Vorstandsvorsitzender der „European Legal Tech Association“ (ELTA).

„Die technische Unterstützung juristischer Arbeit hat mit einfachen Supportprozessen begonnen, aber heute ist klar, dass Legal Tech dort nicht stehen bleiben wird“, berichtete Wenzler anhand von zahlreichen Fallbeispielen. Immer mehr Lösungen machten nicht nur interne Abläufe effizienter, sondern richteten sich auch direkt an den Endkunden. „Für Legal Tech gilt allerdings dasselbe wie für fast alle Technologien: Die kurzfristigen Effekte werden überschätzt, die langfristigen werden unterschätzt.“

Die Begründung dafür lieferte Clemens Wass, Geschäftsführer des Rechtsinformationssystems Openlaws: „Die Rechtsberatungsbranche macht einen jährlichen, weltweiten Umsatz von 800 Milliarden US-Dollar – verglichen mit anderen Branchen ist das überschaubar.“ Dazu komme die Zersplitterung nach Jurisdiktionen und Sprachen. Trotzdem müsse Österreich aufpassen, bei Legal Tech den Anschluss nicht zu verlieren. „Die Angloamerikaner kochen zwar auch nur mit Wasser, aber sie verkaufen sich verdammt gut.“

„Legal Tech ist, was Anwälten bislang gefehlt hat“

Die Chancen für die Anwaltsbranche hob Andreas Sernetz hervor: „Legal Tech ist das, was den Anwälten bislang gefehlt hat.“ Durch Prozessfinanzierer, die sich um die effiziente Abwicklung von Massenansprüchen kümmern, entstehe für Anwälte ein Marktsegment, das für sie sonst unerreichbar wäre. „Zur Geltendmachung eines 250-Euro-Anspruches gegen eine Fluglinie privat einen Anwalt aufzusuchen, wäre vollkommen unwirtschaftlich“, berichtete der Geschäftsführer von FairPlane Österreich. „Erst die Kombination aus Online-Convenience und dem Fehlen jeglichen Kostenrisikos schafft einen komplett neuen Markt.“ In 10 Jahren werde es für alle Massenansprüche Online-Plattformen geben.

Den Abschluss bildete Lukas Feiler. Der Leiter des IT-Rechts-Teams von Baker & McKenzie in Wien hatte eine klare Prognose parat: „Die digitale Welle rollt. Es liegt an jedem einzelnen, ob man sie reitet oder lieber untergeht.“ Er berichtete von erfolgreich eingesetzten Legal-Tech-Lösungen der Kanzlei: Mit dem „Global IP-Manager“ könnten Klienten ihre weltweiten Markenrechte verwalten. Auf der interaktiven Karte von „Maps“ ließen sich quer über den Globus alle Fälle von Produktpiraterie verfolgen. Die Information-Governance-Plattform „iG360“ erleichtere den Mandanten die Kommunikation mit der Kanzlei und ermögliche, alle bisher erstellten Unterlagen jederzeit abzurufen. Als erste Anwaltskanzlei, die sich in Österreich auf die Digitalisierung der Arbeitswelt spezialisiert habe, „haben wir vor wenigen Wochen mit dem Onlinemagazin ,Digital Wave‘ einen ganz neuen Kommunikationskanal mit unseren Mandanten eröffnet“, so Feiler.

Bei dem über die Online-Plattform MeetUp organisierten Event diskutieren rund 50 Juristen aus Kanzleien und Rechtsabteilungen sowie zahlreiche österreichische Anbieter von Legal-Tech-Lösungen. Fortsetzung folgt.

www.bakermckenzie.com

Foto: beigestellt

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